20 || In der Höhle des Löwen

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„Hier irgendwo muss es sein." Sirius drehte sich im Kreis, als erwartete er, dass sich Ariana und der Orden hinter den Bäumen versteckten. Sie standen an der Lichtung, wo Olivia's Grab lag. Er war nur einmal hier gewesen, doch die Erinnerung daran war so klar, als wäre es gestern gewesen. Ein kleiner Hügel verriet die Stelle, an der sie Olivia's Sarg in die Erde gelassen hatten. Mit gezücktem Zauberstab suchten sie die Gegend ab, doch nichts deutete darauf hin, dass Ariana oder sonst irgendjemand sich hier aufgehalten hatte.

„Schaut mal da!" Lily deutete auf einen kleinen, kaum sichtbaren Trampelpfad, der sich durch den Wald schlängelte. Dem Pfad zu folgen stellte sich als schwierig heraus, denn immer wieder waren die Spuren verwischt. Doch nach und nach gesellten sich weitere Abdrücke hinzu und bald entdeckten sie ein ganzes Netz aus kaum sichtbaren Wegen, die alle aus verschiedenen Richtungen kamen.

„Dort", hauchte Remus, der voran lief, und blieb stehen. Sirius versuchte zu erkennen, was er meinte, doch erst als Remus einen Schritt zur Seite trat, sah er es.

„Ist das ein Dorf?" Lily sah sich verstört um.

„Ich würde eher sagen, das war ein Dorf", erwiderte Sirius grimmig. Ein Feld der Verwüstung offenbarte sich ihnen. Das, was einmal Hütten gewesen sein mussten, waren nichts als glühende Trümmer. Versengte Büsche zierten den Weg, der zu einem großen Platz führte. Der riesige, entwurzelte Baum, der dort lag, wirkte überproportional groß im Vergleich zu den rauchenden Gluthaufen drum herum. Der Ort war menschenleer, dennoch überkam Sirius das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, als er die Ruinen betrat.

„Dahinten." Lily berührte ihn am Arm und zeigte auf die Wurzeln des Baumes, die wie krüppelige Arme in die Luft ragten.

„Ach du scheiße." Es war kaum zu erkennen, dass der Körper, der dort lag, einmal Mirkos gehört hatte, doch es musste er sein.

„Was ist hier passiert?", hauchte Remus verstört.

„Ariana ist passiert." Sirius atmete tief durch. Seine sanfte, liebevolle Freundin war mutiert zu... was auch immer. Es machte ihm Angst, aber gleichzeitig faszinierte es ihn. Was war das für ein Wesen, das in einem Moment ein kleines Rinnsal war und im nächsten Moment zu einem Tsunami wurde?

„Wo sind alle?" Lily lief eine Runde um den Platz herum. „Hier ist sonst keiner." Sirius verstand, was sie sagen wollte: Es war sonst keiner gestorben.

„Vielleicht sind sie geflohen?", vermutete Remus.

„Vor Ariana?" Sirius sah ihn zweifelnd an. Remus zuckte nur die Schultern und sah Mirkos an.

„Gar nicht so unwahrscheinlich."

„Aber was ist mit den Todessern? Wenn ich recht hatte und sie irgendwas geplant haben, dann müssen sie-"

„Sirius!" Lilys Ruf unterbrach ihn.

Als er bei ihr angelangt war, eröffnete sich ihm ein schreckliches Bild. Mindestens hundert Frauen, Männer und Kinder lagen gefesselt auf dem Boden und rührten sich nicht.

"Sind sie tot?", fragte er erschrocken. Lily tastete nach dem Puls einer dürren, älteren Frau.

"Sie lebt. Aber das kann nicht Ariana gewesen sein. Sieht mehr nach einem Schockzauber aus." Sirius nickte grimmig.

"Todesser."

"Sie werden sie mitgenommen haben", vermutete Remus.

"Aber wohin?" Lily sah sich suchend um, als stünde die Antwort irgendwo zwischen den Bäumen. Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe. Ein mittelalter Mann, nicht älter als vierzig war aufgewacht und sah sich irritiert um. Sofort zückte Sirius seinen Zauberstab und hielt ihn der älteren Frau, die noch immer ohnmächtig war, an die Kehle. Der Mann erstarrte.

Gaias Töchter (2) - Zwischen den WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt