| 5 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Rubys Lächeln verschwand sofort und mit einem komischen Ausdruck in den Augen, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, sah sie mich an. „Warum willst du Das wissen?" fragte sie mit belegter Stimme.

„Nur so. Ich hab mich nur gewundert, weil er auf jeden der Tanks war", entgegnete ich und versuchte möglichst gleichgültig zu klingen. Weshalb Ruby so reagierte, war schon seltsam und ließ meine Neugierde größer werden. Vielleicht war es ja ein geheimes Symbol, ein Erkennungszeichen oder so was in der Art.

Ruby seufzte. „Hydra ist der Name der Gang, der mein Bruder angehört. Die Aufkleber sind da so etwas wie ein Zeichen, dass man dazu gehört und sich erkennt."

„Und wieso Hydra?", hakte ich nach.

Doch Ruby zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich weiß nicht viel über sie, aber Ryan meinte mal, dass der Name an den Pazifik und die Küste hier erinnern sollte."

„Dann waren die Beiden anderen also auch Mitglieder?"

Ruby biss erneut in ihren Burger. „Genau. Jackson ist ihr Anführer, oder wie sie ihn nennen, ihr Alpha."

„Der auf der Ducati?", wollte ich etwas zu euphorisch wissen, denn Ruby sah mich etwas misstrauisch an und nickte schließlich. „Und der andere?"

„Welcher andere?"

Kurz überlegte ich. „Dem, der die Suzuki gehört, mit den weißen Haaren."

„Ach so, das ist Nero. Vor Ryans Beitritt war er öfter mal bei uns Zuhause und hat viel Zeit mit meinem Bruder verbracht", erklärte sie und wandte ihren Blick ab.

Zugern würde ich das Gespräch fortführen, nur wollte ich mich bei Ruby aufgrund meines Interesses nicht unbeliebt machen. Schließlich war es nicht sonderlich schwer zu erkennen, dass sie die Hydra nicht mochte und auch über das Thema nicht gerne sprach. Aber eine weitere Frage konnte ich mir nicht verkneifen. „Wieso ist dein Bruder denn überhaupt erst beigetreten?"

Gequält sah Ruby mich an und ich wollte meine Frage schon zurücknehmen, als sie antwortete, „Sein bester Freund Matt hat zusammen mit Jackson und Nero die Hydra vor wenigen Jahren gegründet und ihn dann mit hineingezogen. Er wollte es zuerst nicht und ich wollte ihn davon abhalten, doch dann..." Sie sprach nicht weiter und ich wollte sie auch nicht drängen, weswegen ich kurz wartete. „Naja, dann hat er erfahren womit sie ihr Geld verdienen und wollte mal probieren."

„Probieren von was?", fragte ich nach und legte meine Hand vorsichtig auf ihre.

„Drogen." Ruby lachte kurz humorlos auf. „Sie verdienen ihr Geld mit dem Verkauf von allem Möglichen. Waffen, Motorräder, Tuningteilen... aber eben auch Drogen und wer die einmal genommen hat, kommt davon nur schwer los."

Ich stutzte. „Dann ist dein Bruder also drogenabhängig?!"

„Nicht so laut!", fauchte sie. „Nein, er war abhängig, aber mittlerweile hat er das in den Griff bekommen. Austreten wollte er dennoch nie und als unsere Eltern von seiner Sucht erfahren hatten, wurde er rausgeschmissen."

„Als ob", murmelte ich fassungslos. „Welche Eltern werfen denn ihr Kind raus?"

„Was würdest du denn machen, wenn dein Kind drogenabhängig ist? Ryan hat damals die Schule geschmissen und meine Eltern sogar beklaut, um Geld dafür zu haben. Sie waren einfach verzweifelt und hatten Angst, dass er mich mit hineinzieht." Traurig senkte sie leicht den Kopf. „Deswegen sehen wir uns immer heimlich."

Schweigen herrschte zwischen uns. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Ruby tat mir einfach unendlich leid und ich wünschte, sie hätte das alles nie so erleben müssen. Allerdings machte sich ein Gefühl in mir breit, was mir irgendwie Angst machte. Denn meine Sehnsucht, die ich in letzter Zeit hatte, meldete sich wieder und offenbar gab es das, was ich wollte. Natürlich für einen hohen Preis. Aber es war in greifbarer Nähe.

„Gehört Alec auch dazu?"

Überrascht hob Ruby den Blick wieder. „Wie kommst du darauf?"

„Er hat mit ihnen geredet", entgegnete ich ruhig und achtete auf Rubys Reaktion.

Die Rothaarige verzog ihren Mund zu einem geraden Strich. „Er ist noch nicht lange dabei." Mein Herz schlug schneller. Es war also möglich als normaler Schüler beizutreten. Wie auch immer Alec das geschafft hatte, ich würde es auch schaffen!

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich schon mit dem Gedanken eines Beitritts spielte. So, als stünde dies schon fest und wäre beschlossene Sache. Mein Interesse für die Hydra wuchs. Auch wenn Ruby das nicht wollte, aber sie hatte mir indirekt die Gang schmackhaft gemacht. Den kleinen Zweifel, den ich bei der Sache hatte, ignorierte ich geflissentlich. Die Hydra war vielleicht genau das, was ich suchte.

Ruby schien mein Blick jedoch zu bemerken, denn sie sah mich böse an. „Miles!", ermahnte sie mich. „Ich habe dir nicht davon erzählt, damit du am Ende selbst ein Mitglied wirst."

Beschwichtigend hob ich die Hände. „Keine Sorge, dass hab ich auch nicht vor."

„Hoffentlich, denn das ganze Geld ist es nicht wert", knurrte sie mit vorwurfsvollem Blick.

„Weil es gefährlich ist?"

Sie schüttelte mit dem Kopf und entzog ihre Hand aus meiner. „Nicht nur deswegen. Man muss auf zu vieles verzichten. Es gibt eine Menge Regeln, an die man sich halten muss und hinzukommt, dass man eine wandelnde Zielscheibe für Konkurrenten ist."

Da hatte Ruby natürlich recht. Mir war klar, dass es auch eine negative Seite an der Sache gab. Gangmitglieder hatten oft ein kurzes Leben und das viele Geld wog die ständigen Gefahren nicht auf. Sowieso machte man, wenn man in der Hierarchie ganz unten stand, nicht sonderlich viel Gewinn. Aber man konnte ja aufsteigen. Ich hatte Blut geleckt und so schnell, würde mich niemand von meinem Vorhaben abbringen können.

Schon immer war ich eine ehrgeizige Person und bestrebt meine Ziele zu erreichen. Das einzige Problem, welches vielleicht wirklich eines war, war die Tatsache, dass mein Onkel Polizist war.

Außerdem müsste ich erstmal aufgenommen werden und dafür musste ich mich bemerkbar machen und mir ihren Respekt und ihre Anerkennung verdienen. Nicht unbedingt die leichteste Aufgabe, aber ich hatte einen Plan. Die vielen Aufkleber und die getunten Motorräder waren ein Beweis dafür, dass hin und wieder Straßenrennen gefahren wurden. Das wäre ein guter Anhaltspunkt, um wenigstens mal ins Gespräch zu kommen, oder ich würde ihren Anführer einfach erneut im Rennen besiegen.

RIDERS ~ Burn For ThisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt