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Jungkook

„JK! Du tauchst ja auch endlich mal auf! Wir dachten schon, du hättest dich verlaufen!“, schrie man mir im Haus schon entgegen, als ich es betrat. Die Musik dröhnte aus den Anlagen und alles war voll mit Leuten aus der Schule und ein paar älteren, die ich nicht kannte. Allerdings war mir das egal, denn ich hatte nicht vor, lange dort zu bleiben und schon gar nicht wollte ich mich mit noch mehr solcher Leute anfreunden. Ich musste mich einfach nur eine kurze Weile lang sehen lassen und dann konnte ich wieder nach Hause gehen.

In der Theorie jedenfalls.

Den ganzen Abend über war ich nämlich  damit beschäftigt so zu tun, als würde ich trinken, mir die Mädchen vom Leib zu halten und meinen Mitschülern so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Man, ich höre mich sicher an, als wäre ich der Star der Schule gewesen, aber es war leider nötig und ich musste da durch. Und trotzdem musste ich hin und wieder an den Typen mit der Kapuze denken. Wieso war er mir vorher nie aufgefallen? Und wieso verhielt er sich so seltsam? Vor allem aber: Wo kamen die Narben in seinem Gesicht her?

„Wir spielen sieben Minuten im Himmel, wer ist dabei?“, brüllte irgendwann jemand, und zwar zu einer Uhrzeit, bei der die Meisten schon einiges an Alkohol getrunken hatten und freudig „ICH!“, gröhlten. Und, wie konnte es auch anders sein, war ich der Erste, der am Arm gezerrt und unsanft in einen Wandschrank geschubst wurde. Na vielen Dank auch. „Okay Mädels, Jungkook ist wie immer der Erste! Wer ist diesmal die Glückliche, die sieben Minuten im Himmel verbringt?“, rief jemand, dessen Namen ich nichtmal kannte und bevor ich irgendwas sagen konnte, meldete sich ein Mädchen, das ich in diesem Moment lieber nicht gesehen hätte: Minnie.

Mit verschränkten Armen kam sie auf den Schrank zu und betrachtete mich mit hochgezogener Augenbraue. Auch das noch, die hatte mir gerade noch gefehlt. „Hey, JK“, sagte sie, wobei sie meinen Spitznamen extra betonte und einen Augenblick später stand sie auch schon neben mir im Schrank. „Na dann mal viel Spaß euch beiden, die Zeit läuft aaaaaab...“, die Tür wurde geschlossen und von draußen hörte ich noch „...jetzt!“, bevor ich die Hände in die Hosentaschen schob und mich an das Regal hinter mir lehnte.

„Was ist? Wollen wir nicht knutschen? Ach, ich vergaß, für dein Beuteschema fehlt mir ja ein Stück“, sagte sie abfällig und ich presste ihr sofort eine Hand auf den Mund. „Shhh! Man, die hören dich noch!“, kam es aus mir und ich sah panisch zur Tür, aber es rührte sich nichts. Währenddessen legte Minnie ihre Hand auf meine und zog sie von ihrem Mund. „Da draußen läuft laute Musik und die Leute feiern, wer soll mich hier drin bitte reden hören, du paranoider Idiot?“, verdrehte sie die Augen und ich sah sie verwirrt an.

„Wieso hast du dich hierfür überhaupt gemeldet, wenn du mich so scheiße findest?“, stieß ich aus und zog mein Shirt zurecht, ehe ich mich wieder ans Regal lehnte. „Um dir den Arsch zu retten, wie immer. Oder hättest du einem der anderen Mädels gerne erklärt, wieso du dich nicht wie alle anderen hormongesteuerten Teenager auf sie stürzt? Nein? Sieh' an“, schnaubte sie und ich war baff. Wollte sie mir wirklich helfen oder mir, wie eigentlich immer, bloß auf die Nerven gehen? Ich stieg bei ihr einfach nicht durch.

Die restlichen Minuten verbrachten wir weitestgehend schweigend, bis auf ein paar genervte Seufzer zwischendurch. Kurz bevor die Zeit aber ablief, trat sie plötzlich auf mich zu und streckte ihre Hand nach meinen Haaren aus, wovon ich sie sofort energisch abhielt. Bei meinen Haaren verstand ich noch nie Spaß. „Was wird das?“, fragte ich und prompt kam ein zischendes Lachen von Minnie. „Die Leute denken, wir haben rumgemacht, du Genie. Wenn du aussiehst, wie frisch aus dem Ei geprellt, kauft dir das niemand ab“, sagte sie, als wäre es selbstverständlich gewesen und ja... Es machte irgendwie Sinn.

Die Tür wurde geöffnet und Minnie verließ den Schrank vor mir, ohne mich nochmal anzusehen. Deshalb bekam sie mein gemurmeltes „Danke“ wahrscheinlich auch gar nicht mehr mit, was jetzt nicht unbedingt das Schlechteste war, denn dann hätten es auch andere gehört und JK bedankte sich nicht fürs Rummachen. Da ich danach aber auch keine wirklich große Lust mehr auf die Party hatte, verabschiedete ich mich noch von ein paar Leuten und achtete darauf, dass mich so viele wie möglich sahen, bevor ich mir meine Jacke schnappte und rausging.

Auf dem Weg nach Hause musste ich immer wieder an Minnie denken und was genau sie mit ihrer Aktion bezweckte. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich das Klirren von zerspringenden Flaschen erst gar nicht mitbekam. Als dann aber einige Leute laut zu brüllen begannen, blieb ich stehen und sah mich irritiert um. Ich weiß nichtmal mehr warum, aber das machte mich so neugierig, dass ich den Geräuschen folgte, statt einfach weiter zu gehen. An der Ecke einer Gasse blieb ich aber stehen, denn das Geschrei wurde immer lauter. Bevor ich irgendwie reagieren konnte, knallte es plötzlich extrem laut und ich zuckte direkt zusammen. „Beim nächsten Mal bist du dran, wenn du nicht zahlst, Insung!“, rief eine wütende Männerstimme und ich presste mich fest an die Wand, denn sie kamen immer näher.

Glücklicherweise war dort noch ein schmales Mauerstück, hinter dem sie mich nicht sahen, als sie wegrannten und um die nächste Ecke bogen. Ich wollte gerade weitergehen, als ich jemanden zischen und irgendwas murmeln hörte.

Sollte ich nachsehen?

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt