𝚜𝚒𝚎𝚋𝚎𝚗

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Schwer lehnte ich meinen Kopf gegen das Fensterglas des Wagens und sah die Stadt an mir vorbei ziehen. Wie die Reihenhäuser irgendwann verschwanden und die kleinen Hütten der Southside auftauchten.

Unwillkürlich musste ich an gestern Abend denken und daran, das es vielleicht nicht so geendet hätte, wäre ich nicht dazwischen gegangen. "Wieso bist du so still zur Zeit Brooke?", ertönte Mom's Stimme neben mir, weshalb ich mich wieder aufrichtete und ihr dabei zu sah, wie sie den Wagen in einen Waldweg fuhr. Doch ich schwieg.

"Du weißt, das du mir alles sagen kannst, nicht wahr?", ich lächelte nur und nickte, ehe sie den Motor abstellte und durch die Frontscheibe auf eine dieser Holzhütten sah. Es wirkte sofort ziemlich gemütlich auf mich.

"In Ordnung, bleib du hier, ich rede kurz mit dem Jungen.", schnallte sie sich lächelnd ab und verschwand schon im nächsten Augenblick aus dem Auto und steuerte auf das kleine Haus zu.

Ich hätte vielleicht doch nicht mitkommen sollen, immerhin habe ich jetzt genauso viel Zeit, nachzudenken. Ich meine, hätte JJ wirklich abgedrückt und ihn - ihn getötet? Sie waren immerhin alle ziemlich betrunken. Wahrscheinlich wusste er nicht einmal, was er tat. Oder?

"Nein Brooke, das geht so nicht.", lachte ich verzweifelt auf und stieß die Beifahrertür auf, nur um ebenfalls kurz darauf auf das Haus zuzusteuern. Ich brauche Ablenkung und jeden und alles für einen Moment vergessen, selbst die vier Pogues können für ein paar Tage mir gerne gestohlen bleiben, denn ich brauche Zeit, um zu vergessen, das sie ziemlich gewalttätig sein können. Doch es war nur der Alkohol, nicht wahr?

Knarzend öffnete ich die Tür der Hütte. "Mom?", rief ich, brauchte jedoch nicht einmal eine Antwort erhalten, da stieß ich schon auf sie. Doch im selben Moment begegnete ich auch demjenigen, dem jetzt ein dickes Veilchen über seinem linken Auge prangt, weshalb ich sofort inne hielt. Nein, nicht dein ernst oder?

"Brooke?", kam es ziemlich überrascht von John B, ehe sein Blick jedoch zu meiner Mom sprang, die nur nickend zu ihm sah. "Ich - ich warte dann doch im Wagen.", das muss für ihn ziemlich verwirrend sein. Doch für mich war es einfach nur - argh.

Wieso war John B der Junge mit dem Problem mit dem Jugendamt? Wieso nicht irgendein anderer Typ, der mir noch nie über den Weg gelaufen ist? Und jetzt weiß er auch noch von meine Verbindung mit dem Sheriff / meiner Mom. Kann der Tag überhaupt noch schöner werden?

"Scheinbar kennst du John B.", öffnete Mom ihre Tür und ließ sich neben mir fallen. "Was passiert mit ihm?", stellte ich jedoch nur eine Gegenfrage und sah sie an, was ihr zu missfalle schien.

"Wenn er weiter so macht, Pflegeunterbringung auf dem Festland oder Jugendknast, denn gestern Abend hatte er eine Prügelei, bei dem eine Waffe im Spiel war.", ich schluckte kaum merklich und nickte nur. "Eine Waffe? Klingt ziemlich krass.", Brooke, keine Sorge, sie weiß nichts von gestern. Überspiele es einfach.

"Doch der Junge hat niemanden mehr. Kein Vorbild, nach dem er leben kann."

"Hilfst du ihm? Er scheint ... nett zu sein und ich mag ihn.", entgegnete ich und sah, wie sie den Motor startete und nickte, ehe mein Blick wieder nach vorne fiel und ihn dort stehen sah.

