Nagisa wollte, dass ich kochte. Das eine Mal mit dem Schwänzen hatte ihm offenbar geschmeckt. Jetzt sah er in mir seinen persönlichen Koch - nicht, dass mich das störte.
Zumindest fragte er mich noch am selben Abend, ob wir zusammen Kochen könnten, und so setzte ich mich mit einem Kochbuch auf den Tresen und suchte nach einem Rezept. Ich nahm meine Aufgabe ernst.
,,Worauf hast du denn Lust? Kann sein, dass wir noch einkaufen müssen, wir haben kaum was hier", erklärte ich, während ich durch die Seiten blätterte.
Nagisa trat dichter an mich heran und beugte sich über das Buch. Ich kannte seinen Geruch inzwischen, und trotzdem musste ich jedes Mal dem Drang widerstehen, tief einzuatmen. Er roch irgendwie . . . lecker.
,,Das da sieht gut aus", sagte er und zeigte auf ein vegetarisches Currygericht.
Ich nickte. ,,Dann müssen wir einkaufen gehen."Eine halbe Stunde später standen wir an der Küchenplatte und schnibbelten das Gemüse klein.
,,Hättest du eigentlich eine Idee, wie wir mehr aus Okuda und Kayano herausbekommen? Wir müssen das mal besprechen", begann ich.
,,Wir haben doch gerade eine Chance", antwortete Nagisa und lächelte.Huh?
,,Und die wäre?", hakte ich nach.
Er legte den Kopf schief. ,,Sie haben doch gerade Streit, oder nicht?"
,,Was? Woher willst du das wissen?",,Kayano war doch sauer auf Okuda, weil sie sich mit dem Gift verplappert hat. Auf dem Nachhauseweg haben sie sich ignoriert, weißt du noch? Ich dachte, vielleicht kommt es uns ganz gelegen, wenn sie sich für den Moment nicht verstehen. Wir können sie trennen."
Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Wie jetzt?
,,Woher weißt du das alles?"
,,Ich . . . hab's gesehen?"
,,Gesehen."
,,Du den nicht?"
Er sah mich so verdutzt an, dass ich mich dumm fühlte.
,,Nein", sagte ich leise.Er hatte das alles mitgekriegt, nach dem gerade mal zweiten Tag hier oben? Ich hatte Jahre gebraucht, um die menschlichen Gefühle und Gesten richtig zu deuten und konnte immer noch nicht genau sagen, was in anderen vorging.
Also wie . . . ?
Durfte ein Killer überhaupt so empathisch sein? Was wäre, wenn er Mitleid mit seinen Opfern bekam? Wenn er den Auftrag nicht zu Ende bringen wollte?
Ich sah ihn schief an. ,,Okay, wie wäre es wenn wir Kayano töten und Okuda überwältigen, auf eine Weise, mit der sie nicht die Chance hat, irgendeine Magie zu wirken. Dann foltern wir sie, bis sie uns das wichtigste erzählt hat und verdammen sie gemeinsam nach unten."
Die Worte sprudelten von selbst aus meinem Mund. Es war spontan, denn es ging mir vor allem um Nagisas Reaktion. Ich konnte ihn nicht gebrauchen, wenn er sich weigerte, zu töten oder zu foltern.
Wie erhofft verzog er keine Miene. ,,Wir müssten auf jeden Fall noch die Einzelheiten klären. Aber es ist ein guter Anfang."
Ich entspannte mich etwas. ,,Ja, das war auch nur für den groben Überblick."Warum bin ich so erleichtert?
,,Okuda wirkt emotional nicht besonders intelligent", überlegte er. ,,Sie versteht andere nicht. Jedenfalls kommt es mir so vor. Das heißt, theoretisch können wir sie sogar ohne Folterungen dazu bringen, uns mehr zu verraten."
Sofort ebbte meine Erleichterung ab. ,,Was, hast du Angst ihr was anzutun?"
Er schüttelte den Kopf. ,,Nein, nein. Mir ist egal, was aus ihnen wird, wenn wir alles haben, was wir brauchen. Ich kann sie auch selbst töten."Dieser Unterton in seiner Stimme . . . wie klang er nur so heiß, wenn er übers Morden sprach?
