Warum immer ich? Oder... ähm... wir?

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Nixen zu verbinden würde definitiv nie zu meinen Hobbys zählen. Diese Kräuter und Blätter richtig zu verarbeiten, um sie korrekt verwenden zu können, war an sich schon anstrengend, aber die Endprodukte dann auch noch aufzutragen und den Kopf richtig zu verbinden, gehörte definitiv zum Schwersten, was ich je getan hatte, ohne dabei meinen Tod fürchten zu müssen.

Wenigstens empfanden die Meermenschen es als Ehre, von mir versorgt zu werden und hielten geduldig still oder halfen fleißig mit, anstatt nach mir zu schnappen, wie es bei Gregory der Fall war. Manche von ihnen trugen bereits Verbände aus Seetang, primitivere aber auch professionelle, andere trugen ihre Wunden offen zur Schau, von manchen tropfte dickflüssig und gelb Eiter, andere heilten besser ab. 

Es tat mir leid, dass sie solche Wunden davontragen hatten müssen. Mir fiel nur eine Erklärung für sie ein: Als ich in Todesqualen geschrien hatte, hatten sie sich die Ohren abkratzen wollen. Nach den Ergebnisse einer ganz normalen Wir-entledigen-uns-unserer-Ohren-Orgie sah das nämlich nicht gerade aus.

Obwohl es eine ungewohnte und anspruchsvolle Arbeit war, befriedigte sie mich. Ich konnte Meerwesen helfen, meine Taten wieder gut machen, den ein oder anderen bewahrten wir sicherlich auch vor dem Tod durch Blutvergiftung. Aber natürlich konnten  wir ihre Verletzungen nicht ungeschehen machen; einige würden wohl ertauben, aber taub erschien ihnen noch immer besser als tot.

Ich stellte mich beim Verbinden sehr ungeschickt an, deshalb verwunderte ich meine Mitschüler umso mehr: Natürlich machten sie es nicht perfekt, aber sehr viel besser als ich. Auch Gregory, der es irgendwie schaffte, nicht gebissen zu werden.

Anstatt weniger zu werden, wuchs die Zahl unserer noch unversorgten Patienten ständig an. Unglaublich, wie viele Nixen in dem See Platz hatten, und dass sie alle so eine schlechte Zahnhygiene betrieben. Immer wieder fiel mein Blick auf die splittrigen Zähne, wenn sie mich ehrerbietend anlächelten. Ihr Mundgeruch war dabei nicht ohne, aber man gewöhnte sich an die Mischung aus Fisch und Verwesung.

Nachdem wir alle Nixen verbunden hatten - das Material hatte gerade so gereicht -, spazierten wir zurück zum Schloss und genossen die frische Luft und die wohltuenden Sonnenstrahlen.

"Die Meermenschen sind total auf dich abgefahren", zog Anthony mich auf und zwinkerte mir zu. Hoffentlich traf er nie auf Blaise.

"Das ist sicher wegen seinen Augen. Ich meine, hast du seine Augen gesehen, Tony?" Hannah seufzte übertrieben schwärmerisch. "Wie mysteriöse Seen."

"Geheimnisvolle Meere", pflichtete Gregory ihr bei und wir kicherten. Das Leben war so einfach hier draußen und lachen auch.

"Wusstet ihr, dass ich total gern nach Ravenclaw oder Hufflepuff gekommen wäre?"

"Nie will wer nach Slytherin", grummelte Gregory. "Nur die Reinblüter."

Hannah stieß ihm einen Ellbogen in die Rippen. "Vielleicht, weil wir viel cooler sind als ihr? Wäre eine Möglichkeit. Aber jetzt sag, Percy, warum?"

Anthony erklärte an meiner statt: "Weil er uns zwei gesehen hat und schockverliebt war, natürlich."

"Genau", pflichtete ich ihnen sarkastisch bei. "Nein, aber blau ist meine Lieblingsfarbe und mir wird immer vorgeworfen, ich sei zu loyal."

"Zu loyal?" Hannah zog eine Braue hoch. "Wie loyal ist zu loyal?"

"So philosophisch, unsere Kleinen nicht?", murmelte Anthony Gregory zu, der kicherte. "Den beiden würde dieses schöne Blau-Bronze echt gut stehen nicht?"

"Sei jetzt leise, Tony. Zurück zur Frage: Wie loyal ist zu loyal?"

"Ich-sterbe-für-dich-loyal anscheinend."

Serendipity // PJOWo Geschichten leben. Entdecke jetzt