"Hey Babe.", kam es grinsend von Rafe, als ich ihm die Tür öffnete, nach dem ich einige Stunden schweigend in meinem Zimmer verbracht hatte. "Hey.", erwiderte ich schwach und gab mich seinen kurzen Berührungen hin.

Doch sofort hielt er inne und stemmte mich von sich, nur um mich zu mustern. Seine durchdringlichen blauen Augen starrten mich nun regelrecht an. "Was ist?", kam es pustend von mir und ich hielt regelrecht meinen Atem an. "Topper meinte du warst gestern mit bei diesen Pogues.", er zischte das letzte Wort regelrecht und zog mich schnell ins Haus, um kein Aufsehen zu erregen. "Ja das war ich, denn immerhin hatte er mich und Sarah gefragt, ob wir mitkommen wollen.", verdrehte ich meine Augen und legte meinen Kopf in den Nacken.

Doch ich erkannte schon allein an seinem Blick, das diese Antwort ihn nicht zufrieden stimmte. "Er meinte auch", ich spürte, wie sein griff fester wurde und versuchte den aufkommenden Schmerz zu unterdrücken, "das du diese kleinen Scheißer schon kanntest und den einen mit der Waffe aufgehalten hast.", zischte er und drückte mich immer weiter gegen die Wand, so dass ich die geriffelte Tapete schon an meinem Rücken spürte.

"Rafe, bitte, du tust mir weh!", versuchte ich mich aus seinen Griffen zu wenden, doch das erschien mir dieses Mal unmöglicher als sonst.

"Du weißt, das die Southside kein Ort für dich ist, oder soll ich dir das noch einmal verdeutlichen?", er wurde lauter und seine Hand verfestigte sich immer stärker um meinen Arm. Ich konnte nicht antworten, spürte nur seinen Atem auf meiner Haut und seine brennenden Blicke.

"Rafe, bitte beruhige dich.", wimmerte ich und drehte meinen Kopf zur Seite, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. Ich hätte schon vor Wochen mit ihm Schluss machen sollen. Warum tat ich mir das überhaupt noch an?

Langsam tastete ich mich mit meiner freien Hand die Wand entlang zu dem kleinen Regal und ließ den brennenden Schmerz über mich ergehen. "Brooke, soll ich dir das wirklich noch einmal verdeutlichen?", fuhr er mit seiner anderen Hand über meine Haare, ehe sie sich auf meinem Hals absetzte und er langsam begann fester zuzudrücken.

Scheiße.

"Rafe!", keuchte ich und versuchte mich aus seinen Griffen zu lösen. Vergeblich.

Meine Atmung erschwerte sich, jedoch hörte ich nicht auf, nach der Vase zu greifen, die sich auf dem Regal. befand. "Brooke, komm schon, das kannst du besser.", grinste er mich an, drückte jedoch immer weiter zu.

Ich spürte schon, wie sich alles begann zu drehen. Doch just in diesem Moment, bekam ich die Vase zu greifen und schlug sie ihm über, so dass er taumelnd zurück fiel und ich schnell die Chance nutzte, zu fliehen.

Ich rannte.

Ich rannte um mein Leben.

Ich achtete gar nicht auf die Blicke der Nachbarn.

Ich rannte nur.

Mit zitternden Händen und Tränen in den Augen versuchte ich Kiara's Nummer zu wählen, die sie mir gestern gegeben hatte. "Bitte, bitte komm schon.", rannte ich weiter und hielt mein Handy an mein Ohr, ohne zurück zu blicken.

"Brooke, hey?", kam es zögerlich von ihr, so dass ich erleichtert aufatmete und in eine Seitenstraße einbog. Es war ein Weg, der mich schneller in den Wald führte.

"Brooke?", dieses Mal klang sie verzweifelter. "Kiara, kannst -", ich stoppte kurz und sah mich um. Er folgte mir nicht. "Hast du irgendeine Möglichkeit mich abzuholen?", fuhr ich keuchend fort und bemerkte, wie im Hintergrund die Stimmen der Jungs auftauchten.

"Bitte", dieses Mal klang ich ziemlich verzweifelt.

"Wo bist du?"

together alone × 𝐨𝐮𝐭𝐞𝐫 𝐛𝐚𝐧𝐤𝐬Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt