19 {Willow}

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*Willows P.o.v*
"Willow. Was hast du am Dienstag den 5. April gemacht?", fragt mich die Polizistin.

Ich starre gedankenverloren in mein Wasser. Meine Fingerkuppen sind immer noch blutig, genauso wie meine Unterlippe, die ich mir blutig gebissen habe.

"Ich war in der Schule. Es war alles ganz normal", bringe ich mit gebrochener Stimme heraus, doch die Polizistin schüttelt den Kopf.

"Lüg mich nicht an Willow. Bitte sei einmal ehrlich mit mir", sagt sie ruhig.

Ich sehe von meinem Wasser auf, frische Tränen rollen über meine Wangen.

"Am Dienstag?", frage ich nochmal und die Blondine nickt. Ich atme stockend ein und lasse den Tag nochmal revue passieren.

*Flashback six days ago*
Müde öffne ich meine schweren Augenlider. Shakespeare liegt auf meinem Bett und leckt meine Wange ab.

Ich lächle leicht und wuschel durch sein Fell. "Guten Morgen Shakespeare. Gehen wir Harry wecken?" frage ich und hebe den Welpen auf, der sich an mich kuschelt.

Ich seufze und trage ihn in Harrys Zimmer. Langsam öffne ich die Tür doch zu meiner Verwunderung liegt mein Bruder nicht wie gewohnt in seinem Bett.

Stattdessen sitzt er auf dem Fensterbrett, das Fenster weit geöffnet und eine Zigarette in der Hand.

Shakespeare wehrt sich in meinem Griff und hetzt auf Harry zu. Er schmiegt sich an sein Bein und bellt leise als Begrüßung.

Harry sieht zu Shakespeare runter, steckt sich seine Zigarette zwischen die Lippen und hebt den Hund hoch, der ihn quer übers Gesicht leckt.

"Dir auch einen guten Morgen Shakespeare", murmelt er und atmet den Rauch aus.

Ich verschränke die Arme vor meiner Brust. "Findest du's nicht etwas übertrieben schon vorm Frühstück zu rauchen?", frage ich und sehe ihn abschätzend an.

Harry würdigt mich keines Blickes sondern macht einen tieferen Zug.

Genervt verdrehe ich die Augen. "Komm Shakespeare. Wir machen Frühstück", meine ich und pfeife meinen Hund zu mir.

Sofort rennt er mir hechelnd hinterher, während ich in die Küche stapfe.

Ich erwarte Mom, die mir einen guten Morgen wünscht und mir einen Pancake gibt, doch nichts passiert. Die Küche ist leer und dunkel.

Fast wie ich. Denn in mir herrscht eine leere, die er hinterlassen hat. Eine Leere, die niemand füllen kann, außer mein Dad.

Ich halte mich an der Kücheninsel. Das plötzliche Gefühl des Schwindels erreicht meinen Körper und mir wird übel.

Ich rutsche langsam auf die Knie und halte mir die Hände an die Ohren und schluchze auf, hoffe, dass diese ganzen Stimmen endlich aufhören zu reden.

Nein, es ist nur eine Stimme. SEINE Stimme. Ich höre sein Lachen, sehe seine wunderschönen Augen, kann die besonderen Lieder hören, die er mir vorgespielt hat.

Ich kann seine Umarmungen fühlen, sein Axe riechen, als wäre er da.

Ich kann seine Schritte hören, die die Treppen runter rennen.

Ich kann seine Hände fühlen, die mich an den Schultern packen und rütteln.

Oh nein, das ist nicht Dad. Das bist du, Harry. Du, der immer schon besonders war.

"Willow! Verdammt hey, du musst ruhig atmen. Bitte."

Wieso bittest du mich, sowas dummes zu tun? Habe ich denn jetzt sogar schon die Kontrolle über meinen eigenen Körper verloren?

Loveletters ever afterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt