-Laws Sicht -
Beinahe hätte ich mich an meinem Kaffee verschluckt als Bepo das sagte. Andi indes wurde zwar leicht rot, doch blieb ansonsten realitv ruhig und strich ihm nur durchs Haar. Sie wirkte in letzter Zeit irgendwie... Ja was war das richtige Wort dafür? Verzweifelt, traurig und gleichgültig zugleich, doch gab sie sich alle Mühe, es Bepo nicht zu zeigen. In seiner Nähe lächelte sie immer und beschäftigte sich mit ihm, sodass ich prinzipiell nichts einzuwenden hatte. Zuerst hatte ich noch versucht, sie ein wenig anzustacheln und sie damit aus der Reserve zu locken, sie wieder zu ihrem alten ich zu bringen. Doch jedes Mal hatte sie nur ablehnend reagiert und nichts wirkliches darauf erwidert und wenn ich einmal ohne Shirt hier herum lief, weil es Hochsommer war, murrte sie mich entweder an, ich solle mir etwas anziehen oder verließ den Raum. Generell hatte ich das Gefühl, als sei sie auf der Flucht vor mir, dabei konnte ich nicht einmal sagen wieso. Mir waren selbstverständlich ihre Blicke aufgefallen, wenn sie glaubte, ich würde es nicht bemerken, doch was sollte ich schon groß dazu sagen? Vermutlich hatte sie wieder nur Mitleid mit mir, weil ich es ja ach so schwer im Leben hatte, wobei es schon beinahe sie war, die Mitgefühl verdient hätte. Ihre Mutter hatte sich, meines Wissens nach, kein einziges Mal bei ihr gemeldet und Freunde schien sie auch keine zu haben, was offenbar an ihrer Zeitknappheit lag, da sie schon lange zu arbeiten schien. Hatte sie überhaupt eine richtige Kindheit gehabt? So wie andere Kinder, unbeschwert und ohne Sorgen... Vermutlich nicht. Sie war nicht so kindisch wie ihre Mitschüler, denn sie hatte früh Erwachsenenaufgaben übernehmen müssen und hatte sich ihnen angepasst. Bepo lebte sie inzwischen beinahe wie eine zweite Mutter und ich hatte mich mit der Zeit an sie gewöhnt. Ob ihr heutiger Aufzug die verspätete Rache für meine Freizügigkeit war? Auszuschließen war es nicht, dennoch vermutete ich, dass sie das damit nicht beabsichtigt hatte. Dennoch viel es mir schwer, sie nicht all zu offensichtlich zu mustern, immerhin sah sie nicht wirklich schlecht aus. Als meine Schülerin sah ich sie zwar schon lange nicht mehr, darüber waren wir schon lange hinaus, dennoch rief ich mir dieses Bild immer wieder ins Gedächtnis. Lächelnd sah ich dabei zu, wie Andi mit Bepos 'Hilfe' die Pfannkuchen machte und jedem ein paar auf den Teller legte. Inzwischen hatte ich sie soweit gebracht, dass sie Brötchen und Brot jeglicher Art von hier fern hielt und bis jetzt hielt sie sich auch strikt daran. Nach dem Frühstück setzte ich mich an meine medizinische Unterlagen, da ich durch die freie Zeit genug hatte um zu lernen und somit vielleicht sogar noch früher mein Studium abschließen können würde. Aus dem Wohnzimmer hörte ich Andi und Bepo laut Musik hören, während sie wie üblich völlig schief mitsang, was eigentlich ziemlich neidlich war. Kein Mensch war perfekt und erst Fehler machten einen vollkommen und dass sie nicht einmal durch Zufall einen einzigen, richtigen Ton traf, war beeindruckend. Ich erinnerte mich gut daran, wie ich sie beim ersten Mal gesehen hatte, wie sie voller Elan und Freude getanzt hatte und den Text misshandelte und unmittelbar nachdem sie mich gehört hatte, war sie verstummt. Sie hatte sich mit roten Wangen und völlig verkrampft zu mir umgedreht, ihre Stimme war hoch gewesen, als sie mich beschämt gefragt hatte, wie lange ich schon zugesehen hatte. Ich hatte ihr nicht geantwortet, zum einen weil ich schon gute fünf Minuten das ganze beobachtet hatte und zum anderen weil sie es ohnehin nicht mitbekommen hätte. Ihr Blick glitt hierbei nämlich über meine durchnässte Erscheinung und sie war völlig in Gedanken versunken. Vermutlich war das der Anfang von ihrem seltsamen Verhalten gewesen.
Genervt schloss ich das dicke Buch in meinen Händen und legte es bei Seite, denn so würde ich mich definitiv nicht auf die Worte vor mir konzentrieren können. Nicht dass mir ohnehin schon durchgängig Lamy im Kopf herum schwirrte, an die ich mich allerdings schon gewöhnt hatte, doch Andi war neu und somit noch ein Problem. Jedenfalls für meine Konzentration. Ich machte mir keine Illusionen, schließlich war mir bereits aufgefallen, dass sie auffällig oft in meinen Gedanken auftauchte. Doch wollte ich sie nicht noch weiter mit meinen Sachen belasten, durch meine Familienangelegenheiten hatte ich ihr schon genug zugemutet. Somit beschränkte ich mich schlicht darauf, sie immer wieder ein wenig zu provozieren und war auch mal bereit, ihr als Kissen zu dienen, wenn sie wieder einen ihrer Heulkrämpfe hatte. Viel mehr freute es mich, wenn sie gut drauf war und Spaß hatte und auch das war wieder ein Problem. Wie sollte ich mich auf meinen Stoff konzentrieren, wenn meine Laune von ihrer abhängig war? Jede Frau hätte ich mir aussuchen können und ich suchte mir die einzige aus, die ich unter keinen Umständen verlieren durfte, die Ersatzmutter von Bepo geworden war. Armor war ein mieser Verräter, ganz klar. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und beschloss etwas laufen zu gehen, um womöglich wieder meinen Kopf etwas frei zu bekommen. In meinen Spotsachen, dazu gehörte seit ein paar Wochen nun auch wieder ein Shirt, verließ ich mein Zimmer wieder, ohne auch nur einen einzigen neuen Begriff gelernt zu haben. Im Wohnzimmer tanzte Andi mit Bepo auf der Couch, wobei ihr Oberteil immer wieder leicht nach oben rutschte und den Saum ihrer Unterhose hervorblitzen ließ. Schnell gab ich bescheid, das sich laufen gehen würde, bevor ich noch auf andere Ganken kommen würde und zog mir meine Schuhe an. Auf den Straßen war kaum jemand unterwegs, sodass ich ungestört war und somit allerdings auch meinen ständigen Überlegungen ausgeliefert. Von wegen, einen klaren Kopf bekommen, das war beinahe noch schlimmer als in meinem Zimmer zu sitzen und die Musik zu mir durch dringen zu hören. Hier hatte ich nicht einmal mehr den Hauch einer Ablenkung. Entschlossen Verbot ich mir, auch nur einen weiteren Gedanken an dieses Thema zu verschwenden und beobachtete meine todeslangweilige Umgebung. Jedes Mal lief ich die selbe Route, kam an den selben Häusern und Bäumen vorbei, doch Routine war gut, sie gab dem Leben Stabilität. Nachdem ich beinahe eine halbe Stunde verbissen nur den grauen Steinweg vor mir und das grüne Gras neben mir beobachtet hatte, hatte ich es wieder einmal geschafft und sperrte die Haustür auf. Diesmal empfing mich jedoch keine Musik, sondern ohrenbetäubende Stille, sodass ich zuerst im Wohnzimmer und der Küche nach den zwei suchte, doch dort war alles leer. Anschließend ging ich in Bepos Zimmer, doch auch dort war niemand, sodass ich nun in den Keller lief. Aus Gewohnheit klopfte ich an Andis Zimmertür und erhielt auch prompt ein 'Ja'. Dort saßen Bepo und Andi auf ihrem Bett und die Braunhaarige bemalte ihn mit irgendetwas. Fragend hob ich eine Augenbraue und trat richtig ein, um mir das ganze etwas genauer anzusehen, da Bepo mit dem Rücken zu mir saß. Neben den beide kam ich zum Stehen und musste bei dem Anblick leicht schmunzeln, da Andi dem Kleinen meine ganzen Tattoos mehr oder wenig mit einem Eyeliner achgezogen hatte. Wieso hatte sie eigentlich so ein Ding, sie benutzte es doch ohnehin nicht? Diesen Gedanken verdrängend sah ich nun auch Andi etwas genauer an und bemerkte, dass ich sie die Hände und Oberarme bemalt hatte. An dem Rand ihres Oberteil erkannte ich, dass sie zumindest den Ansatz meines großen Tattoos nachgezeichnet hatte, jedoch verschwand dieses in ihrem Dekoltée. Zu gerne hätte ich gewusst, ob sich sich wirklich das ganze Teil nachgemalt hätte, so wie sie es bei Bepo getan hatte. "Guck Law, jetzt seh ich aus wie du und Andi auch!" Ganz stolz deutete der kleine auf seine Brust und strahlte mich an. Immer wenn ich ihn sah, erinnerte er mich an seine Mutter, als sie so alt war wie er. Er war vom Verhalten her wirklich eins zu eins wie sie und trotzdem schaffe es Andi besser, mit ihm umzugehen als ich. "Sehe ich, das hat sie wirklich gut hinbekommen." leicht lächelnd setzte ich mich zu Bepo und nahm ihn auf den Schoß, musterte die schwarzen Linien etwas genauer. Das ganze kam meinen wirklich sehr ähnlich und das, obwohl Andi das ganze nur aus dem Gedächtnis gemalt haben musste. Vielleicht war ich doch ein wenig öfter ohne Shirt herum gelaufen, als ich es wirklich gedacht hatte. Doch Andis rotes Gesicht war es jedes Mal aufs Neue wert gewesen und mich störte es nicht, sodass ich das wohl noch ein paar Mal öfter tun würde. Wieder bemerkte ich ihren Blick auf mir, doch diesmal wirkte es, als würde sie durch mich hindurch sehen, was sich bewahrheitete, als ich Aufstand und sie immernoch auf die selbe Stelle starrte. "Erde an Andi?" leicht rüttelte ich hierbei an ihrer Schulter, woraufhin sie sofort heftig zusammenzuckte und rot anlief. Gerne hätte ich gewusst, woran sie gerade gedacht hätte, dass offenbar allein schon bei meine Nähe reichte, um sie in Verlegenheit zu bringen." Du solltest duschen gehen." Etwas verwundert sah ich sie an, doch sie hatte ihren Blick auf Bepo gerichtet, der ein wenig im Zimmer herum lief. "Ich mache noch ein paar Übungen, danach geh ich duschen. Hast du es denn so eilig, mich hier heraus zu scheuchen?" Nun richteten sich ihre großen, braunen Augen nun doch auf mich und musterten mein verschwitztes Gesicht. "Nein, bleib so lange du willst." Sie sagte das mit einer solchen Gleichgültigkeit, dass es mich ehrlich überraschte. Wo war die Andi hin, die sich immer um Kopf und Kragen redete? Die hier war nur noch ein schlechter Abklatsch von dem Original und langsam begann es mich ernsthaft zu stören. Nie gab sie mehr Kontra oder regte sich auf. "Darf ich erfahren, was dich so sehr beschäftigt?" Erschöpft setzte ich mich neben sie auf den Boden und sah zu ihr auf. "Nichts wichtiges, nur das übliche." Dass sie mir einfach so ins Gesicht log, war schon beinahe lächerlich, denn sie wusste, dass ich ihr kein Wort davon glaubte. "Willst du es mal mit der Wahrheit versuchen?" Stumm schüttete sie den Kopf und ich fuhr mit seufzend durch die Haare. "Kann ich was machen, damit du aufhörst so schlecht gelaunt zu sein?" Wenn Andi nicht bald bessere Laune bekommen würde, könnte ich mich das Vorlernen in die Haare schmieren, da ich mich dadurch auch nicht konzentrieren konnte. "Nimmst du mich in den Arm?" Etwas überrascht über ihre Worte hob ich meinen Arm an und sie ließ sich dicht neben mir ebenfalls auf den Boden sinken und lenhte sich gegen mich. Sonst hatte sie mich immer gemieden und jetzt suchte sie meine unmittelbare Nähe. Ich wurde wirklich nicht schlau aus ihr. "Ich will auch!" lächelnd kam Bepo auf und zu gerannt und setzte sich halb auf meinen, halb auf Andis Schoß und lehnte sich gegen uns. Schmunzelnd lehnte ich mich gegen das Bettgestell, meine Übungen würde ich wohl ersteinmal vergessen können, doch das war zur Zeit mein geringstes Problem. "Ich hab euch beide ganz doll lieb!" Bepo war wirklich unglaublich niedlich und das dachte ich nicht nur, weil ich sein Onkel war. "Wir haben dich auch lieb." Andi hatte wieder ihr Lächeln aufgesetzt und strich ihm durch sein weißes Haar, während ich alles nur lächelnd beobachtete. Vielleicht hatte ich es gar nicht so schlecht erwischt, ich hätte mir auch eine schlimmere Person zum verlieben aussuchen können. Andi war da wirklich noch ein Lottogewinn im Vergleich zu manch anderen Bekannten. Stumm saß ich da, genoss die Nähe der beiden und schloss einen Moment lang die Augen. Ich würde das schon hinbekommen, so wie ich auch alles andere schaffte, würde ich das hier regeln. Ich war immerhin kein puberteirender Junge mehr, der gerade seine erste Liebe gefunden hatte, noch dazu war ich nie so ein hoffnungsloser Versager gewesen, wie viele andere. Die Mädchen waren eher mir hinterher gelaufen, als anders herum, doch das in meinem Arm, war mir nur nachgedackelt, jedenfalls nicht deshalb. Sie suchte nie aufdringlich meine Nähe und stimmte allem blind zu, nein, sie hatte ihre eigene Meinung und war bereit diese vor mir zu vertreten. Ich wollte kein schüchternes Schwachstromhirn, sondern ein intelligente Frau die mir Kontra geben konnte. Doch hatte es ausgerechnet Andi sein müssen?
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Armor, ein mieser Verräter
FanfictionAndi weiß nicht mehr wo ihr der Kopf steht. Zwischen Schule und Babysitten findet sie keine Zeit für lernen oder Freunde. Ausgerechnet ihr verhasster Mathelehrer Mr. Trafalgar bietet ihr einen kleinen Ausweg, den sie unter Vorbehalt annimmt, aber au...