Am nächsten Tag war ich die ganze Zeit aufgeregt. So ein Gefühl hatte ich noch nie, wenn ich ein Treffen hatte und irgendwie machte es mir leicht Angst. Das war auch der Grund, weswegen ich stundenlang Need for Speed zockte und die Uhr in meinem Zimmer ignorierte. Was meinen Onkel betraf, mit ihm hatte ich mich beim Essen wieder vertragen, vorausgesetzt, es gab nicht wieder neue Auffälligkeiten.
So lief ich kurz vor der vereinbarten Zeit hastig die Treppe hinunter und zog mir im Flur schnell die Schuhe an. Am Ende kam ich noch zu spät und das wollte ich auf keinen Fall, auch, wenn Ruby es wahrscheinlich von ihrem Bruder gewohnt war.
„Wo willst du eigentlich hin?", wollte mein Onkel wissen, der sich an die Wand lehnte und mich amüsiert beobachtete.
Doch ich schnappte den Rest meiner Sachen und hechtete hinaus mit dem Kommentar, „Keine Zeit, hab ne Verabredung!"
Schnell war ich bei meiner Maschine und setzte meinen Helm auf. Noch schneller war ich auf der Straße. Rubys Adresse hatte ich vorher zur Sicherheit mal gegoogelt, denn ich hatte ja keine besonders gute Orientierung. Es war keine Überraschung, dass Ruby im Gebiet der Hydra wohnte. Dafür hatte Ryan mit Sicherheit gesorgt.
Ich überschritt mal wieder die zugelassene Geschwindigkeit und sauste durch die Straßen, ohne wirklich Rücksicht auf die Verkehrsregeln zu nehmen. Das würde mir bestimmt irgendwann nochmal zum Verhängnis werden, aber ich war spät dran! Quietschend kam ich vor Rubys Haus zum Stehen. Sie wohnte noch bei ihren Eltern, verständlich.
Nachdenklich sah ich auf das Grundstück. Das rötliche Haus schien recht friedlich, aber dennoch hatte ich meine Vorurteile gegen Rubys Eltern. Immerhin hatten sie ihren eigenen Sohn hinausgeworfen. Klar, er war schon lange volljährig und hatte die Schule einfach geschmissen, zudem waren Drogen keine kleine Sache, aber es machte sie in meinen Augen nicht grad symphytisch. Da würden sie sich über mich als Freund ihrer Tochter ja bestimmt freuen, dachte ich mir nur.
Laut Ruby war Ryan selber schuld an dem Ganzen. Er hatte sich bewusst entschieden, sowie ich. Niemand hatte ihn gezwungen.
Dann öffnete sich die Haustür und eine strahlende Ruby kam heraus. In ihrer rechten Hand hielt sie einen pinken, schwarzen Helm und sie sah einfach perfekt aus. Ihre roten Haare lagen leicht auf ihrer Schulter und ihr Lächeln raubte mir fast den Atem. „Hey!", begrüßte sie mich, dann setzte sie sich ihren Helm auf.
„Hi, na bereit?", fragte ich und beugte mich mit meinem Oberkörper leicht nach vorne, damit sie aufsteigen konnte.
Mit Leichtigkeit stieg sie auf die verkleidete Maschine und hielt sich auch sofort an mir fest. „Klar!"
„Na dann." Ich klappte mein Visier runter und startete den Motor. Als ich langsam anfuhr und meine Füße wieder auf die Fußrasten stellte, hielt sie sich noch mehr an mir fest, was mich zum Lächeln brachte. Es war ein schönes Gefühl, ihr so nah zu sein, aber es war auch das erste Mal, dass ich jemanden mitnahm, der nicht gerade kurz vor der Bewusstlosigkeit war, sowie Jackson. Mit ihr war es so viel leichter. Sie war nicht so schwer und hielt sich gut fest. Man merkte, dass sie oft bei jemanden mitfuhr. Durch den kalten Fahrtwind steckte sie ihre Hände in meine Jackentaschen und mir wurde warm ums Herz. Zum Glück hatte ich den Hydra Aufkleber noch nicht. Das würde nur unangenehme Fragen geben.
Meine R6 parkte ich etwas entfernt vom Club. Zum einem wegen der Parkplätze und zum anderen, wusste man ja nie, wer sich hier so rumtrieb.
Den Rest liefen wir einfach entspannt, dabei erzählte mir Ruby von ihrem Schultag und regte sich darüber auf, dass ihre Freundin sie beim Schoppen einfach stehengelassen hatte. Ich konnte nur schmunzeln, shoppen war einfach der Horror. Da konnte ich Ruby in keiner Weise verstehen.
Wir mussten nicht mal so lange anstehen. Und zu unserem Glück war Eka auch da. Er hatte mich schon von weitem gesehen und mit seinem Blick gab er mir zu verstehen, dass es heute wohl keine Probleme geben würde. Als wir an der Reihe waren, kontrollierte er unsere Ausweise und ließ uns, trotz unseres mangelnden Alters, rein.
„War das dein Bekannter?" fragte Ruby mit lauter Stimme neben mir, da die Musik unglaublich laut war.
Ich nickte nur und zog sie schnell weiter, ehe sie weiter nachfragen konnte. Schließlich wollte ich den Abend genießen, ehe ich zu meinem Auftrag musste. Dann würde die Hydra eh wieder präsent sein. So drängelten wir uns an die Bar und holten unsere Getränke. Ich verzichtete trotzdem auf den Alkohol. Immerhin musste ich noch Heim fahren und wollte Ruby nicht in Gefahr bringen. Zudem war die Vorstellung, betrunken vor Conner zu sitzen, nicht besonders angenehm.
Es war relativ warm und überfüllt. Körper rieben sich aneinander und viele tanzten zur lauten Bass Musik, die in meinen Ohren dröhnte. Ich hatte einen der Plätz am Rande im Visier und spürte plötzlich Rubys Hand an meiner. Meine Mundwinkel zuckten nach oben und ich drückte ihre Hand leicht, während wir uns weiter zu dem Platz kämpften.
Bunte Lichter erhellten den Raum und es herrschte eine lockere und angenehme Stimmung. Mir stieg bereits der starke Geruch von Alkohol in die Nase und erleichtert setzte ich mich gegenüber von Ruby hin.
„Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, hierherzukommen?", wollte Ruby mit einem schelmischen Grinsen wissen, während sie mit dem Strohhalm aus ihrem roten Cocktail trank.
Ich grinste leicht. „Wollt schon immer mal hier rein und da musste ich sofort an dich denken."
„Cool, war ne gute Idee. Aber sag mal...", zögerte sie und ich zog in unguter Erwartung die Augenbrauen zusammen. „Wo warst du eigentlich gestern?"
„Wieso fragst du?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Naja, Alec war auch nicht da."
„Ich hab verschlafen", erklärte ich und ignorierte das schlechte Gewissen, welches wahrscheinlich irgendwann verschwinden würde. „Was mit Alec ist, keine Ahnung."
Ihre grünen Augen bohrten sich in meine und versuchten offenbar herauszufinden, ob ich die Wahrheit sagte. Sie hatte einfach so viel Ähnlichkeit mit Ryan. „Okay", lachte sie misstrauisch. Dann hellte sich ihr Gesicht auf. „Weißt du eigentlich schon, was du nach der Schule machen willst? Immerhin ist das unser letztes Jahr."
„Noch nicht so richtig", gab ich zu und lenkte dann das Gespräch lieber auf Ruby. Dort erfuhr ich dann auch, dass sie gerne Finanzmanagement studieren würde. Irgendwie passte das zu ihr. Ihre Hobbys waren eigentlich so ziemlich das größte Klischee. Sie liebte Schoppen über alles und konnte sich schon immer fürs Zeichnen begeistern.
Den ganzen Abend sprachen wir noch über Gott und die Welt und lernten uns so besser kennen. Wobei es bei mir nicht sonderlich viel zu erzählen gab. Über mein früheres Leben sprach ich nicht gern und alles, was die Hydra betraf, musste ich verschweigen. So flüchtete ich irgendwann auf die Toilette und nutzte die Gelegenheit, um mir mein Gesicht einmal zu waschen und auf die Uhr zu sehen. Schon halb neun.
Enttäuscht stieß ich die Luft aus. Das nächste Treffen, wenn es denn überhaupt eins gab, würde ich zeitlich besser organisieren. Stress war nichts für mich. Meine Hände stützte ich am Waschbecken ab, während mir das Wasser vom Gesicht tropfte, welches ich nass gemacht hatte. Meine Augen brannten schon die ganze Zeit über wegen der grellen Lichter, weswegen ich sie zusammenkniff. Anschließend ging ich wieder raus und hoffte, dass Ruby nicht noch länger hierbleiben wollte.
DU LIEST GERADE
RIDERS ~ Burn For This
Action• 𝐁𝐚𝐧𝐝 𝐈 • Als Miles nach San Diego kommt, sucht er den Adrenalinkick, das alltägliche Leben hat er satt. Sein Weg führt ihn zur Hydra, einer kriminellen Motorradgang, die ihn höchstwahrscheinlich auf die falsche Bahn bringen wird. Nur gibt es...