Leandra POV
Die letzten paar Tage sind einfach so an mir vorbei geflogen. Ich fühle mich immer noch nicht wirklich anwesend. Ich bin umgeben mit meinen Freunden und meiner Familie, aber ich fühle einfach nichts.
Heute ist seine Beerdigung. Allein der Fakt sollte mich ja überzeugen, dass er wirklich tot ist, aber es gibt einfach diesen kleinen Teil in mir der sich daran festklammert, dass er irgendwie noch lebt. Dem kleinen Teil ist es egal, wie idiotisch das eigentlich klingt und dass es unmöglich ist.
Im Moment stehe ich gerade vor meinem Schrank, aus dem ich mir ein Outfit raussuchen soll für heute. Meine Auswahl ist nicht wirklich groß, da die meisten Klamotten, die ich besitze, sehr farbenfroh sind. Ich entscheide mich schließlich für ein einfaches, knielanges schwarzes Kleid.
Schließlich trage ich noch ein bisschen Make-up auf, ziehe schwarze Pumps an und mache mich auf den Weg nach unten. Dort warten mein Bruder und meine Mutter auf mich. Meine Mutter hat ein ähnliches schwarzes Kleid an wie ich und starrt die ganze Zeit nur auf den Boden. Sie hat die letzten zwei Tage größtenteils mit Weinen verbracht. Sie hat sein Tod am meisten getroffen. Sie haben sich wirklich geliebt. Die Beerdigung haben Liam, Louis, Harry und Zayn zum größten Teil geplant, da sie nicht wirklich in der Lage war irgendetwas zu tun.
Milan trägt einen schwarzen Anzug. Er ist die letzten Tage Mamas Fels in der Brandung gewesen. Ich könnte mich dafür verfluchen, dass ich so taub bin. Ich will einfach nur irgendetwas fühlen, aber es funktioniert einfach nicht. Ich bin da, aber nicht wirklich. Ich bin nicht seelisch anwesend. Ich höre und sehe alles was passiert, aber es kommt nicht wirklich an in meinem Gehirn. Es ist einfach nur hoffnungslos.
Sobald ich am Ende der Treppe ankomme, machen wir uns wortlos auf dem Weg zum Auto. Auch während der Fahrt zur Kirche redet niemand. Die meisten sind schon versammelt als wir dann endlich ankommen. Wortlos setzen wir uns in die erste Reihe.
Der Pastor fängt bald an zu reden.
"Niall Horan war ein ehrenwerter Mann. Er war immer freundlich und steht's hilfsbereit." Eine ganze Zeit lang erzählt er noch von unserem Vater. Normalerweise würde es mich brechen, dass er in der Vergangenheitsform spricht, doch nichts. Ich fühle einfach nichts. Irgendwann ist es dann Zeit für unsere Trauerreden. Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hat, steht Mama schließlich auf und geht mit wackelnden Beinen zum Podium.
"Niall ist das Beste was mir jemals passiert ist", fängt sie an. "Erst war immer für mich da, immer an meiner Seite, wenn ich irgendetwas brauchte." Weiter kommt sie nicht, denn schon bricht sie in Tränen aus. Milan springt sofort auf und umarmt sie während sie weiterhin weint. Langsam führt er sie zurück zu unseren Sitzplätzen. Währenddessen macht er mir mit Blicken und Handbewegungen klar, dass ich zum Podium gehen soll, um weiter zu reden. Ein wenig. widerwillig stehe ich also auf.
Was soll ich überhaupt sagen? Ich habe überhaupt nichts vorbereitet. Während ich zum Podium laufe, denke ich darüber nach.
"Mein Vater war der beste Mann, dem ich je begegnet bin." sage ich schließlich. "Er war immer für mich da, egal was los war. Egal welche Probleme er hatte, er hat immer alles stehen und liegen gelassen, um mir zur Seite zu stehen. Ich wusste, dass ich mit ihm über alles reden könnte. Sogar wenn ich Scheiße gebaut habe, war er immer fair und hat mir zugehört bevor er ein Urteil gemacht hat. Er war unglaublicher Vater, Ehemann und Freund. Wir werden ihn alle sehr vermissen." Auf einmal schießen mir Tränen in die Augen, aber ich drücke sie zurück und versuche meine Rede noch zu beenden. "Ich werde dich vermissen. Ich werde dich für immer lieben."
