Taehyung
Wieso war ich bloß so ein Feigling? Wieso konnte ich nicht einfach zu Jimin und Suga gehen um mich zu entschuldigen? Ja, wieso? Eigentlich gab es nichts, was dagegen sprach. Naja, bis auf den Fakt, dass Suga mich für einen schlechten Menschen hielt und diese Tatsache schnürte mir die Luft ab.
Sie kamen mir immer näher aber ich war mir sicher, dass sie mich nicht erkennen würden. Wie auch? Immerhin trugen alle Mützen oder Regenschirme, aber irgendwo tief in mir drin hoffte ich trotzdem, dass sie mich sehen und ansprechen würden. So müsste ich nicht- Stopp. Was tat ich denn da, verdammt? Ich fiel schon wieder in dieses Muster, dass ich mich unsichtbar machen und allen anderen solche Dinge überlassen wollte, damit ich ja nicht den ersten Schritt tun musste. Nein, das war falsch.
So sollte es einfach nicht mehr laufen.
Ich kniff die Augen zusammen und atmete ein paar Male tief durch, was eigentlich überhaupt keinen Effekt hatte. Aber in meiner Situation klammerte ich mich an jede noch so kleine Möglichkeit, mich zu beruhigen.
Ich hatte mich gerade einigermaßen eingekriegt und war überzeugt davon, dass ich Suga nun einfach ansprechen würde. Als die Beiden aber direkt vor mir waren, verließ mich der Mut endgültig. Mein Herz klopfte schon fast schmerzhaft gegen meine Brust und aus irgendeinem unerfindlichen Grund, bekam ich in genau diesem Moment einen starken Krampf in der rechten Wade. Sofort stieß ich einen schmerzerfüllten Laut aus und bückte mich, um den Muskel mit meiner Hand zu massieren. „War ja klar, dass ich jetzt auch noch 'nen Krampf kriege. Wieso hasst mein Leben mich so sehr?“, meckerte ich vor mich hin, als mir eine Hand auf die Schulter gelegt wurde. Da ich aber dachte, ich würde bloß im Weg stehen, schnaubte ich „Jaja, geh' einfach an mir vorbei, man!“, und winkte über meinen geduckten Kopf hinweg.
„Könnte ich. Aber das würde nur halb so viel Spaß machen, als dich beim Humpeln zu beobachten“, sagte jemand und sofort spannte mein ganzer Körper sich an. „Was ist? Willst du nicht wenigstens hallo sagen?“, drang mir Sugas Stimme wieder ins Ohr und ich schluckte zum keine Ahnung wievielten Mal an diesem Tag. Ganz langsam richtete ich mich auf, darauf bedacht, meine Mütze festzuhalten. Als ich dann aber wieder aufrecht stand, konnte ich Sugas Gesicht trotz der nassen Haare vor meinen Augen ganz klar sehen und es verschlug mir glatt die Sprache.
Der Mensch, der mich auf der Welt wohl am Besten kannte, stand vor mir und sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Ehm, Yoongi? Das ist Tae-“ „Taehyung, ich weiß“, unterbrach Suga Jimins Versuch, uns einander vorzustellen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Tonfall war kühl, aber nicht abweisend und das verwirrte mich. Ich wusste nicht, wie ich reagieren oder was ich sagen sollte, also stand ich einfach da und starrte Suga an. Mir ging so viel im Kopf rum, dass ich überhaupt nicht wusste, was davon ich zuerst oder ob ich überhaupt etwas sagen sollte.
„Tut mir leid!“, kam dann ganz plötzlich und lauter als beabsichtigt aus meinem Mund, weshalb ich mir die Hände davor schlug und die Augen weitete. Suga hatte gerade den Mund aufgemacht, um etwas zu sagen, da klingelte es plötzlich und ich zuckte erschrocken zusammen. „Wir reden in der Pause, du weißt wo“, kam es nurnoch von meinem eigentlich besten Freund und schon ging er einfach weiter. Jimin stand noch einen Moment lang bei mir und es schien, als hätte er auch etwas sagen wollen, tat es aber nicht und ging dann schließlich auch rein.
So sehr ich mich auch freute, Suga endlich zu sehen: Das Gespräch, was folgen sollte, machte mir schon wieder Angst...
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Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓
Fanfiction❝I think perfection is ugly. Somewhere in the things human make, I want to see scars, failure, disorder, distortion.❞ - Yohji Yamamoto Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen und obwohl es in der Natur des Menschen liegt, mit den Augen zu sehen...