Verschämt schaut Mailo zu Boden. Es ist ihm nach der Szene gestern am Abend am Strand sichtlich unangenehm, Julien gegenüber zu stehen.
Ohne Julien in die Augen zu gucken, nuschelt er: "Junis ist nicht da"
"Ich weiß", sagt Julien ruhig. "Ich habe ihn eben losjoggen sehen. Ich ... ich will auch eigentlich mit dir sprechen ... und zwar alleine."
Schüchtern versucht Mailo Julien anzuschauen. Ganz verlegen und mit einem klopfenden Herzen und einem Ziehen in der Magen bittet er ihm ins Zimmer.
Wortlos setzt sich Julien und knetet seine Hände. Unsicher schaut er Mailo an. "Es muss dir nicht unangenehm sein, was gestern passiert ist", beginnt Julien.
Mailo wird rot, antwortet: "Es ist mir aber total peinlich. Schließlich sind Junis und du...."
"Es ist schon okay", lenkt Julien ab, "aber ich... ähm ... habe eine Frage an dich."
"Ja?", fragt Mailo schüchtern und kaut auf seiner Unterlippe.
"Was meintest du damit, dass du ... ähm ... mich ... äh ... gesehen hast?", fragt Julien.
"Ähm...", stottert Mailo. "Ich meine ..., also ich glaube, dass ...dass ich dich schonmal gesehen habe. Am Felsen ... im Meer."
Julien schluchzt. In seinen Augen sammeln sich Tränen. "Bitte erzähle mir alles", fleht er.
Mailo erzählt, wann und wo und wie er Julien zu sehen geglaubt hat.
Juliens Gesicht wird ganz bleich. Er versucht krampfhaft seine Tränen zurückzuhalten.
"Mailo", seufzt er, "das war nicht ich. Du hast aber etwas gesehen, was mich betrifft."
"Du glaubst mir, Julien?", fragt Mailo irritiert.
Julien nickt: "Ja, aber es fällt mir so schwer, darüber zu sprechen. Und doch gibt es mir Hoffnung."
Mailo stottert beunruhigt: "Ich ... ich verstehe nicht, Julien."
"Ich habe auch einen Zwillingsbruder ... aber ... ähm ... er muss im Meer leben", schließt Julien seine Augen und kann nicht verhindern, dass durch die geschlossenen Lider die Tränenbäche strömen.
Hilflos und traurig sieht Mailo ihn an.
"Bitte halte mich nicht für total durchgeknallt, Mailo", sagt Julien unsicher. Er ringt nach Atem. "Aber wir sind Zwillinge aus dem Meer. Und zwar im Gegensatz zu euch eineiig. Wir sehen total gleich aus, unterscheiden uns aber etwas im Wesen."
Julien macht eine Pause. Mailo starrt stumm auf seine Lippen.
Julien erzählt weiter: "Es ist wahr. Wir sind Nachkommen von Poseidon. Vor einigen Jahren wurden wir auserwählt, außerhalb des Meeres zu leben. Über Ebbe und Flut zu wachen. Ich, der eher ruhige, über die Ebbe und mein temperamentvoller Zwilling Julius für die Flut . Wir wohnten anfangs sogar genau in diesem Zimmer. An einem stürmischen Tag hat Julius die Flut unterschätzt. Ich habe noch versucht ihn zu retten. Ich habe versagt. Er musste ins Meer zurück, sonst wäre er ertrunken."
Julien muss dabei immer wieder unterbrechen, weil es ihn so schmerzt. "Seitdem wache ich alleine über Ebbe und Flut. Ich muss dann immer mal wieder weg", sagt er traurig.
Schockiert schaut Mailo ihn an. Doch statt etwas zu sagen, fängt auch er an zu weinen. Er würde Julien gerne trösten, weiß aber nicht wie. Zudem entwickelt er irgendwie Gefühle für Julien.
Mit feuchten Augen schaut Julien zu Mailo: "Ich habe nie daran geglaubt, ihn wiedersehen zu dürfen. Es hieß, das wäre mir nie mehr möglich. Du bist der erste, der ihn seitdem gesehen hat. Du musst etwas haben, dass es Julius ermöglicht hat, Kontakt zu dir aufzunehmen. Wie auch immer."
"Das ... das alles tut mir so leid. Ich habe gedacht, ich bin völlig durchgeknallt, aber es scheint wirklich so zu sein. Auch wenn es völlig unglaubwürdig und unmöglich klingt", sagt Mailo betroffen.
Ohne Hintergedanken drückt Julien Mailos Hand und bittet: "Ich möchte Julius auch wiedersehen. Bitte Mailo hilf mir dabei."
Die Berührung löst in Mailo Herzklopfen aus. In dieser Situation bekommt er ein total schlechtes Gewissen.
"Aber... aber wie?", fragt Mailo unsicher.
"Lass uns nachher am Felsen treffen. Vielleicht kommt er dann mit der Flut", fleht Julien.
Mailo denkt kurz an Junis, nickt dann aber. Er schämt sich für seine Gedanken Julien nah sein zu wollen.
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Die Zwillinge des Meeres
Teen FictionUnterschiedlicher können Zwillinge nicht sein wie der verträumte Mailo und der draufgängerische Junis. Klar, dass jeder der beiden 17jährigen unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Urlaub am Meer haben. Während Mailo von Visionen gequält wird, beg...