Gaias Töchter (2) - Zwischen den Welten

18 || Kapitulation

Madam Pomfrey hatte James einen Trank gegeben, der seine Wunden innerhalb von wenigen Stunden heilen sollte, und ihm befohlen die Nacht im Krankenflügel zu verbringen. Sirius war noch immer nicht aufgewacht. Auch ihm hatte die Schulschwester etwas verabreicht, aber den gewünschten Effekt schien die widerliche klumpige Flüssigkeit noch nicht zu haben.

„Haben Sie keinen Unterricht, Miss Evans?", hatte Madam Pomfrey Lily gefragt, doch sie hatte die Krankenschwester nur mit einem bösen Blick bedacht.

„Miss Evans", sagte James gespielt streng. „Schwänzen Sie etwa Schule?" Lily verdrehte nur die Augen.

„Ich bin krank", erwiderte sie grinsend und hustete. „Merkst du das nicht?" James lachte und zog sie neben sich aufs Bett.

„Dann solltest du dich dringend hinlegen."

Lilys Herz machte einen Sprung als sie zu ihm unter die Decke kroch. Was machte dieser Mann nur mit ihr?

"Merlin, endlich!" Die Tür flog krachend auf und Sirius kam in den Raum gestürzt. "Ich hab euch überall gesucht, wir müssen- Was?" Lily und James starrten ihn mit offenem Mund an. Hatte er nicht vor weniger als einer Stunde noch blutend am Boden gelegen? Lag er nicht eigentlich immer noch in dem Bett gegenüber von ihnen?

"Was zum- Ich könnte schwören- Du...", stammelte James. Sirius runzelte die Stirn.

"Alles in Ordnung?"

"Eben warst du doch noch da. Und jetzt bist du hier. Das ist doch nicht normal", murmelte Lily und sah verblüfft zwischen dem Sirius an der Tür und dem Sirius im Bett hin und her.

"Was redest du da?" Lily sprang auf und zog ihn zu dem Bett in dem der andere Sirius lag. Sirius Augen weiteten sich.

"Oh..." Irritiert kratzte er sich am Kopf. "Also einer von uns beiden ist der Falsche und ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ich es nicht bin. Und außerdem würde ich meine Haare niemals so tragen! Das hättet ihr doch merken müssen!"

"Deine Haare sehen genau so aus wie immer", erwiderte Lily.

"Wie bitte?!" Empört schnappte Sirius nach Luft. "Es ist doch offensichtlich, dass-"

"Okay, wir haben's verstanden. Du bist der echte Sirius", unterbrach James. "Aber wer zur Hölle ist dann das?" Entschlossen zückte Lily ihren Zauberstab und richtete ihn auf den liegenden Sirius.

"Finite." Zunächst passierte nichts. Doch dann wurden die schwarzen Locken plötzlich immer heller, die Gesichtszüge runder, die Figur kleiner und kurviger. Lily schnappte nach Luft, als sie sah, wer tatsächlich im Krankenbett lag.

"Vielsaft-Trank", hauchte sie. "Sie haben Marlene Vielsaft-Trank gegeben, damit sie aussieht wie du! Und dann haben sie sie in die Toilette gebracht und- Oh Merlin!"

"Warte mal! Was für eine Toilette?" Lily schüttelte verwirrt den Kopf.

"Wir haben dich... also Marlene in der Jungstoilette im zweiten Stock gefunden. Und jemand hatte deine- ihre Brust aufgeschlitzt und sie furchtbar verwundet!"

"Was?" Sirius sah aus, als würde er die Welt nicht mehr verstehen. "Was geht hier ab?"

"Wir haben keine Ahnung", stöhnte James und setzte sich vorsichtig hin.

"Und was zur Hölle ist mit dir passiert?"

"Er hat sich mit Mulciber und seinen Leuten geprügelt, weil er dachte, dass sie dich... Naja, du weißt schon." Lily deutete auf die immer noch schlafende Marlene hinter ihnen. Sirius fuhr sich durch die Haare und atmete geräuschvoll aus.

"Haben sie wahrscheinlich auch. Also das mit Marlene."

"Aber die eigentliche Frage ist: Warum sollten sie das tun?", erwiderte Lily. Plötzlich weiteten sich Sirius Augen.