Wie jeden Tag, an dem keine Schule ist, sitze ich in meinem Zimmer auf dem Bett und schreibe in mein Tagebuch. Auch wenn ich es eigentlich anders betiteln müsste, denn es ist ein Stück meiner Existenz. Erinnerungen voller Schmerz und Trauer, habe ich in ihm verarbeitet. Ich habe ihm mein Herz ausgeschüttet, dem Buch und keinem anderen. Ab dem Tag, an dem sich alles verändert hat, trug ich es mit mir und behüte es wie ein Kind. Mein Kind, entsprungen aus meiner Seele.
Ein Gähnen entflieht mir, als meine Augen den Ledereinband mit den Verzierungen betrachten. Ich blättere die vollen Seiten meines Lebens durch, manche schneller als andere, bis ich ein freies Blatt gefunden habe. Unendliche Leere blickt mir bei dessen Anblick entgegen. Ich nehme meinen Kugelschreiber zur Hand und setzte ihn an. Ich atme durch und lasse alles raus, so wie ich es immer getan habe, wenn mir alles zu viel wurde. Ich beichte dem Buch, was ich sonst niemandem anvertrauen würde. Der Stift schwebt über die Seite, füllt die Leere mit Worten. Bis die Worte, das darlegen was Wirklichkeit ist. Meine kleine Wirklichkeit, die durch Schatten begrenzt wird und mich nach Luft schnappen lässt.
Aus einer Seite werden zwei. Meine Hand bewegt sich immer schneller. Ich halte den Schreiber krampfhaft umfangen, und lasse ihn nicht mehr weichen. Die Bewegungen werden hektischer, bis ich mir eingestehen muss, dass meine Augen tränen. Schniefend atme ich durch, rette mein "Tagebuch" vor der Nässe meiner Seele und vollende mein Werk.
Am Ende setze ich den Stift mit einem Ausatmen ab und betrachte das Geschriebene. Meine geschwungene Handschrift , die ich bis zur Perfektion ausgefeilt habe. Die Buchstaben, die meinem Sein entsprungen sind. Meine Vergangenheit, die ich versuche zu verdauen. Was unmöglich scheint, ich es aber trotzdem versuche.
Nach einer Ewigkeit, die ich wieder in meiner Welt verbracht habe, in meinem Schutzbunker, dort wo ich, ich sein kann aber gleichzeitig auch die Wahrheit herrscht, lege ich das Buch zur Seite. Verberge es im besten Versteck, das mein Zimmer bietet. Unterm Bett eine lose Diele. Das Schlupfloch, das meine Heimat und Vergangenheit hütet, als würde alles davon abhängen. Denn das tut es für mich.
Ruhelos streiche ich mir durch die Haare, bereite mich auf eine schlaflose Nacht vor. Mein Blick schweift durch das Zimmerfenster nach draußen.
Der Mond schimmert und beruhigt mein Inneres. Er taucht mein Zimmer in schummriges Licht und spendet mir Helligkeit, die mein Sein verlassen hat.
Ohne nachzudenken, mache ich das Fenster auf und atme die Nachtluft ein. Ich wische meine vergossenen Tränen weg. Meine Härchen stellen sich auf, als mir der Wind entgegenbläst. Er schlägt meine Haare zurück, umschmeichelt meine Haut und lässt erfrischende Luft zurück, die ich zum Atmen brauche, zum Weitermachen.Einen Augenblick lang bin ich frei, beruhigt und habe keine Sorgen. Die Angst ist in dieser Zeit nicht existent, die Trauer nicht lebendig. Doch dieser Moment währt nicht lange. Er verschwindet als ich mich erinnere, was morgen ist. Ein einziges Wort, das mir in dessen Namen schon so viel Leid zugefügt hat.
Schule.
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Die Maskensammlerin
Teen Fiction~Ein Funke, der nur noch Anstoß brauchte um zu leuchten ~ Die junge Avery Grant lebt zurückgezogen.Seit dem Vorfall der ihr Gesicht zerstört hat, trägt sie in der Öffentlichkeit nur noch Masken. Sie versinkt in ihrem Selbstmitleid und ist in der Sch...