2. Nerviger Verfolger

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,,Geht schon, ich erledige das selbst. Du bist entlassen."
Ich drehte ihn an der Schulter um und schubste ihn weg, wobei ich leider nicht anders konnte, als an ihm herunter zu schauen.

Uff. Sein Arsch ist wirklich scharf.

Er drehte sich direkt wieder zu mir um. ,,Ich werde Euch begleiten, ob Ihr wollt oder nicht."
,,Hör erstmal auf mich so cringe anzusprechen. Bist du im Mittelalter hängengeblieben? Das ist doch peinlich."

Er folgte mir seufzend. Irgendwas an seiner Stimme faszinierte mich. Wenn ich es mir recht überlegte, konnte er ruhig mehr reden, er würde er ja sowieso nicht verschwinden.

„Willst du sie mir nicht vorstellen?", fragte ich und deutete auf die Python.
„Sie hat keinen Namen", sagte Nagisa.
Ich sah ihn skeptisch an. „Wer gibt seinem Haustier keinen Namen?"

Die Schlange fauchte. Nagisa lächelte verlegen. „Sie ist nicht mein Haustier. Nennt sie einfach wie Ihr wollt, wenn es Euch stört, aber sie wird nicht darauf reagieren. Ich bin der einzige, der mit ihr reden kann."

„Du sprichst die Schlangensprache", begriff ich. „Sag was zu ihr."

Die Schlangensprache wollte ich schon immer mal hören.

Er zögerte kurz, dann klappte er den Mund auf und zeigte mir seine gespaltene Zunge. Die Python zischte, dann er, und sie sahen mich an. Es folgte ein etwas herrischer Ton, bevor er den Mund wieder schloss.

Wow, das war . . .

„Worüber habt ihr geredet?", fragte ich.
„Wüsstet Ihr wohl gerne."
„Ernsthaft?" Ich musste lachen. „Langsam nervst du."
„Wir sind da."

Ich sah zum Menschenportal, auf das Nagisa zielstrebig zu lief. Alarmiert packte ich sein Handgelenk.
„Hey, stop. Wir müssen uns noch vorbereiten."
„Huh? Was brauchen wir denn?"

Zum ersten Mal erkannte ich Unsicherheit in seinem Blick, was ihm auf skurrile Weise was Unschuldiges verlieh. Ich starrte zurück, bevor ich anfing zu grinsen.

,,Du warst noch nie da oben, stimmt's?", fragte ich schadenfroh.
Er schluckte und zog die Schultern hoch.
Ich seufzte. ,,Du bist echt anstrengend. Los, komm her."

Er trat an mich heran und ich merkte, wie es mir kalt über den Rücken lief, als ich erneut seine Nähe spürte.

Was ist das für ein Gefühl? Fast, als hätte ich Angst . . .

Zögernd berührte ich seinen Arm. ,,Halt dich fest."
Er legte die Hände auf meine Schulter. Durch ein Schnipsen standen wir eine Sekunde später in meinem Zimmer.

Nagisa ließ mich los und sah sich neugierig um. Seit meinem ersten Auftrag hatte ich es wie das eines menschlichen Teenagers eingerichtet. Irgendwie hatte ich gefallen daran gefunden.

Nur schade, dass es hier unten kein Wlan gibt. Sonst könnte ich zocken wenn ich frei habe.

,,Hier wohnt Ihr also", stellte Mr. Snake fest.
,,Offensichtlich", antwortete ich abwesend und lief zum Schrank.
,,Von hier aus hat man ja einen perfekten Blick auf die Feuer der Verdammnis", sprach er fasziniert weiter und schaute aus dem Fenster.

,,Mhm, nur leider hört hier man nichts. Ich höre ihren Liedern gerne zu."
,,Das sind keine Lieder, sondern das Geschrei von Toten, die verbrennen. Verbrannt, ohne zu sterben. Die ewige Folter."
,,Davon rede ich ja."

Er musterte mich. ,,Ihr seid wirklich ein Sadist. Wie alle sagen."
Huh . . .
,,Du hast dich ja richtig über mich informiert."

Er zuckte mit den Schultern. ,,Ich bin ein Mitglied der Schlange. Als Gehilfe des Teufels ist es meine Pflicht, alles über den König und Seine Familie zu wissen."

,,Oh man. Wie lange hast du gebraucht um diesen Satz auswendig zu lernen?"
Nagisa biss sich ertappt auf die Unterlippe. ,,Wurde mein Leben lang drauf vorbereitet."
,,Von deiner Familie? Inwiefern? Ich dachte, ihr kriecht nur herum."

Beim Reden musterte ich die zugerichtete Haut an meinem Arm. Die Säure hatte schlimme Wunden hinterlassen. Sie zischten immer noch, wenn ich darüber strich.

Auch die anderen, halbwegs gut verheilten Narben stammten von meinem Dad. Schnitte seiner Teufelspeitsche an Rücken und Brust, Einkerbungen der viel zu engen Ketten, Messerschnitte, sogar grob genähte Stellen, wo die Fäden so aussahen, als sei ich eine Puppe.

Dafür hasste ich meinen Vater. Ich war jung gewesen, als er mir das alles angetan hatte und würde mich dank dieser Markierungen für immer daran erinnern müssen.

Missbilligend zog ich mich aus, dabei nahm ich erst gar nicht wahr, dass Nagisa antwortete: ,,Ihr wollt mehr über meine Familie wissen? Warum?"

,,Warum nicht? Von der Schlange ist nichts bekannt. Die paar Male, in denen ich deinen Vorgängerinnen begegnet bin, habe ich nur knapp überlebt. Jetzt wo du schon hier bist, kannst du mir ja persönlich davon erzählen. Übrigens, ist deine Blutlinie nicht weiblich? Sicher, dass du kein Mädchen bist?"

Bei dem Hintern.

,,Bin ich nicht. Aber Ihr habt recht, der Rest meiner Familie ist weiblich oder wurde für weiblich gehalten. Das ist normal, mir passiert das auch oft . . ."

Zum ersten Mal sah er vom Fenster auf und musterte verdutzt meine nackte Brust. „Was machst du?"
Oh, das erste Mal, dass er dieses peinliche Pronomen wegließ.

Ich spannte automatisch meine Bauchmuskeln an und seine Augen huschten haltlos über sie.

Ganz genau. Sieh mich an.

Als hätte er meine Gedanken gehört, wandte er sich plötzlich wieder dem Fenster zu.
„Ich ziehe mich um", sagte ich nüchtern.
Als ich fertig war, musste ich ihn antippen, damit er mich ansah. ,,Du bist dran."
,,Womit?"

,,Das ist mein Outfit für die nächsten vier Wochen. Wo wohnst du? Du brauchst auch sowas. Mit den dünnen Schuppen denken die Leute sonst noch, du wärst ein Cosplayer von Ladybug. Oder ein Stripper", sagte ich.

Verständnislos legte er den Kopf schief.
Ich seufzte. ,,Egal. Wir sollten uns beeilen, so wie ich meinen Vater kenne, gibt er uns so wenig Zeit wie möglich für das alles. Es ist schon seltsam dass wir einen ganzen Monat kriegen . . . Hier, zieh das an."

Flüchtig griff ich in den Schrank. Er fing die Kleidung auf und betrachtete sie.
,,Sobald wir durchs Portal sind, sollte dieser Schuppenanzug verschwinden, deshalb musst du es drüberziehen."

,,Okay", antwortete er nur noch, sagte Nagini (sehr kreativer Name, ich weiß) irgendwas auf schlängelisch und die riesige Python glitt von ihm runter. Dann zog er sich das Hemd über.

Oder versuchte es zumindest. Oh man, war es das erste Mal, dass er menschliche Kleidung anzog? Oder überhaupt richtige Kleidung? Seufzend half ich ihm mit den Knöpfen und der Kravatte, wie bei einem Kleinkind.

Wenigstens gab er sich Mühe, auch wenn wir erst nach 5 Minuten fertig waren. Nagini hatte sich bereits um meinen Schreibtischstuhl gewickelt und machte immer wieder Zischlaute, als würde sie lachen. Nagisa ignorierte es gekonnt.

Durch die Hölle mit dir - KarmagisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt