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Jace

Als ich auf der anderen Seite des Portals ankam, fand ich mich auf einer von riesigen Bäumen umstandenen Lichtung wieder. Die Bäume standen sehr dicht und waren so dick und belaubt, dass ich kein Stückchen Himmel entdecken konnte.

Zu meinen Füßen waberten Nebelschwaden über den Boden und alles war düster und still, so, als wäre der Wald in einem ewigen Zwielicht gefangen.

Ich drehte mich einmal um mich selbst und entdeckte wenige leuchtende Farbtupfer, die das Grau durchbrachen.

Hier fand sich eine Ansammlung von Blüten, die schon fast blau leuchteten. Dort wand sich eine Ranke mit blutroten Dornen um eine Eiche, welche sie langsam, aber sicher tötete.

Nun blickte ich nach oben. Dort schwirrten scharenweise Insekten und ich glaubte glockenhellen Gesang zu vernehmen.

Zunächst schien der Wald, als wäre er völlig leblos, doch dann bemerkte ich mit meinen geschulten Instinkten Bewegungen in den Schatten und zwischen den Bäumen, ich hörte, wie Blätter raschelten und von überall her schienen mich unsichtbare Augen zu beobachten

Ich staunte und musste unwillkürlich an Idris, meine Heimat, denken.

Ich lebte zwar im Institut von New York, aber Idris war für alle Schattenjäger die „Heimat“.

In Idris selber war ich nicht mehr gewesen, seit ich hier im Institut lebte, aber überall hingen Bilder von der gläsernen Stadt.

Plötzlich erwachte ich aus meinen Grübeleien und mir fiel wieder ein, dass ich ja Cat suchen wollte. Deswegen war ich ja überhaupt erst hierhin gekommen.

Ich war schon kurz davor, laut Cat zu rufen, als mir einfiel, dass vielleicht doch keine so gute Idee war. Wer wusste schon, was sich hier alles rumtrieb.

Plötzlich raschelte es im Gebüsch hinter mir und ich drehte mich blitzschnell um. Währenddessen zog ich meine Seraphklinge aus dem Gürtel, bereit mich gegen alles Mögliche zu verteidigen.

Doch dort stand nur meine jüngere Schwester mit einem schuldbewussten Blick. „Cat!“, rief ich nun doch, „wieso bist du einfach abgehauen?!“ Sie erwiderte nichts, sondern senkte nur den Blick.

Ich wartete einige Augenblicke und wiederholte dann meine Frage. Statt einer Antwort stellte sie mir eine Gegenfrage: „Wieso bist du mir denn hinterhergekommen?“, schrie sie aufgebracht, „Ich kann auch gut auf mich selber aufpassen!“

„Ja, klar, aber wieso haust du denn überhaupt ab?“

„Weil… Weil… Wieso kommst du mir denn hinterher?“

„Ich hab dir eine Frage gestellt!“

„Ich dir auch!“

„Ja, aber ich zuerst!“

 „Also ich finde ja, Blondie hat Recht.“, ertönte plötzlich eine neue Stimme, zu der wir uns überrascht umwandten,

„und nur mal so nebenbei: Wenn ihr weiter hier so rumschreit, lockt das ziemlich unangenehme Viecher an.“

Dort stand ein Mann mit grünen Augen und leuchtend rotem Haar, der einen grünen Kapuzenpulli und eine braune Hose trug. In seinem rechten Bein steckte ein Stachel, so dass er dieses nicht richtig belastete.

Neben dem Mann stand ein Junge mit langem silbernem Haar, der uns neugierig beobachtete.

Zum Glück hatte ich noch meine Seraphklinge in der Hand, welche ich nun hob und mich in Kampfposition vor Cat stellte.

Zwischen den Welten [ALTE VERSION]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt