Kapitel 17

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„Das Portal ist repariert", suchte uns Snyderlein völlig übermüdet am nächsten Tag beim Frühstück auf. „Wenn ihr wollt, könnt ihr gleich los."

Marcus und ich sahen uns an. Er zuckte mit den Schultern. „Mir egal."

„Ich würde mich gerne noch von ein paar Menschen verabschieden", gab ich an und „borgte" mir Barbara für eine kleine geschnipste Rundreise durch das Märchenland. Schneeweißchen, Rosenrot, ihrer Mutter und dem Giftzwerg stattete ich zuerst einen Besuch ab, dann Rapunzel und ihrer bösen Stiefmutter, die schon wieder nach einer Mischung aus Döner und Alkohol stank. Bei den sieben Zwergen fiel mir der Abschied besonder schwer, als mich der Große mit Tränen in den Augen in den Arm nahm. Auch die böse Königin wollte ich besuchen, doch sie ließ sich entschuldigen. Die Magd erzählte mir, dass Aragorn auf Stippvisite bei ihr im Schlafgemach weilte. Ich war etwas entsetzt, denn der echte würde das nie tun. Er liebte nur seine Arwen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass sie nur zusammen fern sahen. Glaube das, wer will. Der Besuch im Reich von König Drosselbart entfiel. Mit ihm hatte ich nicht sonderlich viel zu tun.

Nachdem die Rundreise vollzogen war, trafen wir uns in Barbaras stylischer Hexenhütte, die ja nicht sooo weit von unserem Portal entfernt war. Dort hatte sich auch Snyderlein eingefunden, der es nicht unterlassen konnte, mir zu sagen, dass ich mehr auf meine Garderobe achten solle und Marcus und mir zwei mittelalterliche Gewänder geschneidert hatte, die perfekt saßen. In diese gekleidet, traten wir den Fußmarsch zum Portal an und beendeten den Besuch im Märchenland mit zwei Umarmungen.

„Vielen Dank nochmal, dass ihr uns geholfen habt", schüttelte Snyderlein unsere Hände.

„Man gut, dass du den richtigen Riecher hattest", witzelte ich und lächelte den kleinen Mann an.

„Kommt gut nach Hause", küsste Barbara Marcus und mich auf die Wange. Sie war echt lieb. „Und meldet euch mal." Sie überreichte mir einen Speicherstick. „Adressen und Telefonnummer, sowie Frequenzen von Märchenland. Wenn ihr Kontakt halten wollt. Wenn ich um das Handy bitten dürfte."

"Öhm, das habe ich schon lange nicht mehr", zuckte ich mit den Schultern. Irgendwo war es liegen geblieben. 

Wir bedankten uns und auf der Wiese wurde ein großer Heuhaufen sichtbar. Zeit zu gehen.

Durch das Heu und den Gang gewühlt, teils im freien Fall, schaufelten wir uns auf der anderen Seite wieder heraus. Hier war keine Zeit vergangen. Selbst das Lied, das gespielt wurde, als wir weggingen, war noch am Laufen. Doch hatte uns dieses Abenteuer sehr verändert.

„Möchtest du schon gehen?", fragte ich Marcus, als wir auf dem Heu sitzend eine kleine Pause machten.

 "Nein. Ich möchte", legte er sich wieder ins Heu. „...da wieder anfangen, wo wir aufgehört haben." Er zog mich in seine Arme. Mit bebenden Herzen, seichtem Geflüster und sanften Küssen lagen wir noch eine ganze Weile da und genossen die lauschige Sommernacht, das Zirpen der Grillen, die Bratwurst-Geruch-geschwängerte Luft und den Duft von allerhand Kräutern, die den Mittelalter-Märkten so zu eigen sind, und vor allem: unsere Zweisamkeit.

Als ich in der Tardis erwachte und nach Marcus tastete, war er nicht da. Ich dachte mir nichts dabei, vielleicht war er auf dem Klo, unter der Dusche oder etwas essen. Also drehte ich mich noch einmal rum.

Eine Stunde später vollzog ich die Morgenrituale und tapste in unsere tardiseigene Küche in der Hoffnung ihn dort an einem Kaffee nippend aufzufinden. Niemand da. Ich war irritiert und schlurfte in den Konsolenraum. Niemand da. Mit jedem weiteren Raum, den ich durchsuchte wuchs meine Angst. Hatten wir uns verpasst? War er ausgestiegen?

Ich ging zurück ins Schlafzimmer und da fiel mir auf, dass seine Smartwatch auf dem Nachttisch lag. Er würde nie ohne sie weggehen. Ich verließ die Tardis. Sie stand noch dort, wo wir sie zum Besuch des Mittalaltermarktes abgestellt hatten. Weit und breit keine Spur von Marcus.

Meine Unruhe wuchs. Wo war er? Es ging mir hier nicht um Kontrolle. Er war ein freier, erwachsener Mann. Ich machte mir schlicht Sorgen. Die Kommunikationsmittel in der Tardis nutzend machte ich eine Ansage. Wenn er im Schiff war, musste er es hören. Doch es kam keine Antwort.

Es verging eine Stunde, eine weiter und noch eine. Ich lief herum wie ein eingesperrter Tiger im Zoo. Ein beklemmendes Gefühl erreichte meine Brust. Auch die Tardis machte sich Sorgen und das, das war ein eindeutiges Zeichen. Wo war Marcus?

Inmitten des Konsolenraums, hielt ich die Spannung nicht mehr aus:

„Marcus?! Wo bist du?", war meine Stimme so laut und meine Verzweiflung so groß, das beides im gesamten Universum zu hören und zu fühlen war. Mein Herz riss entzwei.

The Doctoress - Märchen-Haft (10)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt