27. Attraktive Morde

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Nagisa eilte zu mir und hob die Hand für ein High Five. Ich gab ihm die unverletzte und er verschränkte unsere Finger, bevor ich sie zurückziehen konnte.
,,Du hast es geschafft", wiederholte er stolz.

Ich zog ihn zu mir und küsste ihn auf die Stirn. Ein Glück. Ihm war nichts passiert. Zumindest nichts Gravierendes.

Hinter uns tuschelten die Dämonen, während sie uns, die erloschene Kugel und den Aschefleck anstarrten, an dem vorhin noch Dad gelegen hatte. Sein Tod schien langsam zu allen durchzusickern.

Manche schauten unschlüssig in der Gegend herum, als warteten sie auf Befehle, andere schielten zum Thron, dann zu mir, grinsten, und rasten los.

Uuuh, so lief das also. Ein Wettrennen. Wer als erster saß, kassierte die Lorbeeren?

. . .

Nevermind.

Der Typ an der Spitze, der als erster den Thron berührt hatte, löste sich augenblicklich auf. Die anderen hielten gerade rechtzeitig an. Also konnte sich nur derjenige setzen, der seinen Vorgänger gekündigt hatte.

Ich lachte. Vielleicht war's doch nicht so schlecht, dass Nagisa mir dieses Leuchtedingsta gegeben hatte.
,,Warte hier", sagte ich an ihn gerichtet und fuhr kurz über seine Wange. ,,Und bleib bei Karasuma, ich traue den Trotteln hier nicht."

Die Dämonen machten mir Platz und beobachteten jeden Schritt, mit dem ich auf den Thron zuging. Jetzt, wo der Kampf vorbei war, meldete sich so langsam mein Körper wieder.

Meine Rippen durchzog Schmerz, wann immer ich einen Fuß vor den anderen setzte und die Stichwunde in meinem Handrücken blutete zwar nicht mehr, machte aber ebenfalls auf sich aufmerksam.

Ich blieb stehen und berührte die kühle Armlehne des Throns. Nichts geschah. Heh. Amüsiert ließ ich mich hineinsinken. Eine rote Druckwelle raste durch den ganzen Saal und riss alle zu Boden. Nagisa, Karasuma, Python - bewusstlos.

Das bekam ich nur am Rande mit. Mein Kopf versank in Trance, wie bei einer Narkose. Als triebe ich in heißem Wasser. Mein Körper rutschte vor Entspannung tiefer in den Sessel.

„Gehst du den Vertrag ein?", durchdrang mich eine Stimme. Sie war gewaltig und schien geradewegs aus dem Thron zu kommen.

Als König verpflichtete ich mich für vieles. Portale offen zu halten, gegen Engel zu kämpfen, Feuer zu sähen, Menschenseelen zu verschleppen, einen Nachfolger zu zeugen und die Unterwelt mächtig zu machen.

Dafür lieh mir der Thron seine Macht.
„Ja", erwiderte ich.

Das Wasser wurde eiskalt und klärte mein Bewusstsein. Alle meine Sinne schärften sich, auf eine Weise, die mir ganz und gar nicht gefiel.

Plötzlich hörte ich die Stimmen von Dämonen, völlig durcheinander und weit außerhalb des Schlosses, von wo ich sie niemals hätte hören können. Ich fühlte, wie ein Dämon durch ein Portal trat und eine verwirrte Seele mit sich zog. Ich roch den Rauch aus dem Fegefeuer. Ich schmeckte Blut und den Nachgeschmack der Erdbeermilch, die ich heute morgen getrunken hatte.

Das Sehen kann ich am schwersten beschreiben. Denn ich sah alles, von der Unterwelt wie von der Menschenwelt, aber nicht mit dem bloßen Auge. Es war wie eine Karte in meinem Kopf.

Menschen, Dämonen und andere Wesen schrumpften zu leuchtenden Punkten zusammen. Alte, die dem Tod näher waren, leuchteten in einem schwächeren Licht als junge.

Und das schlimmste daran - sie hatten individuelle Farben. Milliarden an Seelen. Alle bunt und durcheinander. Das war viel zu viel.

Ich würde doch Jahre brauchen, bis ich daran gewöhnt war. Wie sollte ich bis dahin überleben? Es war eine absolute Folter, plötzlich so viel wahrnehmen zu müssen.

Durch die Hölle mit dir - KarmagisaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt