8 | das wird eine katastrophe

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Das wird eine Katastrophe.

Dieser Gedanke schießt mir in dem Moment in den Kopf, in dem mir ein offensichtlich betrunkener Junge johlend die Tür öffnet. Seine Fahne schlägt mir entgegen und lässt mich, in Kombination mit der lauten Musik, für einen Moment taumeln. Der süßliche Geruch des grünen Wunders steigt mir verführerisch in die Nase.

Oh, ich hätte wirklich nicht kommen sollen.

"Ey, Liz! Dich hab ich ja ewig nicht gesehen." Mein Gegenüber nuschelt leicht und schafft es nicht so recht seinen Blick auf mich zu fokussieren. Ich frage mich unweigerlich, woher er meinen Namen kennt, schließlich habe ich nicht den blassesten Schimmer wie er heißt. Der Junge bemerkt wohl mein Zögern, denn er schenkt er mir ein schiefes Grinsen, tritt zur Seite und winkt mich herein. "Komm, komm! Immer hereinspaziert in die gute Stube."

Ein und Aus. Ein und Aus. Ein und Aus.

Der lange Flur, der in einen offenen Wohnbereich führt, ist über und über mit Bildern behangen. Ich entdecke Lara in pinken Tutus, auf dem Rücken eines Pferdes und mit Pokalen in der Hand. Überall blicken mir ihre blauen Augen und ihr breites Lächeln entgegen, sodass ich nicht anders kann als mich abzuwenden. Über der Eingangstür hängt eine dieser kitschigen Happy-Birthday-Girlanden sowie bunte Ballons mit der Zahl siebzehn darauf.

"Hast du Henri gesehen?", frage ich den immer noch namenlosen Türwärter, während ich meine Jacke ausziehe und sie auf den völlig überfüllten Kleiderständer werfe. Nervös fahre ich über den Paillettenstoff meines Kleides und verfluche Marie zum wiederholten Mal dafür, mich zu dem Kauf dieses Fetzens überredet zu haben.

"Henri? Keine Ahnung wohin der sich verzogen hat. Wahrscheinlich macht er in irgendeiner Ecke mit seiner Angebeteten herum." Unfreiwillig verziehe ich das Gesicht. Na super. Mein Gegenüber lacht. "Aber keine Sorge, Lizzie, David kümmert sich schon um dich!", witzelt er und zeigt auf sich. David also. Bei der Erwähnung des Namens regt sich dumpf etwas bei mir und ich erinnere mich an einige vernebelte Partys, Drogenexzesse und diversen Klatsch.

Nicht gerade das, was ich momentan gebrauchen kann.

"Ich glaube ich verzichte." Mit einem falschen Lächeln betrete ich das Wohnzimmer, in dem sich rund dreißig mehr oder weniger betrunkene Teenager versammelt haben und scheinbar den Punkt einer Party erreicht haben, an dem man Flaschendrehen für eine gute Idee hält.

Bevor er sich zu einer Gruppe am anderen Ende des Raumes gesellt, ruft David noch: "Du rennst vor deinem Glück davon, Schönheit! Wenn du es dir anders überlegst, weißt du wo du mich findest."

Tatsächlich habe ich nicht den blassesten Schimmer wo das sein sollte, doch ich wage zu bezweifeln, dass ich die Information brauchen werde. Erleichtert wende ich mich ab und finde ohne große Schwierigkeiten die Küche. Laras Haus ist eigentlich viel kleiner als unseres, doch die warmen Farben und hölzernen Möbel lassen es auf perplexe Weise offener und größer wirken.

Die Küche ist bis auf zwei betrunkene Mädchen, die quatschend auf dem Boden sitzen, beinahe frei von Partygästen. Ich schnappe mir einen der bunten Becher und halte ihn unter den Wasserhahn, bevor ich auf dem Barhocker an der Theke Platz nehme. Die Musik wummert dumpf durch die Wände.

Durch das Fenster sehe ich auf den gepflegten Garten hinaus und frage mich unweigerlich, ob Laras Eltern sich selbst um die gigantische Grünfläche kümmern. Wir haben einen Gärtner dafür.

Ich nippe an meinem Wasser und versuche das ungute Gefühl in meiner Magengegend wegzuspülen, doch ich bleibe erfolglos. Meine Handflächen sind unangenehm verschwitzt und ich blicke auf mein Bein, das nicht aufhören will auf und ab zu wippen. Ich höre laute Stimmen aus dem Wohnzimmer und wünsche mir im Moment nichts lieber als irgendwo anders zu sein, selbst wenn dieser Ort ein stickiges Klassenzimmer wäre.

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