Schnell gehe ich zurück zu unseren Sitzplätzen, da ich Angst habe gleich zusammen zu brechen. All die Tränen, die die letzen paar Tage nicht raus gekommen sind, kommen jetzt raus. Wasserfälle von Tränen laufen mein Gesicht runter. Sobald ich sitze, umarmt Milan mich ganz doll.
"Ich bin so eine Idiotin." nuschele ich in seine Brust. "Ich habe den letzten Tag mit ihm damit verbracht ihn mit meinen Problemen voll zu labern. Wie selbsteingenommen bin ich eigentlich."
Als ich mich wieder ein wenig beruhigt habe, folgen wir den anderen in einen anderen Raum, wo ein kleines Zusammenkommen für nach der Beerdigung geplant ist. Während der ganzen "Feier" lasse ich Milans Hand keine einzige Sekunde los. Ich habe Angst, dass, sobald ich sie los lasse, ich wieder in Tränen ausbrechen werde.
Als es dann endlich vorbei ist, bitte ich Milan mich sofort nach Hause zu fahren, da Mama sich im Moment noch mit den Jungs von 1D unterhält und wir sie nicht unterbrechen wollen. Ich bin echt froh, dass Mama so gute Freunde hat, die ihr durch diese schreckliche Zeit helfen können. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich Milan habe. Er ist mein Stein in der Brandung. Ich weiß, dass ich immer auf ihn zählen kann.
Sobald wir jedoch zuhause ankommen, gehe ich direkt nach oben in mein Zimmer. In diesem laufe ich dann wie ein Tiger auf und ab.
Hätten wir irgendetwas tun können, um seinen Tod zu verhindern? Hätten wir seinen Bauchtumor früher entdeckt, dann würde er jetzt vielleicht noch am Leben sein.
Während ich immer schneller auf und ab laufe, kommen mir immer mehr Gedanken, was wir hätten anders machen können. In mir bildet sich eine Menge Zorn an. Ich kann auch nicht wirklich erklären wieso, aber in der einen Sekunde laufe ich noch in meinem Zimmer rum und in der nächsten Sekunde zerbricht die Vase auf dem Boden.
Geschockt springe ich zurück als die Scherben auf den Boden prasseln. Sekunden später kommt Milan in mein Zimmer gestürmt.
"Was ist passiert?" fragt er besorgt. Ich versuche zu reden, aber es kommen einfach keine Worte aus meinem Mund. Stattdessen kommen Tränen aus meinen Augen.
Gefühlte Stunden sitze ich auf dem Boden in Milans Armen und heule mich aus. Irgendwann hören wir wie die Haustür sich öffnet und Mama nach Hause kommt.
"Ich komme gleich wieder." sagt Milan und läuft schnell nach unten. Sobald er aus der Tür raus ist, stehe ich mühsam auf und schließe diese hinter ihm ab.
Ich weiß, dass Milan es nur gut meint, und ich bin ihm auch ewig dankbar dafür, aber das hier muss ich einfach alleine durchstehen.
Stundenlang, wenn nicht sogar tagelang, liege ich in meinem Bett und weine einfach nur. Hin und wieder klopfen Milan oder meine Mutter an meine Tür, doch ich ignoriere sie einfach. Mir ist klar, dass es vielleicht ein bisschen unfair ist, aber jeder trauert nun mal auf seine eigene Art und Weise.
Irgendwann schlafe ich schließlich weinend ein.
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The Story of Leandra and Milan Horan
RomanceFortsetzung von The Story of Misses L and Lilly Malik Inzwischen sind Leandra und Milan schon 16 Jahre alt. Auf einmal kommt ein neuer Junge namens Ezra auf ihre Schule, der alles auf den Kopf stellt. Was wird passieren, wenn jemand droht ein Gehei...