Ich musste zugeben, dass ich etwas überrascht war als ich Ryans Wohnung sah. Wahrscheinlich hatte ich mit jeder Menge Luxus und Platz gerechnet, weil ich Jacksons Wohnung schon kannte und wusste, wieviel der Braunhaarige verdiente.
Doch Ryans Wohnung war das komplette Gegenteil. Sie hatte gerade mal drei Zimmer und die Möbel sahen alles andere als teuer und neu aus. Auch fehlte es an jeglicher Dekoration. Keine Bilder, keine Pflanzen und nichts Weitere, was zur Gemütlichkeit beitragen würde. Mit wenigen Worten, leer und... irgendwie einsam.
So wirkte auch Ryan, als er neben mir in der kleinen Wohnung stand und meinen Blick sah. „Du musst auf dem Sofa schlafen, da ich kein zweites Bett hab und kuscheln mag ich nicht. Also komm ja nicht auf den Gedanken, zu mir zu kommen, wenn du einen Alptraum hast. Denn das von vorhin im Fahrstuhl war eine Ausnahme," stellte er gleich fest, was mich schmunzeln ließ.
„Schon klar, ich werde nicht über dich im Schlaf herfallen", versicherte ich ihm leicht lachend, auch wenn mir eigentlich gar nicht danach zu Mute war.
Während Ryan das Sofa für mich herrichtete, sah ich mich etwas um. Neben dem etwas größeren Gemeinschaftsraum, welcher aus Küche, Wohnzimmer und Flur bestand, gab es noch ein kleines Badezimmer und Ryans Schlafzimmer. Er hatte nur die nötigsten Möbel und im Flur jede Menge Motorrad Sachen, ansonsten nichts.
„So, fertig!", sagte er triumphierend und betrachtete stolz sein Werk.
Etwas unsicher sah ich auf das Sofa, was nicht besonders bequem aussah. „Danke Ryan", entgegnete ich wahrheitsgemäß, denn das Sofa war mir immer noch lieber als eine Parkbank.
„Kein Ding. Kannst morgen ausschlafen, denn ich nehme an, dass du nicht in die Schule willst, so wie du aussiehst?", stellte er fest.
Ich senkte den Kopf. „Nein, will ich nicht."
Ryan nickte verstehend. „Morgen Vormittag kommt Matt kurz vorbei, wenn das okay ist?"
„Natürlich! Ist doch deine Wohnung, da sollte ich mich nach dir richten!" meinte ich schnell.
Der Grünäugige lächelte mich an. „Ok, dann gute Nacht!" sagte er noch, ehe er in seinem Zimmer verschwand. Ich hingegen schob die nervigen Gedanken und Schuldzuweisungen beiseite und schlief innerhalb von Sekunden ein.
***
Am nächsten Morgen vernahm ich eine gedämpfte Stimme aus einem der Nebenräume. Ich war zu müde, um meine Augen zu öffnen und so lauschte ich.
Es war Ryan, der ganz offensichtlich telefonierte, denn ich konnte keine zweite Stimme hören und immer wieder unterbrach er sein Gespräch. Außerdem hielt ich ihn nicht für die Art Mensch, die Selbstgespräche führen. Eigentlich war es ja unhöflich zu lauschen, aber ich konnte nicht anders.
Dann war alles leise und die Tür ging auf. Natürlich stellte ich mich sofort schlafend, damit es nicht auffiel. Doch das wurde immer schwerer als ich merkte, wie Ryan direkt über mich gebeugt war und mich anstarrte.
„Miles, ich weiß, dass du wach bist."
Verdammt! Unschuldig grinsend öffnete ich die Augen. „Morgen."
Der Braunhaarige zog die Augenbrauen hoch. „Morgen? Es ist schon 13 Uhr."
Erschrocken setzte ich mich auf und sah mich noch etwas verschlafen um. Wie lange hatte ich bitte geschlafen? „Wann kommt Matt?", fragte ich, ohne ihn anzusehen.
„Er war schon da." entgegnete er gelassen. Wie konnte ich das nicht mitbekommen? Ryan schien meinen Blick bemerkt zu haben, denn er erklärte. „Du hast ziemlich fest geschlafen und aufwecken wollten wir dich nicht. Oder konnten wir nicht."
Ich nickte. Anschließend stand ich auf und streckte mich ausgiebig. Ryan lief derweil in die Küchenecke.
„Also ich kann zwar nicht kochen, aber ich hab noch Tiefkühlpizza, denn für Frühstück ist es definitiv zu spät", bot er mir an und wühlte im Kühlschrank.
Doch ich schüttelte vehement mit dem Kopf. Die letzten Tage hatte ich genug von Fertigessen, Brot und Fast Food. Ich wollte endlich mal wieder eine richtige Mahlzeit. „Nein danke, hast du noch Nuddeln und Wurst oder so etwas ähnliches da?"
Ryan zuckte mit den Schultern und trat vom Kühlschrank weg. „keine Ahnung, bedien dich."
„Wieso weißt du nicht was du so im Kühlschrank hast? Gehst du denn nicht einkaufen?", wollte ich lachend wissen, während ich alles zusammensuchte, was ich für Nuddeln mit Tomatensoße brauchte. Dazu briet ich etwas Wurst in der Pfanne an und holte den Käse aus dem Kühlschrank.
„Nicht oft, mal so mal so", entgegnete er und beobachtete mein Tun mit großen, neugierigen Augen. „Sag bloß, du kannst kochen?!"
Ich drehte mich leicht zu ihm. „Bin kein Sternekoch, aber das Meiste bekomm ich schon hin."
„Ha, ich wusste, warum ich dich aufgesammelt hab!", stieß er glücklich aus und ich konnte förmlich sehen, wie er sich ebenfalls auf etwas Warmes zu Essen freute. „Jetzt hab ich einen privaten Koch!"
Ich lachte nur. „Hilf mir lieber mal! Oder hol die Teller", wies ich ihn an. Meine Sorgen von Gestern waren fast vergessen, oder zumindest nicht mehr so präsent.
Tatsächlich tat er was ich sagte und am Ende saßen wir zusammen auf der Couch. Jeder mit einem heißen Teller auf den Schoß und zufrieden essend. Zwar lief der Fernseher im Hintergrund, doch irgendwie sahen wir beide nicht hin.
„Mit wem hast du vorhin eigentlich telefoniert?", wollte ich irgendwann kauend wissen.
„Mit Jackson, er wollte wissen, wo du bist, weil du nicht auf seine Nachricht reagiert hast", antwortete er, während er sich eine weitere volle Gabel Nuddeln in den Mund stopfte.
„Oh stimmt, da war ja was", murmelte ich nur. Es war wirklich nicht meine Absicht gewesen, dass Jackson sich Sorgen machte. Aber irgendwie fand ich es gut, wie er sich um seine Mitglieder kümmerte.
Ryan kratzte die letzten Nudeln zusammen. „Ich hab ihm gesagt, dass du hier bist und er klang ziemlich erleichtert. Außerdem haben wir beide heute frei und morgen Früh geht es dann mit ihm und Nero zur Halle", fuhr er fort.
Die Aussicht gefiel mir. Einen Tag nichts machen tat gut.
Allerdings wollte ich Ryan nicht auf der Tasche liegen. Sollte ich länger hierbleiben, würde ich etwas zur Miete beisteuern. Wie ich das mit der Schule machte, wusste ich noch nicht. Wenigstens hatte ich keine Geldsorgen.
Da ich gekocht hatte machte Ryan den Abwasch und ich schrieb Jackson und Ruby zurück. Natürlich wollte ich mit ihr aufs Fest gehen, nur hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl. Wie immer, wenn ich an Ruby dachte. Es behagt mir einfach nicht sie anzulügen. Doch jetzt hatte ich damit angefangen und kam nicht mehr heraus.
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RIDERS ~ Burn For This
Action• 𝐁𝐚𝐧𝐝 𝐈 • Als Miles nach San Diego kommt, sucht er den Adrenalinkick, das alltägliche Leben hat er satt. Sein Weg führt ihn zur Hydra, einer kriminellen Motorradgang, die ihn höchstwahrscheinlich auf die falsche Bahn bringen wird. Nur gibt es...