,,Ich denke nur, es ist sicherer", überlegte er weiter. ,,Wer weiß, wie viele magische Tricks sie noch haben, von denen wir nichts wissen? Vielleicht erwarten sie ja sogar, dass wir sie angreifen. Aber wenn wir das mit Freundlichkeit tun, wird Okuda bestimmt überrumpelt sein. Sie weiß nicht einmal, wie ihr geschieht."
Ich legte mein Messer beiseite. Er war nicht schlecht, was Zwischenmenschliches betraf. So hatte ich nicht darüber nachgedacht. Für's erste konnte ich mich damit zufriedengeben.
,,Und wie hast du vor, das zu tun?", erkundigte ich mich.
,,Nicht ich", antwortete er. ,,Du."
Huh? ,,Warum ich? Kannst du mal zum Punkt kommen?",,Ich glaube, Okuda ist an dir interessiert, Karma. Damit hast du unglaubliche Möglichkeiten. Du kannst mehr aus ihr herausbekommen als ich, wenn du ein bisschen . . . deinen Charme spielen lässt."
,,Ist das dein Ernst?", fragte ich ungläubig. ,,Du willst in so eine Richtung gehen? Was soll ich tun, mit ihr rummachen, oder was? Ich kann sie auch direkt flachlegen und dabei fragen, besser?"
Beim Gedanken daran bekam ich einen dicken Klos im Hals. Natürlich waren mir ihre Blicke nicht entgangen. Oder dass sie so oft errötete, wenn ich sie ansprach. Aber das lag an meinem Aussehen, und nicht an ehrlichem Interesse.
Außerdem, wenn sie von meiner wahren Identität wusste, würde sie doch nie so weit sinken und sich in einen Dämonen verlieben. Nagisa übertrieb gewaltig.
Ich wollte ihr nicht auf so eine Weise näher kommen. Sie war nicht mein Typ. Wenn Nagisa so etwas von mir erwartete, würde ich erst ihn, dann Okuda, und dann mich umbringen.
,,Davon rede ich nicht", murrte er zurück. ,,Du sollst sie nicht küssen und mehr schon gar nicht! Sonst - sonst denkt sie noch, du willst nur ihren Körper."
Ich legte ungeduldig den Kopf schräg.,,Ich meine, wenn du so tust, als wärt ihr Freunde und sie erst herausfindet wie cool du drauf bist, könnte es sein, dass sie langsam an der Dämonen Theorie zweifelt. Sie wissen ja nicht zu hundert Prozent von uns. Das ist gut. Nur wegen Kayano müssen wir uns was überlegen."
Ich unterdrückte ein Seufzen. Ich würde mich damit zufrieden geben müssen. Auf jeden Fall für's erste. Dad hatte gesagt, dass Nagisa den Auftrag leiten würde, und so würde es wohl oder übel sein.
Aber er war offensichtlich noch zu unerfahren. Ich bezweifelte, dass sein Plan funktionierte, selbst wenn der Ansatz passabel schien.
,,Mmmh~. Du findest mich also cool", lenkte ich mich mit Sticheleien ab. ,,Ich verstehe schon."
Nagisa errötete und sah weg. ,,Muss ich wohl. Wir sind seit zwei Jahren beste Freunde. Alternativ."Autsch.
Und damit transportierte man mich unwiderruflich in die Friendzone. Auf die schlimmste Weise, wie nur möglich. Wenigstens hatte er mich nicht gebrozoned, das wäre noch schlimmer gewesen.
Ich musste ein Seufzen unterdrücken. Echt, langsam verstand ich meinen eigenen Kopf nicht mehr.
Seit wann denke ich über so etwas nach?
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Durch die Hölle mit dir - Karmagisa
Fanfiction❗enthält Gewalt und Sex❗ Karma, ein Dämon hohen Ranges, wird für ein Attentat in die Menschenwelt geschickt. An sich ist das nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht dieser komische Typ, der ihm plötzlich auf Schritt und Tritt folgt. Fakt ist, dass Nagi...