13 || Brüder

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Sirius eilte die Treppe herunter. Wenn er vor der Verabredung mit James noch kurz Ariana sehen wollte, musste er sich beeilen. Bis eben hatte er noch bei Professor McGonagall einen Aufsatz schreiben müssen, warum es nicht in Ordnung gewesen ist, Rosiers Kopf zu schrumpfen. Er vermutete allerdings, dass er am Ziel der Fragestellung vorbei geschrieben hatte. Als er im zweiten Stock durch die Korridor lief, stockte er plötzlich. Aus der Jungentoilette sickerte Wasser. Kleine Pfützen hatten sich bereits im Flur gebildet. Ein Krachen ertönte und ein weiterer Schwall Wasser schwappte heraus. Misstrauisch schlich er sich näher heran, den Zauberstab griffbereit. Vermutlich war es Mulciber, der mal wieder irgendwelche Erstklässler schikanierte.

Als er die Toilette betrat, stockte ihm der Atem. Zwei Waschbecken waren aus der Wand gerissen und lagen zertrümmert auf dem Boden. Wasser sprudelt aus den Röhren die abgebrochen aus der Wand ragten und flutete den Boden.

Dann fiel sein Blick auf Regulus. Sein Bruder hatte sich an die Wand gelehnt, atmete schwer und hatte die Augen geschlossen. Sirius bezweifelte, dass er seine Anwesenheit überhaupt bemerkt hatte.

„Reg?" Er zuckte zusammen und riss die Augen auf

„Verpiss dich", brummte er, als er seinen Bruder erkannte, und lehnte sich wieder zurück. Es erschreckte Sirius, Regulus so zu sehen. Es war schon lange her gewesen, dass sein kleiner Bruder seine wahren Gefühle vor ihm gezeigt hatte. Oder vor überhaupt irgendjemanden, schätzte Sirius.

„Was ist los?"

„Geht dich 'n Scheiß an." Sirius seufzte und zückte den Zauberstab. Regulus beobachtete ihn misstrauisch aus dem Augenwinkel.

„Repraro", murmelte und setzte die Waschbecken wieder zusammen.

„Ich brauche deine Hilfe nicht", fauchte sein Bruder. Er verdrehte nur die Augen.

„Ich weiß. Ich helfe dir auch nicht."

„Schön. Dann kannst du ja gehen." Sirius ignorierte ihn.

„Was ist los? Du kannst mit mir reden, das weißt du doch."

„Mit dir?", schnaubte Regulus. „Du meinst, wie früher? Bevor du abgehauen bist." Eine Spur von Verbitterung lag in seiner Stimme. Sirius hatte nie gedacht, dass es seinen Bruder tatsächlich stark getroffen hatte, als er sein Elternhaus verließ.

„Es hat sich nichts geändert. Ich bin immer noch derselbe", erwiderte Sirius ruhig, doch Regulus lachte nur auf.

„Alles hat sich geändert", murmelte er und schloss wieder die Augen. Vermutlich war das seine Art zu sagen, dass Sirius gehen sollte, doch er blieb hartnäckig.

„Was willst du von meiner Freundin?", fragte er. Regulus sah ihn wieder an. Ein Schatten huschte über sein Gesicht, so schnell, dass Sirius beinahe dachte, er hätte es sich eingebildet.

„Nichts", antwortete er emotionslos.

„Das glaubst du ja wohl selbst nicht! Ich bin nicht blöd, Regulus..." - „Nicht?" - „...ständig schleicht du dich um sie herum. Was willst du von ihr?"

„Warum fragst du sie nicht selber?"

„Weil ich jetzt dich frage." Ein süffisantes Grinsen breitete sich auf Regulus' Gesicht das, das Sirius ungemein ärgerte.

„Sie will es dir nicht sagen, nicht wahr? Kluges Mädchen." Am liebsten wäre Sirius ihm an die Gurgel gegangen, doch er besann sich.

„Sag es mir!"

„Warum sollte ich?"

„Ich bin dein Bruder!"

„Bist du das?" Quälende Stille trat ein, als Sirius ihn mit offenem Mund anstarrte. Regulus' Worte verletzten ihn mehr, als er zugeben wollte.

