| 30 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

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Nachdem ich die Toilettenräume wieder verlassen hatte, führten Ruby und ich unser Gespräch fort. Allerdings galt meine Aufmerksamkeit eher der Uhrzeit und nicht der Rothaarigen vor mir. Einmal schaffte sie es sogar, mich auf die Tanzfläche zu ziehen, wobei ich mit Sicherheit bis auf die Knochen blamiert hatte.

Tanzen war nicht meins, genauso wenig, wie Singen, Zeichen und sämtliche andere kreative Dinge.

Ich gab wirklich mein Bestes, den Abend zu genießen, aber der Auftrag saß mir im Nacken. Natürlich hoffte ich, dass Ruby dies nicht bemerkte. Immerhin sollte sie nicht nachfragen, beziehungsweise sich den Abend verderben lassen. Als es dann kurz vor der vereinbarten Zeit war, animierte ich Ruby zum Gehen und zu meinem Glück hatte sie nichts dagegen.

Schnell brachte ich sie nach Hause, wobei ich die Fahrt am liebsten bis ins Unendliche hinausgezögert hätte. Viel lieber würde ich länger bei ihr bleiben. Doch ich hatte noch ein Date mit einem bösen Beta.

„Ich hoffe, wir wiederholen das mal", sagte sie zwinkernd, nachdem sie abgestiegen war.

„Klar, gerne!", entgegnete ich und hatte das Gefühl, als würde mein Herz gleich schneller schlagen. Eine Weile sahen wir uns in die Augen und ich hoffte innständig darauf, dass sie vielleicht den nächsten Schritt wagen wollte, doch dann drehte sie sich um und verschwand im Haus. Es war einfach noch zu früh, dennoch nagte die Enttäuschung an mir.

Als sie im Haus war, klappte ich mein Visier nach unten und fuhr los. Die Straßen waren voller als zunächst angenommen, aber mit einem Motorrad konnte man so manches Schlupfloch nutzen. Schon von weitem sah ich den One America Plaza, ein riesiges Gebäude so ziemlich im Stadtinneren mit einem sehr markanten Dach. Das flaue Gefühl war wieder da und am liebsten wäre ich wieder umgekehrt. Dennoch parkte ich etwas weiter weg, hing den Helm über den Spiegel und lief zum Eingang des Gebäudes. Einige Menschen verließen es noch und machten wohl gerade Feierabend.

Die Serpens waren natürlich nicht die Einzigen in dem großen Gebäude, die Irvine Company war ebenfalls hier, weswegen ich so meine Befürchtungen hatte. Am Ende sprach ich noch den Falschen an.

Etwas verloren lief ich zu den Fahrstühlen und zog dann das Foto von diesem Conner aus der Tasche. Seine dunkelblonden Haare waren nun wirklich nicht selten und auch sonst sah er nicht sehr besonders aus. Keine Tattoos, Narben oder auffällige Klamotten. Er hatte zwar grüne Augen, die jetzt nicht ganz so häufig waren, aber ich konnte ja schlecht mit dem Foto durchs ganze Gebäude laufen und jeden Typen damit vergleichen. Genervt steckte ich das Foto wieder ein. Jackson hatte mich ja hervorragend vorbereitet! Vielen Dank auch. Aber vielleicht war auch genau Das der Test, er wollte sehen wie ich mich allein schlug.

Als der Fahrstuhl wieder aufging und ich die obere Etage betrat, sah ich mich suchend um. Ich hatte nicht mal einen Nachnamen, wie sollte ich also nach ihm fragen?

Plötzlich wurde ich von hinten geschupst und ich konnte mich gerade noch mit den Armen abfangen. „Geht's noch?!", blaffte ich die Person an und drehte mich schlagartig um.

„Tut mir leid", kam es nur von dem Idioten.

Ich stand wieder auf und funkelte ihn wütend an. Seine Entschuldigung war nicht wirklich gut und sein unsicheres Auftreten gab mir mehr Selbstbewusstsein. Als ich immer noch nichts sagte, senkte er den Blick etwas und ich nutzte die Gelegenheit, um ihn einmal genau zu mustern. Er war definitiv kleiner als ich und keinesfalls älter. Zudem hatte er tiefschwarze Haare, ebenso dunkle Augen und mit seiner gebräunten Haut, wirkte er schon fast wie ein Latino.

Genervt seufzte ich. „Sorry, dass ich dich so angegangen bin. Ich bin Miles und es ist nur so, dass ich jemanden suche und dezent unter Zeitdruck stehe", erklärte ich ihm und fragte mich noch im selben Moment, wieso ich ihm das eigentlich erzählte. Vielleicht hatte ich ein schlechtes Gewissen, keine Ahnung.

„Damien", gab er eintönig und leise von sich. „Ist ja immerhin auch meine Schuld." Mein Blick wanderte nach unten zu seiner schwarzen Jacke. Auf seiner Brust stand Aprilia und die grün, weiß und roten Buchstaben ließen mich schmunzeln. Er war also auch Motorradfahrer, oder zumindest ein Fan. Die Welt war ja echt klein. „Wenn suchst du denn?", fragte er neugierig und holte mich aus meinen Gedanken.

Ratlos zeigte ich ihm einfach Conners Bild.

„Conner?", fragte er verwundert und sah mich skeptisch an. Dann wurde sein Blick etwas ernster. „Was willst du von ihm?"

Kurz dachte ich nach. Er war womöglich Rennfahrer, aber viel zu jung dafür, im Hauptgebäude der Serpens und kannte Conner. Er konnte ja quasi nur zu ihnen gehören. „Hab gehört er kann was besorgen", sagte ich daher offen und steckte das Bild wieder in meine Jackentasche. Notfalls könnte ich noch als Scherz verkaufen.

„Sag das doch gleich. Ich kann dich zu ihm bringen, wenn du willst", antwortete er und schlagartig war seine Stimmung anders. Schnell nickte ich und wir stiegen wieder in den Fahrstuhl. „Siehst gar nicht aus wie ein Junkie, oder-"

„Ist ja auch nicht für mich", unterbrach ich ihn. Damien war daraufhin still und es herrschte eine unangenehme Stille. Ein leises Pling ertönte und der Fahrstuhl hielt an, dann öffnete sich die Tür. Niemand war hier. Nur die Einsamkeit und die Stille. Hier war alles ganz anders eingerichtet, aber modern. Nichts ließ hier drauf vermuten, dass dies eine Gang war, die ihren Unterhalt mit Erpressungen und Drogen verdiente. Es schien, als würde alles korrekt ablaufen und von der wahren Geldquelle wussten mit Sicherheit die wenigsten. Nach außen war es eine seriöse Firma, die im Export und Import tätig war.

Ich folgte Damien zu einer Tür mit der Nummer 125. Dort klopfte er an und anschließend betrat er den Raum, ich ebenfalls.

Der Raum war riesig und wurde von hellen Fenstern erhellt, die so groß waren wie die Wand. Alles in einem, war es sehr modern und fast schon steril. Gemütlich war jedenfalls nicht. An dem großen Schreitisch saß dann auch die Person, die ich gesucht hatte. Conner. Er war mit seinem Laptop beschäftigt und sah so konzentriert recht friedlich aus.

„Ah Damien, was gibt's?", wollte er wissen und hob nur kurz den Kopf. Mich würdigte er nicht eines Blickes. Für ihn war ich nur einer von vielen.

„Das ist Miles, er ist wegen einer Drogenlieferung hier", erklärte Damien locker und sah mich kurz an. Conner nickte kaum merklich und Damien verließ den Raum.

Dann bohrten sich seine grünen Augen in meine. Sie hatten einen leichten Gelbstich und wirkten genauso misstrauisch, wie die von Ryan. Prüfend musterte er mich einmal von unten bis oben. „Du siehst nicht wie jemand aus, der Drogen nimmt, geschweige denn etwas damit zu tun hat. Eher wie jemand, der brav nach allen Regeln spielt und noch bei Mami und Papi wohnt", sagte er emotionslos und lehnte sich im Stuhl zurück.

Den Schmerz in meinem Herzen ignorierte ich. Denn er hatte ja recht, nur war Das Vergangenheit. „Ich nehme auch keine, ist nur ne Lieferung für nen Kollegen und Mami und Papi sind tot", gab ich eisig zurück. Seine Fassade bröckelte für einen Moment, doch er fing sich schnell wieder.

„Wenn das so ist. Was soll's denn sein?", wollte er wissen. Ich gab ihm die Liste, die Jackson mir gestern gegeben hatte. „Hm. Willst ja ganz schön groß anfangen, was?", lachte er und gab etwas in seinem Computer ein. Mein Blick wanderte derweil unauffällig über seinen Schreibtisch. Meine Augen scannten die Papiere und blieben dann an einem hängen. Es war eine Tabelle mit allen möglichen Daten zu Personen. Offenbar ein Lieferplan.

Ich ging Zeile für Zeile durch und versuchte mir den Namen zu merken, für den die Meisten und größten Lieferungen waren. Adin Tanaka, der musste echt Kohle haben. Die Lieferung war in zwei Tagen und so viel, wie er wollte, verkaufte er es am Ende auch nur weiter. Ich wollte gerade weiterlesen, als auf einmal Conners Hand auf das Papier knallte und ich heftig zusammenzuckte.

RIDERS ~ Burn For ThisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt