Teil 19- Flieder

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Leere, absolute leere. Es gab nichts mehr, kein Gefühl, kein Geräusch, keine Regung in mir. Es war das absolute und unaussprechliche Nichts. Ein luftleerer Raum ohne jegliche Emotion. Ich wusste nicht, ob ich noch lebte. Nichts nahm ich wahr, ich war blind und taub in meinem eigenen Vakuum gefangen. Leere. Es war mich nicht möglich zu schreien, zu weinen, mich zu bewegen. Ich war vollkommen ausgefüllt von diesem lähmenden Schmerz.

Zehn Tage, zehn Tage ist es jetzt her seitdem mein Herz gestorben ist. Zehn Tage in denen ich regelmäßig erstickt bin. Jedes Mal schoss ich hoch und riss panisch meine Hände an meinem Hals, das Gefühl das ich erstickte überkam mich mit einem Schlag. Ich japste nach Luft, versuchte zu atmen, doch ich erstickte. Erstickte an dem unglaublichen Schmerz in meinem Herzen. Er drückte mir die Luft weg, zersprengte meinen Brustkorb und ließ mich immer wieder in ein schwarzes Nichts sinken. Ich schlief nicht, sondern fiel einfach zurück in meine Laken. Jedes Mal, immer wieder aufs neue. 

Heute Morgen, für einen winzigen Augenblick, dachte ich, sie liegt neben mir. Wie wild hatte mein Herz gepocht, doch dann war sie weg. Meine Fantasie hatte mir einen bitteren Streich gespielt. Fast hätte ich gelacht, doch da war keine Stimme, mit der ich lachen konnte, da war nichts. Wieder starte ich die Decke an, so wie schon die letzten Tage. Ich schloss meine Augen jedoch nicht, denn jedes Mal, wenn ich es tat, erstickte ich. Regelmäßig gab mir Damjan Schlafmittel, ohne eine Regung von mir, außerstande mich zu wehren. Wozu auch. Nach einigen Stunden wachte ich in seinen Armen auf, laut schreiend und um mich schlagend, doch sofort war da wieder diese Leere. Ich ließ meine Arme einfach fallen, verstummte und starrte ins Nichts. Spürte seine Hände um meine Schultern, er wog mich hin und her, summte vertraute Melodien bis mein Atem wieder ruhiger wurde. In meinem Kopf war nur sie, immer und immer wieder sie. Jeden Moment mit ihr ließ ich vor meinen Augen aufleben, bis zum letzte. Wenn ich nicht an sie dachte, schwirrten meine Gedanken um Iruna, ich sah sie sterben, sah sie in meinen Armen mit den Augen von Eloise, sah Iruna die Beatrix küsst. Die Kälte kroch wieder durch meinen Körper, eine Kälte, die mich wie Espenlaub zittern ließ, bis ich auch dafür keine Kraft mehr hatte. Ich merkte nicht wie Damjan aufstand und mit einer Schale zurückkam. Er legte meinen Arm frei, es kümmerte mich nicht, wahrscheinlich spritzt er mir jetzt Beruhigungsmittel, da es anders nicht mehr wirkt bei mir. Doch als er die Nadel in meine Vene rammt, brannte es, unwillkürlich wollte ich mich aufbäumen, doch sein freier Arm drückte mich ins Bett zurück. Er hielt den Tropf hoch und redete auf mich ein, ich verstand kein Wort, zu sehr konzentrierte ich mich auf den Schmerz. Und dann war es vorbei, der Schmerz in meinem Arm und der Schmerz in meiner Brust. Ich schnappte wieder nach Luft, doch ich konnte frei atmen. „Ich habe dir eine reine Seelenspende verabreicht. Es wird nicht lange anhalten, aber für einige Tage vielleicht sogar Wochen, müsstest du frei sein von deinem Schmerz." seine Hand lag auf meiner Stirn, strich die schweißnassen Haarsträhnen weg. „Was hast du getan?", flüsterte ich. Ein wehleidiges Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Du gehst du Grunde Mira.", seine Lippen trafen auf jetzt auf meine Stirn. Ich traute mich nicht etwas zu sagen, seit zehn Tagen kann ich zum ersten Mal an etwas anderes denken. Eine reine Seelenspende ... Er hatte mir einen Teil seiner Seele geopfert, indem er mir irgendwann einen Teil meiner Seele genommen hat. So winzig, dass ich es nicht gemerkt habe. Doch für ihn muss es Folter gewesen sein, meinen Seelensplitter in sich aufzunehmen. Er hat meine Seele gefiltert, meinen Schmerz in sich aufgenommen. Kraftlos zog ich ihn zu mir, wie konnte er nur? „Du Trottel", wisperte ich in sein Ohr und er brummte leise gegen meinen Brustkorb. „Ich liebe dich auch." Ohne etwas zu sagen, hob er mich wieder hoch und trug mich ins Badezimmer. „Bade, das lockert die Muskeln, ansonsten krampft dein Brustkorb vielleicht noch nach." er nickte mir zu und verließ das Badezimmer. Der Raum war erfüllt von Fliedergeruch und Anis, leise knisterte der Schaum in der Wanne. Mein Körper war knochig geworden, es war nicht möglich gewesen Nahrung bei mir zu behalten. Im Spiegel sah ich mein Gesicht, man könnte meinen es ist nie etwas passiert, so normal sah ich aus. Bis auf die blauen Flecken die ich mir selbst beigefügt habe, in meinem Versuch Luft in meine Lunge zu pressen. Sie heilen nicht, nur sehr langsam, mein Körper hatte keine Energie dafür. Das Wasser brannte auf meiner Haut und jagte mir einen Schauer über den Rücken, vorsichtig glitt ich hinein, bis nur noch mein Gesicht an der Wasseroberfläche war. Stumpf, wie in Watte gewickelt, bekam ich mit, das Damjan ins Krankenhaus musste, ein kratziges Ja ist alles, was ich antwortete. Ich erkannte meine eigene Stimme nicht mehr wieder. Es ist zu still, viel zu still! Diese Stille raubt mir wieder den Verstand, zu lange war es schon so. Blind griff ich nach dem Knopf vom Radio neben der Badewanne und drehte die Lautstärke voll auf, so das selbst Unterwasser eine unangenehme laute Lautstärke entstand, vielleicht ist es laut genug das ich meine Gedanken nicht mehr hören würde. Wieder sank ich zurück und merke wie furchtbar müde mein Körper war.

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