Schnell rennt Mailo hoch zur Promenade. Er will jetzt einfach nur zurück ins Hotelzimmer. Die Leute starren ihn an, weil er völlig durchnässt und zerzaust ist. Er eilt an einer Traube feixender Jugendlicher vorbei. "Mailo, warte!", hört er da die Stimme von Junis. Mailo dreht sich um und sieht hilfesuchend zu seinem Bruder.
Der hat gerade schon wieder eine neue Eroberung gemacht und sagt zu dem: "Sorry Maxim, wir sehen uns später."
"Das ist doch jetzt ein Joke, oder?", regt sich Maxim auf. "Du lässt mich jetzt hier mit einer Latte wegen dem ... dem Penner da stehen?"
Verärgert packt Junis ihn: "Ey, noch ein Wort und er setzt was. Das ist mein Bruder, du Idiot!"
Junis lässt Maxim los und eilt zu Mailo. Auch wenn der der Ältere ist, fragt er: "Ey, Mailo, was ist denn mit dir los? Bist du baden gegangen?"
"Du würdest es mir doch nicht glauben", antwortet Mailo im weitergehen.
"Heyy, ich bin dein Zwillingsbruder. Du kannst mir alles sagen!"
"Nein, du würdest mich für verrückt halten."
"Komm schon! Ich erzähle dir auch immer alles"
"Du darfst mich aber nicht auslachen oder so"
"Großes Zwillings-Ehrenwort!"
"Also da war ein Junge am Felsen und dann war der plötzlich weg. Der gleiche Junge war beim Sonnenuntergang im Meer. Ich wollte ihn retten. Auch da war er plötzlich verschwunden. Deshalb war ich zu spät beim Abendessen!"
Junis starrt seinen Bruder an: "Sorry, Mailo, aber das klingt schon unglaubwürdig. Das war bestimmt eine Fantasie von dir. Weil du auch so gerne einen Freund hättest. Heyy, ich verstehe dich und ich finde hier bestimmt einen Sweetie für dein erstes Mal."
"Du verstehst nichts", antwortet Mailo trotzig. "Du vögelst dich doch einfach nur durch die Weltgeschichte."
"Ich wollte dir nur helfen", entgegnet Junis beleidigt.
"Schon gut. Geh doch einfach wieder zurück zu deinem Maxim und lass mich in Ruhe. Ich komme schon ohne dich klar", sagt Mailo bockig.
"Nichts lieber als das", zischt Junis. "Und wenn ich heute Nacht nicht ins Zimmer komme, weißt du ja Bescheid. Gute Nacht, du Träumer."
Jetzt ist Mailo noch trauriger als zuvor. Auf der Hotelterrasse hört er seine Eltern lachen. Er will nicht, dass sie ihn so sehen und schleicht sich zum anderen Eingang.
In dem Hotelzimmer, das er während des Urlaubs mit seinem Bruder teilt, lässt er sich erschöpft auf sein Bett fallen. Es ist ihm auch egal, dass seine Klamotten noch ganz nass sind. Dann geht er in das kleine Bad und schaut in den Spiegel. Er fragt sein Spiegelbild: "Heyy, du siehst doch eigentlich ganz okay aus. Warum findest du denn niemanden und hast jetzt schon Halluzinationen?"
Plötzlich erscheint neben ihm das Gesicht des Jungen im Spiegel. Er hört ein Flüstern: "Ich brauche dich". Mit einem lauten Schrei zuckt Mailo zusammen. Als er sich ängstlich umdreht, ist da aber natürlich niemand.
Mailo schaufelt sich zwei Ladungen kaltes Wasser ins Gesicht und murmelt vor sich her: "Junis hat Recht. Das ist bestimmt alles Einbildung. Weil ich mich so nach einem Freund sehne, fantasiere ich mir wohl etwas zusammen."
Mailo spürt, wie die nasse Kleidung an seiner Haut klebt. Eine warme Dusche muss her. Er zieht sich aus und dreht das Wasser an. Es ist eine Wohltat, wie das warme Wasser über seinen Körper läuft. Er hört dadurch nicht die Schritte, die durch das Zimmer gehen.
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Die Zwillinge des Meeres
Teen FictionUnterschiedlicher können Zwillinge nicht sein wie der verträumte Mailo und der draufgängerische Junis. Klar, dass jeder der beiden 17jährigen unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Urlaub am Meer haben. Während Mailo von Visionen gequält wird, beg...