"Ich gehe da nie wieder hin!"
Entrüstet blickt mein Vater mich an. "Natürlich wirst du heute wieder zur Therapie gehen! Das steht gar nicht zur Debatte."
Genervt schiebe ich meine Müslischale von mir und lege den Löffel zur Seite. Ich schlage einen ernsten Ton an und gebe mir die größte Mühe überzeugend zu klingen: "Die Therapie bringt mir einfach nichts, Papa. Was für einen Sinn ergibt es, dort jede Woche hinzufahren, wenn ich sowieso nur meine Zeit verschwende?"
"Jetzt, erzähle keinen Schwachsinn, Liz! Du verschwendest deine Zeit nicht, aber Therapien brauchen eben etwas Zeit. Du gehst solange zu Frau Siebert, bis sie sagt, dass du es nicht mehr musst, hörst du?"
Er sagt das in einem Ton, der keine Widerrede erlaubt. Ich wäre nicht seine Tochter, wenn ich mich daran halten würde.
"Das ist so unfair. Du kannst mich nicht zwingen zu gehen!"
Spätestens jetzt merke auch ich, wie kindisch ich klinge, doch das ist mir mittlerweile auch egal. Ich will wirklich nicht mit Frau Siebert sprechen. Ich will mir nichts aus der Nase ziehen lassen, will nicht darüber reden, ja nicht einmal darüber nachdenken, was ich getan habe. Alles was ich will, ist mich in meinem Zimmer verkriechen und die Welt um mich herum zu vergessen.
Mein Vater zeigt sich gänzlich unbeeindruckt, nur die Verwendung meines vollen Namens lässt seine Wut erkennen. "Elisabeth Stern, du wirst heute zur Therapie gehen, keine Widerrede, und wenn ich dich höchstpersönlich dahin schleifen muss, hast du mich verstanden?"
Wir liefern uns für einige Sekunden ein Blickduell, bevor ich frustriert schnaubend aufspringe und nach oben haste.
"Liz!"
Meine Antwort besteht aus einem lauten Türknallen.
Ich kann da heute nicht hingehen! Ich kann einfach nicht.
Frau Siebert wird es merken. Sie wird merken, dass ich versagt habe, dass ich Henri von mir gestoßen habe und sie wird merken, dass ich ein grauenvoller Mensch bin. Und dann wird sie mich fragen, wie ich mich dabei fühle und dem kann ich mich nicht stellen, ohne auf der Stelle in tausend Einzelteile zu zerspringen.
Mein Atem verschnellert sich und mein Herz pocht viel zu schnell in meiner Brust. Mit feuchten Handflächen fahre ich mir übers Gesicht.
"Ich kann nicht. Ich kann nicht. Ich kann nicht", murmele ich verzweifelt vor mir her, während ich mich auf die Bettkante setze und den Kopf zwischen die Beine lege.
Ein und Aus. Ein und Aus. Ein und Aus.
Mein Atem will sich nicht beruhigen.
Komm schon!
Es bringt nichts, mein Puls rast noch immer und das altbekannte Pochen in meinem Kopf übertönt meine Gedanken. Ich tue das Einzige, von dem ich weiß, dass es helfen wird. Hastig reiße ich die unterste Schublade meiner Kommode auf, wühle durch die Klamotten und fische aus der hintersten Ecke das kleine Metalldöschen heraus.
Es liegt kühl in meiner Hand. Mit zitternden Fingern öffne ich es und nehme die zwei gelblichen Tabletten, die einsam darin liegen, heraus. Kraftlos raffe ich mich auf, greife nach der Wasserflasche auf meinem Nachttisch und drehe sie auf. Ich schlucke beide Tabletten gleichzeitig und fokussiere mich dann auf einen Punkt an der Decke, während ich darauf warte, dass sich mein Herzschlag wieder normalisiert.
Ich werfe einen Blick aus dem Fenster, das zur Straße hinaus zeigt. Der Himmel ist wolkenlos und die Bäume blühen so grün, dass die Szene beinahe aussieht wie ein Gemälde. Ein Windstoß bringt die Äste der Bäume zum Wiegen. Alles ist ruhig und friedlich.
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Nevermind
Teen FictionLiz hat es getan. Sie hat versucht sich das Leben zu nehmen und ist gescheitert. Als sie Monate später aus der Klinik entlassen wird, muss sie sich von heut auf morgen ihrem Leben und den damit verbundenen Problemen stellen. Zu ihnen gehören auch H...