Graues Haar. Markante Gesichtszüge. Der muskulöse Mann baute sich regelrecht vor mir auf und schaute mit grimmiger Miene zu mir hinunter. Er konnte mich nicht anfassen, ohne sich zu verbrennen. Er kam nicht an das kleine Juwel ran, welches sich in einem Anhänger um meinem Hals befand. Die Wut war ihm ins Gesicht geschrieben.
Am liebsten würde er mir meinen kleinen Hals umdrehen. Es war ihm egal, ob ich ein Kind war oder nicht. Er wollte nur das zurückhaben, was ihm gehörte. Die Schreie meiner Eltern waren lange vorher abgeklungen. Es war vergleichsweise zu eben, ungewöhnlich ruhig. „Ich werde wiederkommen. Jashin wird nicht immer über dich wachen!", sprach er mit einer dunklen Stimme, bevor er sich umdrehte und mich, mit den Leichen meiner Eltern, in dem kleinen Haus allein ließ
°~°~°~°
Es war schwer gewesen aus dem Bett zu kommen. Der Albtraum saß mir noch immer tief in den Knochen. Dieses Gesicht würde mir wohl für immer ins Gedächtnis gebrannt sein. Jedes Mal hinterließ es eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Seufzend machte ich mich fertig und stapfte durchs Dorf. Spontan entschied ich mich Sasuke einen kleinen Besuch abzustatten. Doch bis ich das Krankenhaus erreichte würde es etwas dauern, denn ich schlurfte so kraftlos und müde durch die Straßen, dass ich nur langsam vorwärtskam. Den Tag hätte ich viel lieber im Bett verbracht.
„Na? Mal wieder die Nacht durchgemacht?", wurde ich auf einmal gefragt, als ich durch das Eingangstor des Krankenhauses stiefelte. Vor Schreck sprang ich in die Luft. Kakashi stand lässig am Zaun gelehnt, seine Nase ins Buch vergraben. Ich seufzte. „Es gab eine Zeit, da hast du sogar mitgemacht", antwortete ich. Er steckte währenddessen sein Buch weg und kam mir einige Schritte entgegen. Auch wenn es kaum vorstellbar war, wir hatten uns oft die Nächte um die Ohren gehauen. Es war selten, dass wir das allein machten, weil wir immer in einer kleinen Gruppe unterwegs waren. Ich wusste noch wie ich von allen „Küken" genannt wurde, da ich mit Abstand die Jüngste in der Runde war. Ich wollte schon weiter Richtung der Eingangstüren laufen, wurde jedoch zurückgehalten. „Warte mal! Da ist noch etwas was ich fragen wollte", rief Kakashi mir hinterher. Seine Augen sahen so ernst aus, was mich sofort unsicher werden ließ. Hatte ich wieder was angestellt? „Wie du sicher mitbekommen hast, war Orochimaru bei den Prüfungen", fing er an und erhielt ein Nicken, ,,Ich sollte dir etwas ausrichten". Er zögerte und kratze sich am Hinterkopf. „Heihachi Mishima lässt Grüße ausrichten". Das Blut gefror mir in den Adern. Jetzt hatte er sogar noch Kontakt zu Orochimaru. „Was hast du mit ihm zu tun?", fragte er, mit deutlichem Misstrauen im Gesicht geschrieben. Seine Arme hatte er vor seiner Brust verschränkt. „Nicht das was du denkst und das enttäuscht mich wirklich!", sprach ich, deutlich angesäuert. „Was soll ich sonst denken? Der Kerl ist unberechenbar und gefährlich, außerdem weiß man bei dir nie", antwortete er und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß! Aber... Es ist so... Er bedroht meine Familie schon seit meiner Kindheit. Wir haben angeblich etwas, was ihm gehört", erklärte ich kurz und fuhr mir mit meiner Hand gestresst durch das Gesicht. „Und?" „Nichts Und. Ich weiß davon nichts, wirklich". Und damit hatte ich gelogen. Ich wusste wo es war und würde bei niemanden ein Wort darüber verlieren. Es wäre zu gefährlich. Heihachi könnte einen von uns in die Finger kriegen und unter Folter zum Reden zwingen. Wenn nur ich es wüsste, wäre auch nur ich diejenige die diese Folter aushalten müsste.
Kakashi schickte mich danach weg, weil er was mit Sasuke zu besprechen hatte. Ich wusste nicht ganz ob er überhaupt schon wach war, aber Kakashi stiefelte ohne ein weiteres Wort ins Krankenhaus. Seufzend drehte ich mich wieder um und verließ das Gelände. Eine Ahnung was ich nun machen könnte hatte ich nicht. Doch dann traf die Erkenntnis ein wie ein Blitz. Entschlossen marschierte ich zum Hokagegebäude. Ich hatte noch ein Hühnchen zu rupfen.
