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- 𝕷𝖆𝖓𝖉𝖔𝖓 -

,,Kanaye ist auf dem Weg und meinte ich kann schon mal gehen. Er weiß, dass Flake jetzt normalerweise mit mir Gassi geht, nicht wahr mein kleiner Schatz? Jaa, du bist ein feiner Hund!", sagt Louis, wobei er am Ende hin nur noch mit seinem wirklich süßen Hund redet. ,,Ist schon gut.", sage ich leise und zwinge mir ein Lächeln auf. ,,Okey.", sagt er, erwidert mein Lächeln dabei, ,,Ich hoffe dir geht's bald besser - und wenn du magst, kannst du zwischendurch ein wenig was mit Flake unternehmen." Mehr als ein Nicken erwider ich nicht, fühle mich erleichtert und unsicher zugleich, als er die Haustür zuschlägt. Es war unangenehm mit ihm, aber besser als alleine. Nervös ziehe ich meine Beine an meinen Oberkörper und sehe krampfhaft auf die Uhr. - Er ist auf dem Weg, das könnte heißen, er ist in zwei Minuten hier, oder auch erst in fünfzehn. Letzteres lässt mich noch nervöser werden, sodass ich wieder zu kratzen beginne und meine Verletzungen verschlimmere. Immerhin lenkt es mich ab...

,,Bin wieder da.", erklingt es plötzlich, weshalb ich von mei dem blutig gekratzten Arm ablasse und zu Kanaye aufschaue. ,,Was hast du gemacht?", fragen wir dann aber gleichzeitig. Ich, da seine Lippe blutet und angeschwollen ist, aber auch weil der lilane Pullover mit roten, wahrscheinlichen Blutflecken beschmutzt ist. Er wahrscheinlich, weil mein Arm aufgekratzt ist. Doch bevor er noch etwas sagen kann, erreicht mich eine böse Vorahnung und mit großen Augen stehe ich auf. ,,Warst du bei Henry?", frage ich hauchend. ,,Er sieht tausendmal schlimmer aus.", winkt er ab und greift sanft nach meinem Arm. ,,Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht kratzen, sondern mit meinem komischen Stressball spielen.", flüstert er und zieht mich in die Küche, um dort meinen Arm zu desinfizieren und zu verbinden. ,,Du kannst dich erst wieder hinlegen, -setzen, was auch immer, ich verarzte mich eben und ziehe mich um."

Die fünf Minuten vergehen schleppend, doch als Kanaye wieder ankommt, realisiere ich, dass sie auch gerne länger hätten sein können. ,,Wir müssen das anzeigen.", ist das erste was er sagt, ehe er sich vor mich stellt. ,,Kanaye- E-Es ist schon okey, hörst-" ,,Was ist daran okey?!", schreit er plötzlich unglaublich laut und tritt einen bedrohlichen Schritt auf mich zu. Beschützerisch hebe ich meine Arme vor mein Gesicht und mache mich wieder kleiner. ,,Sie haben dich zu sechst vergewaltigt, wenn du es nicht realisiert hast!", schreit er mir weiter entgegen. Erschrocken sehe ich zu ihm, verstecke mich aber schnell wieder, als ich seine großen Augen und hervorstehenden Venen erkenne. ,,N-Nein!", rufe ich wohl dennoch entgegen, ohne aufzusehen, ,,Henry liebt mich! Er würde das nicht zulassen-" ,,Es ist doch längst geschehen!", knurrt er laut, ,,Egal wie sehr du Henry liebst, er und diese anderen Typen haben dich vergewaltigt.", sagt er dann aber deutlich ruhiger und atmet einmal tief ein, ehe er nach meinen Armen greift und sie sanft aufeinander zieht. ,,Landon, mach das nie wieder.", sagt er leise, seine Augen haben einen flehenden Ausdruck als sie auf meine treffen. ,,Hab nie wieder das Gefühl, dich vor mir verteidigen zu müssen.", sagt er jetzt und kniet sich vor mich. Mit Tränen in den Augen legt er seinen Kopf zwischen meine Beine und schluchzt leise auf. ,,Ich würde dir nie was tun.", haucht er nach gut einer Minute. ,,Was hast d-du?", frage ich verwirrt, weshalb Kanaye seinen Kopf schnell anhebt und seine Tränen wegwischt. ,,Landon, lass dich nicht von ihm verarschen.", flüstert er bloß, geht der eigentlichen Bedeutung meiner Frage aus dem Weg. Ich schlucke schwer, nicke leicht, akzeptieren tue ich es allerdings nicht wirklich. Ich liebe Henry, und er mich auch, zumindest ein bisschen... Er hat mir wehgetan, aber mich nicht vergewaltigt. Ich wollte zwar nicht, dass passiert, was passiert ist, aber-

Es war eine Vergewaltigung. Schlagartig versteife ich mich, versuche meine Tränen herunterzuschlucken und presse die Worte: ,,B-Bitte nicht a-anfassen.", schweratmend hervor. Immer flacher atmend stehe ich auf, laufe um das Sofa und versuche nicht an das Geschehene zu denken. Natürlich scheitere ich. ,,Du liebst mich.", wimmer ich, schüttel meinen Kopf und gleite zu Boden, da ich woanders keinen Halt finde. ,,Henry, du liebst mich." Immer wieder wiederhole ich diese Worte, versuche sich glaubhaft für mich und alle anderen zu machen, schreie mir jedoch nur sinnlos die Seele aus dem Leib, dass man wohl befürchten müsste, die Nachbarn könnten die Polizei rufen. Erst als mein Hals schrecklich weh tut und trocken ist, verstumme ich und sehe mit leeren Ausdruck auf den Boden zwischen meinen Beinen sehe. Ich versuche genug Mut aufzubringen, Kanaye anzusehen, der bereits seit einiger Zeit neben mir steht, doch es geht nicht. Der Scharm über meine eigene Dummheit aber auch die Tatsache, dass ich soeben all meine mühsam aufgezogenen Mauern zu Fall gebracht habe, hält mich davon ab. Nicht mal seine sanfte Berührung an meiner Schulter kann ich annehmen, schlage seine Hand kopfschüttelnd weg. ,,Ist okey.", sagt er leise, ,,Ich gehe... ich gehe einfach in den Salon. Du musst mich nur rufen und ich komme wieder." Kurz wartet er mein stummes Nicken ab, ehe er sich mit langsamen, leisen Schritten von mir entfernt.

Die Stunden vergehen und es beginnt draußen dunkler zu werden. Erst nach zwei Stunden auf dem kalten Boden, hatte ich die Kraft mich unter mehreren Decken auf dem Sofa zu begraben. Ich wünschte ich könnte vor Trauer weinen oder wenigstens vor Wut schreien, aber ich fühle nichts. Ich kann nicht. Ich fühle mich bloß leer, kraftlos und ausgelaugt. So schwach, dass ich irgendwann nicht mal mehr meine Augen aufhalten kann. Meine Wimpern fühlen sich zu schwer für meine zahmen Lieder an, sodass ich, gegen meinen Willen, in die Dunkelheit gleite. In die Dunkelheit, die gleichzeitig Unsicherheit und Angst in meinem Unterbewusstsein auslöst. Doch die Schritte die ich höre und dir Senkung des Polsters neben meiner Hüfte lassen mich nicht in Panik verfallen. Der Duft des beschützerischen Mannes dringt schneller in meine Nase, als meine anderen Sinne auf diese Situation reagieren können. Meine Augen bleiben aufgrund fehlender Kräfte geschlossen und auch so kann ich mich nicht bewegen, was Kanaye aber auch nicht zu erwarten scheint.

,,Ich werde dir helfen, da raus zu kommen.", flüstert er mir zaghaft ins Ohr und streicht sanft mit seinen Fingerkuppen über meinen Oberarm, während ich mich schon seit Minuten nicht mehr bewegt habe und meine Augen geschlossen halte. ,,Du musst dich nur darauf einlassen und endlich durch deine wunderschönen Augen erkennen, dass es so nicht weiter gehen kann.", ergänzt er dann noch.
Auch wenn in diesem Moment die Panik aufkommt, ich könnte rot werden, kann ich mich gar nicht darauf konzentrieren, dies irgendwie zu verhindern, denn da werde ich schon hochgehoben, als würde ich lediglich ein paar Gramm wiegen, und in mein Bett getragen, nach welchem ich mich schon den ganzen langen Tag sehne.

exclusive guard✿Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt