Wartend sitzt Junis auf dem Felsen. Sehnsuchtsvoll schaut er zu, wie die Sonne ihr gelb zu orange wechselt. Er versteht auf einmal, warum Mailo das schön findet.
Immer wieder schaut er auf seine Smartwatch. Sie waren vor einer halben Stunde verabredet und Julien ist noch immer nicht hier. Enttäuscht seufzt er und schließt traurig seine Augen. "Heyy, träumst du in der Sonne?", hört er plötzlich Juliens angenehme Stimme.
Junis lässt sich nicht anmerken, dass er eigentlich sauer ist, dass Julien ihn hat warten lassen. Stattdessen strahlt er ihn nur voller Freude an: "Wow, du siehst toll aus."
"Danke", lächelt Julien ohne das Kompliment zu erwidern, obwohl Junis wirklich top aussieht.
"Schön, nicht wahr?", schaut Julien in den Sonnenuntergang.
"Und wie", nuschelt Junis und versucht die Hand von Julien zu nehmen. Julien lächelt und lässt es zu. "Was wohl für verlorene Träume dort auf Meeresgrund liegen?", fragt er.
Junis ist mit solchen tiefsinnigen Fragen völlig überfordert. Sein Bruder wüsste jetzt bestimmt eine passende Antwort, denkt er und schweigt. Dann rückt er näher zu Julien und nimmt ihn in den Arm. Es ist für ihn ein ganz anderes Gefühl als bei seinem Affären und One Night Stands. Julien löst in ihm etwas aus, was er bisher noch nie gefühlt hat.
Julien lehnt seinen Kopf auf die Schulter von Junis. Beide sehen schweigend zu, wie der orangerote Ball versinkt. Liebevoll schaut Junis zu Julien. In seinen ozeanblauen Augen scheint eine tiefe Sehnsucht zu liegen. Vorsichtig nähert er seine Lippen an Juliens Gesicht. Julien weicht aus und meint: "Ich liebe den Sommer. Alles ist so unbeschwert."
"Warum zum Teufel willst du mich dann nicht küssen?", denkt Junis, nickt dann aber nur zustimmen. "Eigentlich schuldest du mir für den Zusammenstoß noch ein Eis", feixt er wieder selbstbewusster. "Aber ich bin mal nett und lade dich zu einem Getränk ein."
"Das ist total süß von dir", lächelt Julien. "Aber ich bin schon verabredet." Enttäuscht fragt Junis: "Und Morgen?"
"Vielleicht", flüstert Julien und drückt ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Dann steht er auf und geht einfach fort. Junis hat das Verlangen, ihm zu folgen. Das lässt er aber sein. Er will nicht allzu aufdringlich wirken, obwohl er am liebsten sofort mit Julien schlafen wollen würde. Stattdessen geht er zum Hotel zurück.
Seine Eltern und sein Bruder sind vom Ausflug auch schon zurück. Begeistert erzählt Mailo, was sie alles gesehen haben. "Schön", säuselt Junis verträumt.
"Was ist denn mit dir los?", fragt Mailo irritiert.
"Es gibt ihn", sagt Junis glücklich.
"Wen?", fragt Mailo neugierig.
"Meinen Traumprinzen", strahlt Junis ihn an.
Mailo erkennt Junis kaum wieder. Ist das wirklich da sein Bruder? Der große Aufreißer, der da nun wie ein verliebter Depp steht? Gleichzeitig mischt sich die Eifersucht bei. Junis hatte wohl mal wieder einen schöneren Tag als er. "Gehen wir denn gleich wie versprochen noch weg?", fragt Mailo. "Da hätte ich voll Bock drauf."
Junis wiegt seinen Kopf hin und her und meint dann: "Ach lass uns heute mal mit Mum und Dad Karten spielen. Die freuen sich bestimmt, wenn wir auch mal mit ihnen den Abend verbringen und die können mir dann ein Bier ausgeben." Entgeistert schaut Mailo seinen jüngeren Bruder an. Er ist sich sicher, dass ein Dämon in ihn eingefallen ist und ihm eine Gehirnwäsche verpasst hat.
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Die Zwillinge des Meeres
Teen FictionUnterschiedlicher können Zwillinge nicht sein wie der verträumte Mailo und der draufgängerische Junis. Klar, dass jeder der beiden 17jährigen unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Urlaub am Meer haben. Während Mailo von Visionen gequält wird, beg...