29. Außer Verstand

1.4K 93 28
                                    

(POV. Karma)

Auf den Fluren hielt ich mir den Mund zu, um meinen Sadismus so gut wie möglich zu ersticken. Nagisas Emotionen entzückten mich so sehr. Lust, Verlegenheit, Schock, absolute Verzweiflung . . .

All das, innerhalb von ein paar Sekunden. Wie faszinierend.

Wieder brach ich in Gekicher aus, während sich meine Hand so fest um die Türklinke schloss, dass meine Knöchel weiß wurden. Vielleicht aus Angst. Würde er wirklich rauskommen, würden wir uns wohl nie wieder sehen können.

Ich muss mich an mein eigenes Wort halten. Ahaha, fuck! Das ist, als schaufle ich mir mein eigenes Grab!

Angespannt lehnte ich mich gegen die Tür und hörte dem leisen Weinen aus dem Inneren des Zimmers zu. Bis mein Paranoia nachließ und ich die Klinke loslassen konnte, vergingen mehrere Minuten. Die Beule in meiner Hose brauchte etwas länger. Erst dann gelang es mir zu gehen.

,,Wieso schläfst du nicht?", war das erste, was Karasuma sagte, als ich den Raum betrat. ,,Du musst dich noch ausruhen, Karma."
Ich seufzte. ,,Geht nicht. Ich habe zu tun."
,,Und das wäre?", fragte er nach.

,,Sechshundertachtundachtzig Gefangene meines Vaters. In den Kerkern. Wie es aussieht hat er sie für seine Folterspiele benutzt und sonst so Übles mit ihnen angestellt, das darf ich alles aufräumen."

,,Sechshundert Gefangene?", wiederholte Karasuma verdattert.
,,Er war fleißig. In seinem Schlafzimmer sind die ersten vier, laut den Herzschlägen jedenfalls, da wollte ich anfangen. Hilfst du mir?"

Er legte die Stirn in Falten. ,,Jetzt sofort?"
,,Ja, ich muss so schnell wie möglich anfangen. Sonst stirbt die Hälfte, bevor ich was ausrichten kann."
Er zögerte. ,,Na gut."

Wir teleportierten gemeinsam vor eine violette Tür. Das ehemalige Schlafzimmer meines Alten. Er stand auf Lila. Vielleicht hatte ich es deshalb nicht bei Okuda ausgehalten.

Ich fühlte wie nervös ich wurde, als ich vortrat und sie öffnete.

,,Uff."

Es waren fünf Frauen. Vier lagen auf Dads riesigem Bett, die letzte auf dem Boden. Sie war tot. Deshalb hatte ich keinen Herzschlag gehört.

Mir wurde schlecht. Vermutlich hatte er sie so lange gepeinigt, bis sie starb, und ihre Leiche achtlos vom Bett geschubst. Das schlimmste daran war, dass sie ein Mensch war. Genau so wie eine zweite.

Er hat lebende Menschen in die Unterwelt entführt?

,,Wuh- ah- wer bist du?", stammelte eine Dämonin plötzlich. ,,N-Nein! Geh - GEH WEG! GEH WEG!"
Sie tickte völlig aus, obwohl ich mich nur wenige Schritte genähert hatte.

Ihr Schreien weckte die anderen auf. Abgesehen von der menschlichen Frau schloss sich der Rest an und ich musste meine Ohren zuhalten. Karasuma war vor Verstörung längst zurückgewichen.

,,Sie sind nicht mehr bei Verstand", flüsterte er mir zu. ,,Es gefällt mir gar nicht, aber wahrscheinlich müssen wir ihnen den Gnadenstoß geben. Sie werden das hier doch nie vergessen."

Ich nickte verbittert. So eine Scheiße.

Die stille Menschendame musterte mich argwöhnisch, aber seltsam gelassen. Sie war bildhübsch. Ihr blondes Haar floss wie Wasser, glänzend und wellig vom Scheitel herunter und ihre Oberweite (die Betonung liegt auf Weite), war wie der Rest ihres Körpers unbedeckt.

,,Tu endlich was, du Rotznase", fuhr sie mich an.
Huh? Diese Bitch. Sie sah doch, dass ich der Auslöser für das Gezehter war.
,,Soll ich ihnen den Mund zuhalten?", knurrte ich zurück

Durch die Hölle mit dir - KarmagisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt