Kapitel 9| Wut und Trauer

157 2 0
                                    

Es war Mittwoch und Boxen war angesagt. Nachdem ich mich fertig umgezogen hatte, lief ich in die Halle, wo schon Alec auf mich wartete. „Haben wir keinen Lehrer?", fragte ich verwundert. „Nein. Ich habe angegeben, dass wir schon Erfahrung im Boxen haben und das allein können." Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Okay. Mit was fangen wir an." Er schien kurz zu überlegen. „Lass uns an die Boxsäcke gehen." Ich nickte einverstanden.

Nach ca. einer halben Stunde ließ ich von dem Boxsack ab. „Ok... Ich glaub, dass reicht." Auch Alec war einverstanden und zeigte mir an, dass ich in den Ring steigen sollte. Ich musterte ihn grinsend. „Willst du gegen mich kämpfen?", sagte ich, weshalb Alec kurz auflachte. „Ich will nur mal sehen, was du so drauf hast." Ich nickte einverstanden. „Wie du willst."

Nach ein paar misslungenen Angriffsversuchen, stoppte mich Alec. „Du musst deinen Körper mehr anspannen. Du bist viel zu vorhersehbar." Ich beobachtete ihn kritisch. Es war lange her, dass mich das letzte Mal jemand verbessert hatte. Ich war es nicht gewohnt, dass jemand besser als ich war und um ehrlich zu sein, kratzte es ganz schön an meinem Ego, dass ausgerechnet Alec mich kritisierte. Aus meiner Gruppe war ich die Beste und mich hatte bisher noch nie jemand besiegt. Alec war der Erste, der mir Konkurrenz machte. Soweit man das Konkurrenz nennen konnte.

Plötzlich klingelte mein Handy. Ich sah entschuldigend zu Alec und stieg aus dem Ring. Hastig griff ich nach meinem Handy und nahm den Anruf an. „Hallo?", fragte ich in den Hörer. „Emilia! Komm sofort in's Krankenhaus, es ist etwas schreckliches passiert.", sagte meine Mutter schweratmend. Ich schluckte. „Was ist los? Ist jemand verletzt?" Alec beobachtete mich neugierig. „Komm einfach schnell. Dein Bruder ist auch schon auf dem Weg." Mit diesen Worten legte sie auf. „Ich muss los.", sagte ich knapp. „Was? Wohin musst du denn?" „Ein Notfall. Wir sehen uns." Ich winkte ihm noch flüchtig zu und verschwand in der Umkleide.

Nachdem ich mich so schnell wie möglich umgezogen hatte, rannte ich los. Der Bus würde erst in 10 Minuten kommen, was mir zu lang war. Ich rannte also den ganzen Weg von der Sporthalle, bis zum Krankenhaus und das war echt nicht gerade nah.

Völlig außer Atem stürmte ich in die Eingangshalle. Die Krankenschwestern und Ärzte sahen mich komisch an. Ich hastete in's Wartezimmer, wo ich meine Mutter vorfand. „Mum?" Sie sprang auf. „Emilia!" Erst jetzt bemerkte ich, dass sie weinte. „Was ist denn passiert? Warum weinst du denn?" „I-Ich... Dein... Dein Vater. Oh Gott, ich weiß gar nicht, wie ich dir das sagen soll.", schluchzte sie. Ich ahnte nichts Gutes. „Wir waren in der Halle, als auf einmal vier bewaffnete Männer durch die Tür platzten. Sie schossen wild um sich. Dein Vater hat mich zur Seite geschubst und hat dabei selbst eine Kugel abbekommen. Drei weitere Mitglieder sind schwer verletzt. Alle sind gerade in Op." Ich schluckte schwer und meine Augen füllten sich mit Tränen. „Wird er durchkommen?", fragte ich mit zittriger Stimme. „Ich weiß es nicht... Die Kugel hat ihn am Bauch getroffen. Er hat viel Blut verloren und vielleicht auch innere Verletzungen. Wir können jetzt nur abwarten." Ich nickte benommen und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Ein paar Minuten später traf auch Marco ein. Meine Mutter erklärte auch ihm die Situation, was ich aber gar nicht so richtig mitbekam.

Wieso wurde die Halle angegriffen? Wer war das Ziel? Zu wem gehörten diese Männer? Waren sie entkommen? Würde mein Vater es schaffen?

                                ~~~~~

Meine Augen brannten und mein Herz schmerzte. Weinend ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich schrie einige Male in mein Kissen, doch auch danach ging es mir nicht besser. Voller Wut und Trauer in mir, stand ich auf und trat einige Male gegen Mein Bett. Ich schmiss die Kissen durch das Zimmer und schrie mir fast die Seele aus dem Leib.

Er war tot... Ich würde niemals wieder mit ihm reden oder ihn in den Arm nehmen können. Meine Mutter würde nie wieder so glücklich, wie zuvor werden. Nun musste Marco der Boss sein. Eine Frau allein war nicht erlaubt, weshalb alles an Marco hing. Es war das erste Mal, dass ich meinen Bruder so richtig weinen sah. Ich wusste, dass er nie der Boss sein wollte. Er wurde zwar sein ganzes Leben darauf vorbereitet, doch er hatte sich immer gewünscht, dass ich früh heiraten würde und mein Mann das alles übernehmen würde. Eigentlich war schon immer klar, dass das nicht sehr wahrscheinlich wäre. Doch das er nun so früh schon alles übernehmen würde, hatte keiner geglaubt.

Ich fühlte mich leer und ich vermisste Dad so unglaublich. Ich vernahm ein leises Schluchzen aus der Küche und wusste sofort, dass dies zu meiner Mutter gehörte. Sie hatte mir oft erzählt, wie Dad und sie sich kennenlernten. Jedes Mal, als sie davon berichtete, glänzten ihre Augen. Nun war alles Glänzen verschwunden... Selbst nach so vielen Jahren waren meine Eltern immer noch verliebt gewesen und nun war Dad tot. Einfach tot...

Black Rose 2 - Verbotene Liebe✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt