Kapitel 9

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Genervt sah ich im Anschluss einige meiner Nachrichten durch, stand schließlich auf und lief zum Fenster. Von dort wo ich stand erblickte ich einen kleinen Brunnen. Studenten liefen dort herum, ließen ihre Beine ins Wasser baumeln oder saßen in der Nähe auf Bänke. Zugleich entdeckte ich ein hübsches kleines Fleckchen Erde unter einem Baum. Ich mochte die Natur gern. Aus diesem Grund zog es mich schon fast dorthin. Als ich mich einen Moment im Zimmer umsah und mir wieder die Wände ins Auge stachen, beschloss ich mich lieber nach unten zu setzen, um meine Nachrichten durchzusehen und Jette zu sagen, dass alles in Ordnung war. Ich musste sie anrufen. Das verdiente sie. Immerhin haute ich Hals über Kopf ab. Ich musste mich melden, ihr sagen, dass es mir gut ging.

»Ich gehe noch mal kurz nach unten. Wird nicht lang dauern«, rief ich meinen beiden neuen Mitbewohnern ins Wohnzimmer zu, als ich stürmisch durch den Flur nach draußen lief. Joel und Amy, die auf der Couch saßen, schauten mich nickend an, aber sie schienen sich nicht wirklich darum zu kümmern. Okay, dachte ich so. Ist auch in Ordnung, wenn es niemanden interessiert. Dann brauche ich mich auch nicht an- und abmelden.

Schlussendlich zog ich die Wohnungstür hinter mir zu und lief den Flur entlang. Darauffolgend die Treppe herunter. »Hi«, wurde ich überraschenderweise gegrüßt, was ich erst mitbekam, als ich an demjenigen schon vorbei war. Dementsprechend musste ich mich noch einmal herumdrehen. Sofort erkannte ich diesen Typen. Es war der gleiche von vor einigen Minuten und er sah echt sympathisch mit seinem Lächeln aus. Allerdings hatte ich in diesem Moment keinen Nerv auf Fremde. Auch nicht auf ihn. Außerdem musste ich telefonieren.

Deswegen betrachtete ich bloß einen kurzen Augenblick sein Gesicht, wobei ein leichter Schatten auf seine Wangen fiel. Er musste sich seit einigen Tagen nicht mehr rasiert haben. Das stand ihm jedoch. »Du bist neu hier!« Es war keine Frage, sondern eher eine Feststellung. Da ich mich schon wieder in Bewegung setzen wollte, verharrte ich einen Moment und wandte mich dann doch noch einmal zu ihm. »Ja«, gab ich kurz angebunden zurück. »So sieht es wohl aus.« Das ich an diesem College nicht studierte, musste ich diesem jungen Mann nicht gerade auf die Nase binden.

Sein Lächeln wurde breiter und die blauen Augen musterten mich neugierig. »Gehst du hier studieren?«, wollte er wissen, wobei ich leise seufzte. Muss er mich das fragen? Aber lügen brauchte ich auch nicht, denn er würde es spätestens dann merkten, wenn er mehr über mich erfuhr und das blieb an diesem Ort sicher nicht aus. Zugleich schüttelte ich den Kopf. »Nein. Ich... besuche... eine Freundin.«

Das war zwar nicht richtig, aber auch nicht unbedingt gelogen. Mira war ja so etwas. Zumindest dauerte es nicht lange und sie wurde es. Immerhin verstanden wir uns gut. Ich mochte sie. Aus dem Grund war es keine Lüge. Außerdem musste ich ihm antworten. Ungeachtet dessen konnte ich nicht verraten, wie es dazu kam. Jeder würde mich für bekloppt erklären, wenn sie wüssten, dass ich mit einem Mädchen, was ich nicht kenne, auf einen anderen Kontinent flog. »Ich werde aber nicht lange bleiben«, setzte ich noch nach und ich sah, wie sein Lächeln etwas verschwand.

»Oh, verstehe!«, gab er überlegt zurück. »Vielleicht sehen wir uns ja noch mal!«, murmelte er noch hinterher und begann unsicher auf seiner Unterlippe herumzukauen, was diesen breiten Kerl schon etwas unbeholfen aussehen ließ. Trotzdem war das echt niedlich. Er wollte mir sicher ein Gespräch ans Knie nageln, aber das war gerade unpassend und das schien er auch zu bemerken. »Ja. Vielleicht!«, schmunzelte ich, bis ich mich schlussendlich herumdrehte und mit breitem Grinsen die restlichen Treppen herunterlief.

Er war schon ziemlich niedlich. Die dunkelblonden kurzen Haare und das breite Kreuz wirkten etwas einschüchternd, aber durch seine sympathische Art gegenüber meiner Person, machten es wieder wett. Das Grübchen an seinem Kinn, wirkte jungenhaft. Er war sportlich gekleidet und mit Sicherheit ein Mädchenschwarm am College, aber eindeutig nichts für mich. Ich und Männer? Das ging einfach nie gut. Erst recht nicht, wenn sie gut aussahen. Vielleicht begegneten wir uns trotzdem wieder und mir blieb mehr Zeit mit ihm zu reden.

Perfect Disaster I - Ein Arschloch zum VerliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt