Puck
Ein paar Minuten später stand nicht mehr mein Halbbruder, sondern ein Sommerritter vor mir.
Er hatte lange weizenblonde Haare, die ihm über den Rücken fielen. Seine Haut hatte einen goldbraunen Ton, so als hätte er sein ganzes Leben in der Sonne verbracht. Auch Jace‘ Gesichtszüge hatten sich verändert und statt bernsteinfarbenen Augen hatte er nun hellblau funkelnde. Er trug eine grün-goldene Rüstung deren Brustpanzer vom Kopf eines großen Hirsches geziert wurde. Schließlich trug er um die Schultern einen schicken, goldenen Umhang, dessen Saum mit Stickereien aus Blättern verziert war.
Kurz: Man erkannte ihn nicht wieder. „Perfekt. Also, Blondie, du weißt, was du zu tun hast?“ „Ich platze irgendwie in diese Party von Titania rein und halte sie hin, bis du mir ein Zeichen gibst. Dann versuche ich irgendwie mich so schnell und unauffällig wie möglich aus dem Staub zu machen. Wir treffen uns dann mit Grimalkin und Kierran am vierten Dornenbusch von links wenn man aus dem Irrgarten kommt. Also irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir etwas übersehen haben.“
„Also bitte“, Grim nieste verärgert: „Meine Pläne funktionieren immer.“
„Und woher weißt du das?“, fragte Jace wütend.
Ich versuchte ein Lachen zu unterdrücken. Hach, war das herrlich amüsant.
„Ich bin eine Katze.“, lieferte Grim die Erklärung und jetzt konnte ich mich nicht mehr halten. Ich prustete los, was mir von Jace einen bösen Blick einbrachte. Dass der Kater das antworten würde, hätte ich ihm auch schon vorher sagen können.
Ich trat hinter Blondie aus dem Zimmer, salutierte spöttisch und wünschte ihm viel Glück. Ich wartete ein paar Sekunden, bis er um die Ecke war und lief dann selbst los. Schon wieder diese langen Wege...
Am Tor des Gartens angekommen verwandelte ich mich in einen Raben und flog so schnell ich konnte zum Mittelpunkt des Irrgartens. Fast hätte ich in der Eile einen Baum übersehen, aber nur fast... Ich landete direkt vor dem goldenen Käfig und ließ den Mantel aus Schein um mich herum fallen. Cat befand sich - wie zu erwarten - nach wie vor in dem Käfig und hatte sich auf dem Boden zusammengerollt. Nun hob sie den zierlichen Katzenkopf und sah mich zuerst erstaunt und dann ziemlich erleichtert an.
„Da bin ich wieder, Kätzchen. Hast du mich vermisst?“
Da war ein relativ dickes Schloss an der Käfigtür, aber das war für Robin Goodfellow natürlich kein Problem. Es seiden...
„Ach du kacke, das ist ja aus Eisen. Okay, das erschwert die ganze Sache ein klitzekleines bisschen.“
Ich versuchte, das Schloss ein bisschen mit Schein anzustupsen, aber es stellten sich augenblicklich die Übelkeit und das Schwindelgefühl ein, so dass ich sofort aufhörte.
Was soll ich denn jetzt machen? Ich muss Cat da raus holen. Aber wie, wenn dieses verdammte Schloss aus Eisen ist?
Meine trüben Gedanken wurden von einem Maunzen unterbrochen. Ich sah auf Cat hinab und sie erwiderte den Blick mit ihren strahlend blauen Augen. Sie miaute noch einmal und unbewusst kam mir wieder ein ganz besonderer Moment in den Sinn, noch gar nicht allzu lange her.
Sie sah mich aus ihren strahlend blauen Augen entschuldigend an. „Oh, sorry. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich geh dann mal lieber...“ Sie wollte aufstehen, doch ich hielt sie am Handgelenk zurück. „Nein, bleib hier. Bei mir.“ Ich lächelte sie ein wenig unsicher an und als sie immer noch wie erstarrt in dieser halb-Sitzen-halb-Stehen-Pose verharrte, ließ ich meine Hand sinken und senkte den Blick. „Du musst natürlich nicht...“, murmelte ich nur und sah überall hin, nur nicht zu ihr.
Ich erwartete die ganze Zeit, Schritte zu hören, aber es kam nichts. Eine Weile lang wartete ich noch, aber es war totenstill auf der kleinen Lichtung. Selbst das ganze Ungeziefer in den Büschen schien die Luft anzuhalten.
Ich entschloss mich, einen kleinen Blick zu riskieren und hob langsam wieder den Kopf. Dort, mir direkt gegenüber, saß das Kätzchen und lächelte mich schelmisch an. „Das hat aber lang gedauert! Und ich dachte immer, du wärst so uneinschüchterbar... Oder so...“
Nun musste auch ich grinsen. Ich sah Cat in die Augen und sie erwiderte den Blick.
Aus einem Impuls heraus näherte ich mich ihr langsam, bis nur noch wenige Zentimeter zwischen uns waren. Ich sah sie leicht fragend an und sie biss sich auf die Unterlippe und nickte.
Ich überbrückte die kleine Entfernung und küsste das Kätzchen. Der Kuss war sehr zärtlich und auch nicht lang, aber ich spürte, wie die Gefühle in mir explodierten.
Sowas hatte ich noch nie gefühlt, nicht einmal, als ich Meghan mal geküsst hatte.
Nun kam Cat auf mich zu, stand auf und zog mich hoch. Dann küssten wir uns noch einmal, doch diesmal leidenschaftlicher und länger. Ich zog die Púca an mich und legte meine Arme um ihre Taille, sie schlang mir die Arme um den Hals.
Ich vergaß alles um mich herum und versank in dem Kuss. Plötzlich merkte ich, wie mein Bein unter mir wegknickte und wir beide fielen zusammen auf den Boden und lachten, bis uns der Bauch schmerzte.
Plötzlich fühlte ich mich stark. Sogar in einer so aussichtslosen Situation wie dieser. Ich wusste, wenn ich es wollte, konnte ich es auch schaffen. Das musste das Kätzchen auch bemerkt haben, denn sie miaute noch einmal ermutigend. Noch eine Aufforderung brauchte ich nicht.
Ich richtete mich auf und schloss die Augen. Natürlich war um uns herum alles mit Schein vollgepumpt. Ich zog Magie aus dem Gras, den Blumen, den Hecken, dem Wald, der Luft und dem Land selbst. Den Schein bündelte ich in mir und formte ihn zu einem pulsierenden Strahl. Ich sammelte mich noch einmal und ließ den gesamten Schein auf eine einzige Stelle los: Das Schloss am Käfig.
Natürlich wirkte das Eisen auf mich, aber ich gab nicht auf. Ich musste es einfach schaffen, eine andere Option gab es gar nicht. Schon wenige Momente lief mir der Schweiß in die Augen und ich fühlte mich völlig verausgabt. Ich zog noch mehr Schein an mich und erhöhte den Druck auf das Schloss. Es bewegte sich kein bisschen.
Jace
Wieso muss immer ich den Idioten spielen?
Ich ging gerade möglichst schnell und mit gesenktem Blich in Richtung Thronsaal, um Titania abzulenken, auch wenn ich immer noch nicht so genau wusste, wie.
Puck hatte mir zwar grob erklärt wer dieser Sir Torin war und was ich zu tun hatte, aber eben nur grob. Er hatte nur gesagt, dass ich Titania die Geschichte auftischen sollte, dass mein Gefährte auf unserem letzten Abenteuer - der Suche nach dem goldenen Drachenei - tragischer Weise kurz vorm Ziel umgekommen war.
Den Rest sollte ich improvisieren. Er hatte das glaube ich, „künstlerische Freiheit“ für mich genannt.
Außerdem hatte ich irgendwie das Gefühl, dass er mir nicht ganz alles über den Sommerritter erzählt hatte... Ich wusste zum Beispiel, dass dieser Sir Torin normalerweise mit einem gewissen Sir Fagan zusammen unterwegs war und dass die beiden fast nie bei Hofe waren. Das wars eigentlich auch schon.
Irgendwann bringe ich ihn um. Wenn wir erst Cat hier rausgeholt haben...
Ich sponn meine Pläne, wie ich meinen Halbbruder umbringen wollte noch ein wenig weiter, als sich plötzlich der Boden unter meinen Füßen veränderte. Ich sah hoch und bemerkte, dass ich mitten auf einem Platz voller Feen stand. Genau gegenüber von mir war ein großes Portal, das offensichtlich in den Thronsaal führte.
Na dann mal los. Auf in die Höhle des Löwen.
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Zwischen den Welten [ALTE VERSION]
FantasyACHTUNG! Das hier ist eine alte Version der Geschichte! Wenn du die neue (und bessere) Version lesen willst, geh auf mein Profil, da ist sie unter dem selben Namen wie diese Geschichte hier :) ****** Was tust du, wenn sich mit einem einzigen Schritt...