Ohne zu klopfen trat ich die Tür zum Büro ein. Dabei riss ich diese beinahe aus den Angeln. „Liv! Was ist denn in dich gefahren?", fragte der Hokage irritiert und aufgeregt. Es kam immerhin nicht häufig vor, dass ich so hektisch und wütend in sein Büro platzte. Ich knallte meine Hände auf den Schreibtisch und stützte mich auf diesen ab. „Tja, das würde ich gerne mal dich fragen!", entgegnete ich ruhig, aber die Wut war deutlich heraus zu hören. „Was ist in Dich gefahren, mir den wahren Grund zu verschweigen, weshalb du mich hierbehalten willst?". Die Aufregung erfüllte meinen Körper. Meine Hände fingen gefährlich an zu kribbeln. Ich hatte gesagt, dass ich mich unter Kontrolle hatte, doch wenn ich so wütend war, war es schwer. Mein Atem ging stockend. Es war anstrengend das Feuer zurückzuhalten. „Du hast dich also ins Archiv geschlichen", seufzte er und legte den Pinsel zur Seite. „Tut mir leid, aber ich habe deinen Eltern versprochen dich erst einzuweihen, wenn ich der Meinung bin, dass du bereit dafür bist." Fassungslos starrte ich ihn an. „Kannst du mir jetzt mal bitte erklären was eigentlich los ist?", fragte ich ihn ungeduldig.
Er seufzte erneut und nickte schließlich ergeben. „Also schön. Deine Mutter war die Enkelin von Tobirama Senju. Es wurde in einem Rat entschieden, dass nur Nachfahren anderer Hokage oder deren Schüler das nächste Amt des Hokage übernehmen dürfen. Es hat lange gedauert bis entschieden wurde, dass es jemanden geben muss, der diese Kriterien erfüllt und bei einem Notfall einspringt, falls keine anderen Kandidaten existieren. Erst war es deine Mutter, doch mit ihrem Tod entschied man sich schließlich für dich", fing er an zu erzählen. „Ja genau! Und dann, wenn du stirbst oder kein anderer das Amt übernehmen will, hätten die Ältesten mir das mal gerade so erzählt. Wann bitte wäre dieser Zeitpunkt gekommen? Wenn ich dreißig oder gar vierzig wär? Ihr tickt doch nicht mehr ganz sauber!", schnauzte ich ihn laut an und lief im Raum auf und ab, während ich mit meinen Händen wild gestikulierte. Mit der Aufregung vergaß ich völlig mein restliches Benehmen. Fassungslos setzte ich mich schließlich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und stöhnte auf. „Und was ist mit diesem blöden Juwel?" „Ich habe deinem Vater aufgetragen das Juwel von den Mishimas zu stehlen, da es in den Händen dieser korrupten Familie nur Unheil bringen konnte. Er war erfolgreich, doch bevor er es mir überreichen konnte war es schon zu spät. Heihachi Mishima tötete deine Eltern und wollte das Juwel wieder an sich reißen, doch deine Eltern haben rechtzeitig dafür gesorgt, dass du und das Juwel in Sicherheit seid." Allmählig beruhigte ich mich wieder, je mehr ich hörte. Ich wusste, dass mein Vater das Juwel an mich weitergab, aber es gab keine Erklärung dafür, warum sich das Schmuckstück noch immer in meinem Besitz befand.
„Ich kann verstehen, dass du sauer bist, aber deine Eltern haben nicht umsonst beschlossen, dass es geheim bleibt. Du wärst oder bist noch immer in Gefahr", antwortete er ruhig. Sie hatten ja irgendwie Recht. Denn Heihachi hätte mich durch diese Information noch schneller wiedergefunden. Trotzdem hätte man es wenigstens mir erzählen können. „Ich will kein Hokage werden und würde das Amt ebenso ablehnen. Nur weil ich ein Nachkomme bin sollte mir also nichts geschehen, deshalb hast du mir auch nie wirklich gefährliche Missionen gegeben", sprach ich mit gesenkter Stimme und ließ meinen Kopf hängen. „Ja", antwortete Sarutobi kurz und schaute mich schuldbewusst an.
„Du bist Tobirama in gewisser Weise sogar recht ähnlich", sprach Sarutobi auf einmal und schaute auf das Bild an der Wand. „Nein, nur die Haare", meinte ich abwinkend, konnte meinen Blick aber nicht lösen. Er sah so ernst und seriös aus. Vor ihm hatten bestimmt viele Respekt. „Bedenke, ich kannte ihn. Er hatte einen ebenso großen Beschützerinstinkt wie du, manchmal hast du das Gleiche Feuer in den Augen wie er und auch wenn er nicht so aussieht, hatte er einen einzigartigen Humor. Zwar nicht so wie sein Bruder, aber immerhin. Außerdem besitzt du sein Mundwerk". Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Ich hätte ihn gerne kennengelernt. Meine Wut war wie weggeblasen und machte stattdessen Freude und Trauer Platz.
![](https://img.wattpad.com/cover/223227844-288-k217408.jpg)
DU LIEST GERADE
SENJU NO HI - Geheimnisse
FanficNachdem Livia zum wiederholtem Male die Kontrolle über sich verlor und einen Freund damit schwer verletzte, flüchtete sie aus Angst vor sich selbst ins Exil. Mehrere Jahre blieb sie unauffindbar, bis der dritte Hokage nach ihr suchen ließ, um sie au...