„Das bin ich", erwiderte er langsam. „Ob du es willst oder nicht."

„Ich will es nicht. Und jetzt lass mich in Ruhe." Regulus wollte sich an ihm vorbei schieben, doch Sirius packte ihn am Arm.

„Nun, du kannst nichts daran ändern", zischte er.

„Mag sein. Aber ich kann es ignorieren." Sein eiskalter Blick war unerträglich. Wut flammte in Sirius auf.

„Schön. Dann ignoriere ich es jetzt auch." Blitzschnell griff er nach seinem Zauberstab und hielt ihn Regulus an die Kehle.

„Was willst du von Ariana?", fauchte er und drängte seinen Bruder an die Wand. Der sah ihn nur mit einer Gleichgültigkeit an, die Sirius' Zorn nur noch schürte.

„Das geht dich nichts an."

„Meinetwegen geht es mich nichts an, was du mit deinem besten Freund Lord Voldemort treibst, aber ich will-" Wut flammte in Regulus Augen auf und er stieß Sirius brutal zurück.

„Rede nicht über Dinge, von denen du keine Ahnung hast", bellte er und zückte seinen Zauberstab. Fassungslos sah Sirius ihn an. Es hatte es gar nicht so gemeint, nur so daher gesagt, aber diese Reaktion bewies, dass etwas dran war.

„Reg, hast du... Bist du ein Todesser geworden?"

„Scher' dich um deinen eigenen Dreck."

„Haben unsere Eltern dich dazu gezwungen? Ich hol dich da raus, Regulus, du musst nur ein Wort sagen, dann... "

„Hör auf, so zu tun, als würde es dich kümmern. Ich will nicht raus! Ich bin genau da, wo ich hingehöre." Sirius schüttelte den Kopf.

„Das ist nicht wahr. Das bist du nicht!"

„Wag es nicht, mir zu sagen, wer ich zu sein habe." Vorsichtig trat Sirius einen Schritt auf seinen Bruder zu.

„Das will ich nicht", sagte er leise und hob beruhigend die Hände.

„Lass es einfach, Sirius", seufzte Regulus erschöpft.

„Regulus..."

„Ich sagte, LASS ES!" Ein roter Fluch schoss aus seinem Zauberstab und verfehlte Sirius nur um wenige Millimeter.

„Wirklich, Regulus?", zischte er und blockte den nächsten Fluch gekonnt ab. „Ungesagte Zauber!? Hast du das von dem ach so dunklen Lord gelernt?" Zum ersten Mal schoss er einen Fluch zurück, anstatt nur abzuwehren. Er traf einen Spiegel und er zersprang in tausend, glitzernde Scherben.

„Komm schon, Sirius, das kannst du besser", höhnte sein Bruder und ein weiterer Fluch rauschte ihm entgegen, dem Sirius gerade noch so ausweichen konnte.

„Lass meine Freundin in Ruhe. Sonst kämpfe ich nächstes Mal ernst", entgegnete er, doch Regulus lachte nur.

„Das will ich sehen!" Immer näher kämpfte Sirius sich an ihn heran, bis er Regulus endlich den Zauberstab aus der Hand schlagen konnte.

„Ich war schon immer besser als du. Gewöhn' dich lieber dran!", hauchte er, während er Regulus an die Wand presste und ihm den Zauberstab an die Kehle drückte.

Plötzlich zuckte ein unerträglich stechender Schmerz durch seinen Unterleib. Stöhnend ließ er von seinem Bruder ab und krümmte sich. Regulus hatte das Knie zwischen seine Beine gerammt.

Sirius sah kurz schwarz, als Regulus' Faust auf seinen Kiefer traf und er zu Boden ging. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Regulus seinen Zauberstab wieder aufhob und spürte wie er entwaffnet wurde.

„Halt dich fern von mir", zischte Regulus. „Deine Ratschläge und dummen Fragen kannst du dir in den Arsch stecken. Du warst nicht mehr mein Bruder in dem Moment, in dem du den Fuß zum letzten mal aus unserer Tür gesetzt hast. Gewöhn dich an den Gedanken oder tu es nicht. Aber lass mich aus deiner Scheiße raus!"

Gaias Töchter (2) - Zwischen den WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt