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- Blue -

Lieber Blue,

Deinen Namen habe ich in letzter Zeit eher selten benutzt. Ich habe dich und James immer nur 'meine Brüder' genannt. Es war einfach einfacher. Weisst du, ich habe euch immer geliebt. Dabei kam es mir immer total verrückt vor, zwei Abbildungen meiner Selbst du lieben, obwohl wir von Grundauf verschieden sind. Nun ja, nun hatte ich die Bestätigung: eure Existenz war vorhergesehen. Genau wie die jeder Person. Nur, dass Gott (oder wer auch immer) deine und James' Bestimmung ignoriert und uns alle in einen Körper gesteckt hat: nämlich meinen. Denn Drillinge hätten die Welt ja sooo überfordert. Doch auf eine verrückte Art und Weise bin ich sogar dankbar: wären wir nicht als eine Person aufgewachsen, hätten wir vielleicht ein völlig anderes Verhältnis zueinander. Vielleicht würden wir uns in der Schule nicht mal 'Hallo' sagen, vielleicht wären wir auch genau wie jetzt unzertrennlich - wortwörtlich. Aber ich bereue es auch. Denn irgendwie habe ich euch alles geraubt: eure eigenen Entscheidungen, die Chance euren eigenen Weg zu gehen, eure unbeschwerte Kindheit, und, und, und. Ich kann nicht einmal alles aufzählen. Weisst du, ich hatte letztens einen Traum. James und du wart präsent, ihr saht genau wie ich aus. Aber eure Augen... In ihnen erkannverloren absolute bosheit. Weisst du, was ihr gesagt habt? ,, Wenn man den Käfig zerstört, ist man frei." Ich wusste sofort, dass ich mit 'dem Käfig' war. Und ich wusste auch, dass ihr die Gefangenen wart. Dieser Traum hat mich dazu verlanlasst, mich selbst zu töten. Um euch Leben zu lassen.
Richtig. Ohne die Angst, plötzlich ausgewechselt zu werden. Ich habe versucht, euch am Leben zu lassen. Ich wollte doch unbedingt, dass ihr mehr als ich lebt. Um euch einfach ein Stück eurer verlorener gegangener Zeit zurückzugeben. Doch mir war klar, dass das nicht genug war. Nein, noch lange nicht. Also wagte ich es. Ich folgte eurer Botschaft im Traum und beendete mein Leben. Ich hoffe sehr, dass du das hier lesen kannst. Denn dann habe ich mit meinem tod dein Leben in die Welt gesetzt. Falls nicht, tur es mir schrecklich leid. Dann werde ich mich jede verdammte Minute in der Hölle foltern lassen - vom Teufel höchst persönlich. Ich liebe dich, Blue. Lebe dein Leben, so wie du es dir immer vorgestellt hast. Such dir Freunde, vielleicht auch ein Mädchen oder einen bestimmten Jungen. Ich weiss, nachdem ich euch das angetan habe, habe ich nicht das recht dazu, aber: bitte lebe weiter. Lebe einfach nur. Gib dir nicht die Schuld für meinen Tod, denn ich habe es aus freiem Wille getan. Ich habe es getan, weil ich euch liebe. Weil ich euch immer geliebt habe. Und weil ich euch nicht für den Rest meines Lebens leiden sehen will. Denn ihr habt das gleiche Recht aus Leben wie alle anderen. Bleib wie du bist, dein Bruder Noah.

Noah. Noah. Noah. Seine Leiche wurde im Flur Nr. 247 gefunden. Direkt vor unserer Zimmertür. Mit seinem Selbstmord hat er seine Absicht bewirkt: James und ich hatten unsere eigenen Körper. Und es fühlte sich wunderbar an. Doch weder James noch ich konnten in den Spiegel schauen. Aus dem einfachen Grund, dass wir dann jedes mal Noah vor Augen hatten. Unser Noah. Der Junge, der sein Leben für seine Brüder geopfert hat. Der Junge, der bereit war, für zwei Persönlichkeiten in seinem inneren zu sterben. Der Junge, der nun unter der Erde lag. Und egal wie wunderschön und rührend sein Abschiedsbrief auch war, es änderte nichts an der Tatsache, dass wir an seinem Tod schuld waren.
Tadaaaaaaa! Drei Kapitel an einem Abend. Ich würde mich über FEEDBACKS und VOTES freuen ;)


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