Diesen Text habe ich einmal für einen Wettbewerb geschrieben, ihn aber recht schnell wieder verworfen. Ich veröffentlich hier mal nur einen Teil davon, also, falls jemand das Ende komisch findet, es geht noch weiter ;)
„Ich würd dir die Haare ja aus dem Gesicht halten, aber bei der Länge hast du das nicht nötig, oder?"
Er bedenkt Katharina mit einem finsteren Blick, zu mehr ist er nicht fähig, weil es ihn wieder würgt. Sie lässt sich davon nicht beirren, lässt sich an der Wand hinuntergleiten und setzt sich auf den Boden. Philipp hat sich inzwischen wieder dem Klo zugewandt. Sein Körper bäumt sich auf, wieder und wieder, alles, was in seinem Magen war, verlässt den Körper.
„Du solltest hier wirklich mal sauber machen, es stinkt nach Kotze. Oder magst du den Geruch schon so?"
Katharina betrachtet ihre Nägel, wendet sich ab. Die Würggeräusche stören sie schon lang nicht mehr. Sie wird hier sitzen, vielleicht länger als gestern, vielleicht nicht, und dann wird sie gehen. Ohne schlechtes Gewissen. Sie wird den Abend mit Markus verbringen oder allein. Dann wird sie fernsehen, ein Buch lesen, schlafen gehen.
Ist dir Katharina sehr unsympathisch? Ja? Das kann ich dir vielleicht erklären. Und dann musst du selbst entscheiden.
Kontakt: Unbekannt
Das Auto steht, geparkt und Katharina macht sich gleich in die Hose, wenn sie nicht schnell eine Toilette findet. Im typischen Frauen-mit-praller-Blase-Gang bemüht sie sich in Rekordgeschwindigkeit die Raststation zu erreichen. Da, Tür auf, da ist eine freie Toilette, sie geht hinein und erleichtert sich. Das war knapp. Aber sie musste ja unbedingt durchhalten, weil sie dachte, dann ist sie schneller zuhause. Und bei der letzten Möglichkeit musste sie ja auch noch nicht so dringend.
Sie wäscht sich die Hände und überprüft im Spiegel, ob sie akzeptabel aussieht. Akzeptabel für ihn. Oh, Gott, denkt sie, ob ich das noch retten kann? Sie holt das Erste-Hilfe-Set, auch bekannt als Schminktasche aus dem Auto und beginnt noch einmal Wimperntusche aufzulegen, auch die Lippen zieht sie noch einmal nach. Unterbrochen wird sie erst vom Geräusch der Tür. Da rennt jemand, hat es wohl auch eilig.
Aber dann beginnt die Person sich zu übergeben. Katharina verzieht das Gesicht. Eigentlich sollte sie jetzt nachsehen, ob mit der Dame alles in Ordnung ist, aber sie ist schon sehr spät dran und heute hat sie ihr erstes Date seit Wochen und es hilft nichts, ihr Gewissen ist zu stark.
Sachte klopft sie an die Kabinentür. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?" Erst passiert nichts. Dann, als Katharina überlegt, vielleicht einen Krankenwagen zu rufen, hört sie wie die Person die Tür aufschließt. Aber sie kommt nicht heraus. Katharina schaut auf ihr Handy. Shit, schon viel zu spät. Er wartet sicher nicht mehr auf sie. Dann ist es auch schon egal. Sie öffnet die Tür und drinnen sitzt ein Mann auf dem Boden. In seinem Bart klebt Erbrochenes und eigentlich bereut Katharina schon, die Tür geöffnet zu haben. Wahrscheinlich hat der Typ einfach nur zu viel getrunken.
Sie ekelt sich vor dem Mann. Er hat die Augen geschlossen. Okay, sie wird ihn jetzt schütteln und schauen, ob er reagiert, wenn nicht, ruft sie die Rettung und damit ist die Sache gegessen. Die kniet sich auf den Boden und versucht, nicht darüber nachzudenken, wie viel Urin da möglicherweise schon klebt.
„Entschuldigung? Hallo? Hören Sie mich?"
Der Mann schlägt langsam die Augen auf, die Katharina sofort in eine Art Schockstarre versetzen. Sie kann nicht erklären, wieso, aber er hat etwas an sich, dass sie frösteln lässt.
Sie atmet tief durch und sieht ihm in die Augen.
„Sind Sie okay?"
„Ja, ich...Es ist alles in Ordnung. Danke, ich werde mich schon wieder fangen."
„Ich tu mir schwer, Sie jetzt einfach hier sitzen zu lassen. Soll ich nicht doch einen Arzt holen?"
Er lächelt, aber auf eine Art und Weise, in der Katharina keinen Funken Fröhlichkeit sieht. Es ist seltsam. Der Mann ist, objektiv gesehen, sehr hübsch, das muss sie sich eingestehen, aber irgendetwas an ihm erinnert an einen Untoten.
„Nein, gehen Sie ruhig."
Und Katharina geht und auf dem Weg nach draußen weiß sie, dass sie diesem Mann wieder begegnen wird. Und als sie ins Auto steigt, weiß sie, dass sie heute Albträume haben wird.
Sie nimmt ihr Handy und ruft ihn an. Markus. Sie entschuldigt sich bei ihm und er reagiert in seiner gutmütigen, gelassenen Art.
„Ach, Puppe, du kannst doch nix dafür, dass du immer am Rettertrip bist. Komm halt zu mir nachhause, dann kannst mir erzählen, was heut schon wieder passiert ist."
Und noch während sie mit Markus telefoniert weiß sie, dass sie sich in den Mann auf der Rastplatztoilette verliebt hat.
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Gedichte & Co
Short StoryWas einem so im Kopf herumspukt, kann man meistens nicht kontrollieren. Deshalb werde ich hier ab und zu Poetry Slam Texte, Gedichte oder auch Kurzgeschichten veröffentlichen.