| 19 | 𝐉𝐚𝐜𝐤𝐬𝐨𝐧

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Stumm stand ich neben Ryan und betrachtete, die frisch aufgewühlte Erde und den trockenen Sand, unter dem wir Loan verscharrt hatten. Miles kannte ihn nicht und Alec war auch noch nicht lange dabei, weswegen ich beide weggeschickt hatte. Für gewöhnlich verscharrten wir tote Mitglieder nicht einfach mitten im nirgendwo und kehrten ihnen dann den Rücken. Doch in diesem Fall gab es keinen anderen Ausweg. Die Polizei würde bei den Schusswunden zu sehr nachforschen und das wollten wir nicht.

Was Loans und Johns Familien betraf, sie würden wir aufklären müssen. John war vor seinem Beitritt obdachlos und hatte keine Angehörige, Loan hingegen hatte eine Freundin und einen kleinen Sohn. Doch darum würde sich Ryan kümmern, er stand ihm immerhin am nächsten.

Den Tod der Beiden bedauerte ich schon, auch wenn ich sie kaum kannte. Sie waren noch nicht lange bei der Hydra und wussten über die Gefahren der Mitgliedschaft Bescheid. Dennoch wollten sie beitreten, genauso wie Miles.

Warum er unbedingt beitreten wollte, war mir ein Rätsel. Die meisten, die in seinem Alter beitraten erhofften sich Geld oder einen Familienersatz. Manchmal beides. Aber bei Miles blickte ich nicht durch. Vielleicht suchte er ja nur den Spaß an der Sache? Oder Freunde? Keine Ahnung. Ich schätzte ihn nicht als lebensmüde oder durchgeknallt ein. Er wusste was er tat. Und dennoch wollte er unbedingt auf die falsche Bahn. Naja, es war seine Entscheidung, solange er uns die Treue hielt, war alles ok.

Auf seinen Beitritt hatten alle anders reagiert, was ich bereits erwartet hatte. Matt hieß eh jeden willkommen, Nero meckerte wie immer und Ryan war heute zu mitgenommen. Alec hingegen war vielleicht einfach nur eifersüchtig, da er sich jetzt den Platz als Nesthäkchen mit Miles teilen musste. Aber es würden schon alle damit klarkommen.

Außer vielleicht Nero. Ausgerechnet die Person, auf dessen Meinung ich am meisten gab.

Ich entfernte mich von Loans Begräbnis und ließ Ryan allein zurück. Dieser starrte noch eine kleine Weile auf die Stelle. Während wir Loan begraben hatten, waren noch weitere Gangmitglieder aufgetaucht und hatten zusammen mit Alec die Halle weiter durchsucht. Matt hingegen war schon mal losgefahren, um uns eine neue Halle zu besorgen. Denn die brauchten wir so schnell wie möglich. Mit großen Schritten lief ich über das trockene Gelände, auf der Suche nach Nero. Er stand bei seiner Suzuki und schien den vorderen Reifen zu überprüfen.

„Na, macht sie wieder Probleme?", fragte ich leicht grinsend und nickte ihm kurz zu. Doch Nero antwortete nicht. „Ach komm schon, nimmst du mir meine Entscheidung immer noch übel?", wollte ich wissen und war etwas überrascht, dass er so nachtragend war. Zwar konnte er gut meckern und war oft genervt, aber er war mir nie lange böse.

Mit vorwurfsvollem Blick sah er zu mir auf. Dabei kniff er leicht die Augen wegen der Sonne zusammen. „Nein, überhaupt nicht! Ich bin völlig zufrieden damit, dass du, ohne es mit mir abzusprechen, entschieden hast!" Der Sarkasmus war schon immer ein guter Freund von ihm.

Genervt stieß ich die Luft aus. „Was ist eigentlich dein Problem mit Miles?", wollte ich von ihm wissen, überrascht von mir selbst, weil ich gerade Miles vor meinem besten Freund verteidigte.

„Das fragst du noch?!", keifte er überrascht. „Wir kennen ihn gar nicht! Außerdem wohnt er im Gebiet der Serpens", ergänzte er noch mit knurrender Stimme.

Ich zog die Augenbraue hoch. „Das war doch bisher auch nie ein Problem."

„Jetzt ist es das aber!", schimpfte er weiter und stand auf, wobei seine Knie knacksten. „Ich kann ihn einfach nicht leiden und vertrauen schon gleich gar nicht."

„Wir können in dieser Szene theoretisch keinem vertrauen", warf ich ein und verschränkte die Arme vor der Brust.

Fahrlässig strich er sich seine gefärbten Haare nach hinten. „Ist mir letztlich egal, aber sollte er uns schaden, dann erinnere dich an meine Worte!"

„Ist gut, du kleiner Gartenzwerg", lachte ich und durchwuschelte seine Haare nochmal ordentlich.

Dramatisch verzog er das Gesicht und schlug meine Hand weg. „Du Arsch." Dann wurde sein Blick wieder versöhnlicher. „Soll ich dich mitnehmen?"

„Wenn du mich überhaupt mitnehmen willst, immerhin treffe ich ja nicht immer die besten Entscheidungen", witzelte ich.

Nero verdrehte die Augen und holte seinen Zündschlüssel aus der Tasche. „Hätte ich sonst gefragt?"

„Ich komm gleich, ich sag noch Ryan Bescheid", meinte ich und lief los.

Auf einem der Tische lag noch mein Helm, den ich schnell mitnahm. Zum Glück hatte er den Brand überlebt, immerhin hatte ich ihn einfach so liegengelassen. Ich wollte gerade wieder zu Nero, da fiel mein Blick auf Ryan und ungewollt hatte ich Mitleid mit ihm.

„Hey man, alles okay?", fragte ich vorsichtig und legte meine Hand auf seine Schulter.

Er zuckte unter der Berührung leicht zusammen. „Ja klar, alles okay."

Doch ich kaufte ihm das nicht ab. Selbst ein Blinder erkannte, dass es ihm nicht gut ging. „Ryan", sagte ich mit mahnendem Unterton und verstärkte den Griff auf seiner Schulter. „Wenn du etwas weißt oder-"

„Nein", unterbrach er mich schnell. „Es ist nur... Keine Ahnung, irgendwie erschreckend, wie schnell alles vorbei sein kann."

Ich seufzte nur. „Du konntest schon mal besser lügen, Ryan." Mit meiner rechten Hand klopfte ich ihm noch mal auf die Schulter, ehe ich sie runternahm. „Du weißt schon lange, dass unser Leben riskant ist und oft auf unschöne Art und Weise endet. Egal was es also ist, es ist besser mit jemanden darüber zu reden, als die Sache mit sich selbst auszumachen. Was du ziemlich oft tust, denk an Ruby", fuhr ich fort und drehte mich um, um zu gehen.

„Jackson, ich komm schon klar", warf er mir tonlos hinterher und spannte sich an. Er nahm noch nie gerne Hilfe an. Damals wie heute nicht.

„Du kannst immer zu mir kommen, wenn was ist", sagte ich nur, wusste aber schon jetzt, dass er das Angebot nie annehmen würde. Beim Gehen spürte ich deutlich Ryans grüne Augen, die sich in meinen Rücken bohrten. Vielleicht entfernte er sich jetzt noch mehr als ohne hin schon von mir. Aber ich machte mir nun mal Sorgen um ihn. Nicht nur als Anführer, sondern auch als Freund. Aber ich konnte ihn nicht dazu zwingen, sich mir anzuvertrauen. Meine Hilfe müsste er von alleine annehmen.

RIDERS ~ Burn For ThisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt