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Am Montag sitze ich gemeinsam mit Manuel in der Cafeteria und wir warten auf Patrick. Er hatte gerade Geschichte, während ich Mathe und Manuel Biologie hatte.
Als er dann aufgeregt zu uns kommt, stellen Manuel und ich schon unsere Fragen, bevor er sich überhaupt hinsetzen kann.

"Ich hatte gerade mit Michael Geschichte", erzählt er, als er sich auf den Platz neben Manu gesetzt hat. "Und er hat ein blaues Auge."

Manuel und ich schauen uns beide mit dem gleichen geschockten Gesichtsausdruck an und dann deutet Patrick unauffällig mit seinem Finger auf den Eingang der Cafeteria, durch welchen Michael gerade gemeinsam mit Fabian und Sven kommt. Zu dritt setzen sie sich an einen der wenigen freien Tische und beginnen dann dort zu essen und zu reden. Zumindest reden Sven und Fabian, Michael hört wohl eher zu.

"Woher kann er das haben?", überlegt Manu laut und ich wende mich von den dreien ab.

"Meint ihr, dass seine Freunde ihm das angetan haben?"

Besorgt mustere ich meine beiden Freunde, die sich kurz ein paar Blicke zuwerfen und dann wieder mich anschauen.

"Du solltest vielleicht mit ihm sprechen, Maurice", meint Patrick dann. "Ich weiß, am Samstag haben wir gesagt, dass du damit warten sollst, aber wenn seine Freunde ihm das angetan haben, nur weil er schwul ist, dann ändert das ziemlich viel."

Unsicher schaue ich Manu an, doch als auch dieser nickt, stehe ich auf und gehe zu dem Tisch, an dem Fabian, Sven und Michael sitzen.
Als ich dort ankomme, schauen Fabian und Sven auf, während Michael seinen Blick gesenkt hält.

"Kann ich kurz mit dir sprechen, Michael? Unter vier Augen?"

Der Junge schaut auf und mustert mich kurz, ehe er nickt und aufsteht. Zu zweit begeben wir uns etwas abseits der ganzen Tische.

"Waren das deine Freunde?", frage ich, nachdem ich sicher gestellt habe, dass niemand uns zuhört und deute auf sein Auge.
Er seufzt und nickt bloß, bevor er mich wieder anschaut.

"Nachdem du die Aula verlassen hast, wurden sie ziemlich sauer", erzählt er. "Einer von ihnen hat mir das blaue Auge verpasst und dann sind sie abgehauen. Fabian und Sven kamen kurz danach zu mir und haben sich nach meinem Wohlergehen erkundigt."

"Das tut mir wirklich leid. Und ich möchte mich auch für mein Verhalten entschuldigen. Ich hatte kein Verständnis dafür, dass du deinen Freunden nicht sagen wolltest, dass du schwul bist. Ich hätte das nicht von dir verlangen sollen und ich bin zu weit gegangen. Es tut mir leid. Denn jetzt, wo ich das so sehe, kann ich es nachvollziehen, dass du lieber geschwiegen hast."

Michael lacht.
"Ja, er hat ziemlich stark zugeschlagen."
Wir beide schauen uns gegenseitig an und in diesem Moment, in dem ich seine Zuneigung und Liebe in seinen Augen glitzern sehen kann, bereue ich alles, was ich getan habe.

"Eigentlich wollte ich dich nach deinem Geständnis am Samstag nicht alleine lassen, aber meine Mutter hat nach mir gerufen. Ich musste weg", erkläre ich also, um mein Verhalten zu erklären und auch ein wenig zu entschuldigen.

"Du wolltest noch bleiben?"
Fragend zieht er seine Brauen in die Höhe.

"Ja, immerhin hast du deinen Freunden gesagt, dass du schwul bist. Das war doch alles was ich wollte."

"Heißt das, dass..."
Sein Blick hellt sich auf und er beginnt zu grinsen.

"Ist das eine gute Idee?", wende ich ein und sorge somit dafür, dass sein schönes Grinsen verschwindet. "Was ist, wenn deine Freunde dich dann weiterhin so zurichten?"

"Also erst einmal sind diese Jungs nicht mehr meine Freunde. Und vermutlich hast du Recht, sie werden mich wahrscheinlich beleidigen und verbal fertig machen."

Etwas enttäuscht senke ich meinen Blick. Das war nicht die Antwort, die ich mir erhofft hatte.
Sanft spüre ich Michaels Berührungen an meiner Hand und auch meinem Kinn. Seine Finger spielen mit meinen und er schient mein Kinn etwas nach oben, sodass ich ihn anschaue.

"Aber das hält mich nicht davon ab dich zu lieben, Maurice."

Bei seinen Wörtern werden meine Knie weich und mein ganzer Körper beginnt vor Freude verrückt zu spielen.
Er nimmt seine Finger von meinem Kinn und nimmt nun auch meine andere Hand in seine.

"Die Kommentare von diesen Jungs oder auch von anderen werden meine Gefühle für dich nicht verschwinden lassen. Ich wäre dumm, wenn ich mich ihretwegen von dir fernhalte. Außerdem haben wir beschlossen, dass wir uns weniger dafür interessieren, was andere von uns denken. Und um es dir zu beweisen, dass es mir egal ist, werde ich dich jetzt küssen. Einverstanden?"

Kichernd schaue ich mich einmal in der Cafeteria um. Ein paar der Menschen, und damit meine ich nicht bloß Manuel, Patrick, Sven und Fabian, beobachten uns und haben unsere Unterhaltung genau im Blick. Alle von ihnen scheinen das hier spannender zu finden als jeden Kinofilm und Manus Mund hängt sogar ein wenig ofden, während Patrick sich auf seinem Stuhl ein wenig drehen muss, damit er uns zuschauen kann.

"Hier? Vor allen?"

Michael kommt ein paar Zentimeter näher, übt leichten Druck mit seinen Fingern aus und grinst.

"Ich könnte mir keinen besseren Ort dafür vorstellen", flüstert er und legt seine Lippen auf meine.

Ende

Schauspiel - ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt