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- 𝕷𝖆𝖓𝖉𝖔𝖓 -

,,Kannst noch einen Brownie haben, wenn du willst.", sagt Kanaye, als wir mein Haus betreten und uns von unseren Schuhen entledigen. Ohne etwas zu erwidern laufe ich in die Küche, nehme mir einen der abgekühlten und schokoladig riechenden Brownies und gehe, während ich in diesen beiße, nach oben. Erst als ich meine Zimmertür schließe seufze ich genießerisch auf und setze mich mit einem schmalen Lächeln auf das kleine graue Sofa. Die Freude über den göttlichen Brownie verfliegt allerdings, als mein Handy zu vibrieren beginnt und Henrys Name, sowie ein Kussbild von uns beiden auf dem Display erscheint. Ich seufze nochmal, diesmal allerdings aus Verzweiflung. Wenn ich den Anruf annehme, werde ich ihm viel zu schnell verzeihen, wenn das sein Ziel der Aktion ist. Wenn ich allerdings nicht annehme, wird er mir böse werden und mich vielleicht wieder bestrafen...

Bevor ich annehmen oder ablenken kann, wird mein Display wieder dunkel. Doch ich bekomme zwei Nachrichten, ehe ein erneuter Anruf eingeht. ,,Fuck man...", hauche ich, greife aber schnell nach meinem Smartphone und nehme den Anruf schweren Herzens an. ,,Daddy?", frage ich leise und senke meinen Blick aus Reflex. ,,Halt die Fresse!", zischt er mir allerdings ziemlich überraschend entgegen. ,,Du hast mich heute zu sehr abgefuckt! - Ich will dich erstmal nicht sehen. Nerv nicht.", sagt er kalt, legt sogar auf, bevor ich es realisiere. ,,W-Was?", stammel ich verwirrt und runzel die Stirn. Ungewollt steigen schwere Tränen in meine Augen und bringen diese zum brennen. Langsam und zittrig lasse ich meine Hand sinken und sehe traurig auf den nun schwarzen Display. - Dabei verstehe ich nicht mal, warum mich das jetzt so runterzieht. Er hat mich geschlagen, mir physisch und psychisch wehgetan und das immer wieder, aber ich habe ihm nie gesagt, dass ich ihn nicht sehen will. Ich liebe ihn, egal ob er mich verletzt oder nicht. An den Gefühlen kann ich nichts ändern.

Vollkommen müde verlasse ich am Morgen, so gegen halb elf, das Haus, tanke mein Auto an der nächsten Tankstelle und mache mich dann auf den Weg in die Praxis von meinem Onkel. Er ist Therapeut und sorgt größtenteils dafür, dass Leute ihren Stress abbauen und ihre Schmerzen vergessen können, ohne zu irgendwelchen Medikamenten oder so zu greifen.

,,Hey Jimmy.", sage ich leise, als ich in eines seiner vier Behandlungszimmer eintrete. ,,Bad boys, bad boys, whatcha gonna do, whatcha gonna do when they come for you?", trällert er direkt mit einem breiten Grinsen, ehe er mich in die Arme schließt und mich dann auf seinen Hocker mit Rollen setzt, um mir einen Schluck seiner gefüllten Thermoflasche zu überreichen. ,,Was ist das?", frage ich leise und nehme direkt einen weiteren Schluck. ,,Papaya und Mango, soll das Sperma versüßen.", antwortet er rasch, zwinkert mir zu und wendet sich dann zu seinen Akten. ,,Mh, danke.", murmel ich belustigt, zucke mit den Schultern und störe mich nicht weiter an der Tatsache.

Jimmy ist tatsächlich genau die Art verrückter Mensch, die man einfach in seiner Familie braucht, um angespannte Situationen aufzulockern. Man sieht ihn und hat einfach direkt gute Laune. Dabei weiß ich genau, dass er nicht immer in dieser guten Fassung ist. Er kann nur leicht abgelenkt werden, weshalb man seine schlechte Laune so gut wie nie bemerkt. Nur wenn seine Frau nicht da ist, um ihm im ersten Moment aufzufangen, ist er manchmal ein wenig zurückhaltender, wenn man auf ihn trifft.

,,Wie ist es so ohne meinen Bruder?" ,,Ganz gut, du weißt ja wie anstrengend er und Mom sein können. - Wobei mein dämlicher Aufpasser nicht wirklich besser ist.", murre ich unf seufze genervt auf, während ich die Augen verdrehe. ,,Ist das so ein alter Knacker oder wa-" ,,Er ist 21 oder so, aber-" ,,Ist er heiß?", will Jimmy direkt wissen und kommt auf einem zweiten Hocker zu mir gerollt. ,,Ich hab Henry, du Spast", verdrehe ich die Augen und lehne meinen Rücken an die Schränke. ,,Als ich euch das letzte mal gesehen hab, habt ihr heftig gestritten. Ich dachte danach habt ihr euch getrennt-" ,,Mister Campbell, ihre Patientin-" ,,Jaja ich komme ja.", seufzt mein Onkel seiner Assistentin entgegen und lässt mich damit schluckend alleine.

Ich weiß leider viel zu genau, von was Jimmy gesprochen hat. - An dem Tag waren wir zusammen in einem Restaurant essen, wobei Henry leider den Eindruck hatte, dass einer der Kellner mit mir geflirtet hat und ich darauf eingegangen bin. Das Ganze ist in einen lautstarken Streit ausgeartet, aber auch in seinem ersten körperlichen Übergriff. Nachdem ich vor Jimmy nämlich so getan habe, als wäre alles gut, wurde Henry richtig agressiv, hat mich nach Hause verschleppt und mich zum ersten mal geschlagen. Seine flache Hand ist dabei so dermaßen kühl auf meiner Wange gelandet, dass ich mich im ersten Moment wirklich verloren gefühlt habe. Es hat sich so ganz anders angefühlt, als die Schläge, die er mir aufgrund seiner Kinks gegeben hat.

Ungewollt rollt eine Träne über meine Wange, die ich schnell und etwas panisch wegwische. Zittrig atme ich aus, schließe die Augen und lasse den kalten Saft nochmals in meinen Rachen gleiten, ehe ich auf stehe. An der Anmeldung bitte ich die nette Frau, meinem Onkel auszurichten, ich würde in einer Stunde wiederkommen. Fast schon fluchtartig verlasse ich die Praxis und verschanze mich in meinen Auto. Mein Herz krampft schon wieder so unangenehm, dass ich es kaum aushalte. Aus der Überforderung heraus starte ich den Motor und fahre etwas unvorsichtig in Richtung Asher's Arbeitsplatz. Asher ist kein Freund, davon hab ich nämlich ehrlich gesagt keine, aber ich verstehe mich gut mit ihm und gerade muss ich mich ablenken. Er arbeitet in einer Hilfestation für Straßentiere, wobei diese bei uns in der Gegend nicht besondern gefragt ist. Deswegen hoffe ich, dass er einfach etwas Zeit für mich hat und mich unterhalten kann... Nach Kanaye, meine einzige andere Möglichkeit, oder alleine sein ist mir gerade nicht wirklich.

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