Die Zwillinge des Meeres

Gefühlschaos

Sanft streicht Julien über die Zeichnung. "Ach Julius", seufzt er, "wenn ich nur wüsste, wie wir den Bann des Meeres noch einmal brechen könnten. Damit wir wieder zusammen sein können. Ob Junis und Mailo uns helfen können?"

Dann schaut er auf den Kalender. Bald ist es soweit. Am 7. Juli ist wieder ihr Geburtstag. Der 18.! Julien hofft so sehr, dass er das mit seinem Zwillingsbruder zusammen feiern kann.

Er schießt seine Augen. Er denkt daran, wie Junis und er fast miteinander geschlafen haben. Dann wieder, wie er Mailo nähergekommen war. In Julien herrscht ein großes Gefühlschaos. Er schaut in den Spiegel, fühlt sich so unvollständig. Unsicher dreht er die Visitenkarte des Hotels hin- und her.

Mit pochenden Herzen entschließt Julien sich loszugehen. Auch wenn er wahnsinnige Angst vor dem Wiedersehen mit Junis und Mailo hat.

Jeder Schritt fällt ihm schwer. Als er vor der Zimmertür steht, traut er sich kaum zu klopfen. Schließlich überwindet er sich. Die Tür öffnet sich und er schaut in die erstaunten Gesichter der Zwillinge.

Mailo wird knallrot und schaut verschämt zu Boden. Junis schaut Julien traurig und zugleich verärgert an. Doch trotzdem bitten die Beiden ihn in ihr Zimmer.

Schweigen.

Schließlich macht Junis den Anfang: "Ich weiß es Julien. Du ...du hättest es mir sagen können. Und warum hast du es Mailo zuerst erzählt? Ich dachte, wir wären.....?"

Verlegen spielt Julien mit seinen Händen: "Ich ... ich dachte, das würde mir sowieso keiner glauben. Aber als Mailo gesagt hatte, er hätte mich im Meer gesehen, hatte ich die Hoffnung, es wäre vielleicht wirklich Julius. Deshalb habe ich ihn gefragt, was er gesehen hat. Es tut mir leid, Junis."

Er macht eine kurze Pause, mit aufgeregter Stimme spricht er dann weiter: "Und ich habe mir immer wieder eingebildet, Rufe von Julius zu hören, wenn die Flut kam. Und ich musste darüber wachen. Deshalb bin ich immer wieder verschwunden, Junis. Mal da, mal weg. Wie Ebbe und Flut halt."

Junis schaut Julien intensiv an. Er ist nach wie vor total verliebt in ihn. Gerne würde er ihn einfach nur in den Arm nehmen. Aber Junis hat Angst, dass Julien wieder verschwindet und es nicht ernst meint. Außerdem ist er etwas verletzt, dass Julien alleine bei Mailo war.

Mailo schaut schüchtern an Julien vorbei. Irgendwie ist die Stimmung gerade total gedämpft. Julien fühlt sich in der Situation unbehaglich.

"Ich gehe dann wohl besser", sagt er, weil keiner der Zwillinge etwas sagt.

Als er aufsteht, spürt Junis einen tiefen Stich ins Herz. Seine Liebe zu Julien ist größer, als all das was vorgefallen ist. Schließlich hat Julien ja jetzt den Weg zu ihm gesucht und nun die Wahrheit gesagt.

Gerade als er Tür hinausgehen will, springt Junis deshalb auf und geht auf Julien zu. Er sieht ihn mit feuchten Augen an: "Julien, warte. Bitte!"

Julien senkt seine Augenlider: "Ich weiß nicht, Junis, es ist alles so kompliziert."

Da spürt Julien die sanften Lippen von Junis auf seinen. "Nichts ist kompliziert, Julien", flüstert Junis. "Es ist ganz einfach. Ich liebe dich und du bist der Anker, den ich schon immer in meiner unruhigen See gesucht habe. Ich werde dir helfen, wo ich kann."

Schluchzend wirft sich Julien in die Arme von Junis. Mailo schaut weg. Es schmerzt ihn zu sehr. Er kann seine Gefühlswelt nicht mehr ordnen. Er denkt daran, wie er mit Julien auf dem Felsen saß. Dann taucht wieder Juliens Zwillingsbruder Julius vor seinem geistigen Auge auf. Seufzend denkt er auch an Jan und dass er dem ebenso schüchternen Jungen wohl sehr weh getan hat.

"Ich kümmer mich noch kurz um Mailo. Können wir uns nachher am Felsen treffen, Julien?", bittet Junis. Der nickt und gibt Junis einen Kuss auf die Wange, bevor er geht.

"Liebst du ihn wirklich?", fragt Mailo und eine heiße Träne läuft über sein Gesicht.

Behutsam nimmt Junis Mailos Hände. "Heyy, ich weiß, dass ich bisher immer nur ohne Sinn und Verstand rumgevögelt habe", seufzt Junis. "Aber bei Julien ist es anders. Ich hoffe das ist kein Problem für dich, wo du doch noch immer auf deinen Traumprinzen wartest."