Ein Leben als Waldlandelbe? // 11

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Das Prasseln des Regens, der von dem Wind gegen meine Fenster prasselte, weckte mich wieder auf. Ich murrte leise und streckte mich ein wenig. Als ich meine Augen öffnete und nach draußen schaute, konnte man fast nicht sagen wie viel Uhr es war. Doch da ich mich kannte, wusste ich, dass ich kurz vor Sonnenaufgang aufwachte. Also rollte ich mich zur Seite und stand auf. Dieser Versuch fand allerdings jäh sein Ende, als mein rechtes Bein einfach nachgab und ich mich am Boden wiederfand. Ich hatte die Wunde komplett vergessen.

Genervt zog ich mich wieder an meinem Bett hoch und setzte mich hin. Mein Fuß war nicht mehr so gereizt und offen wie gestern, doch tat immer noch weh. Außerdem hatte ich über die Nacht nicht wirklich mein Gefühl zurückgewonnen.

Ich seufzte, als ich nun vorsichtiger nochmal aufstand und zu meinem Schrank humpelte. Dort nahm ich meine Sachen heraus und zog mich gut möglichst im Bett um. Gerade als ich fertig war und auf die Tür zuging, klopfte jemand daran. War es Legolas, um sich für gestern zu entschuldigen?

Als ich sie öffnete, standen vor mir Calen und Aldon und sahen mich besorgt an. "Guten Morgen", wünschte Calen. "Morgen", antwortete ich erfreut und ließ sie herein. "Wie geht es dir?", fragte Aldon und sah mich prüfend an. "Besser. Was hat Aranel gesagt?", fragte ich schnell, schließlich hatten sie mein Zimmer gefunden, obwohl ich gesagt hatte, dass ich im Ostflügel wohnte.

"Nur, dass du im Kampf verletzt wurdest und du dich nicht mit uns treffen kannst", erklärte Calen, "wir haben Essen mitgenommen." Ich lächelte überrascht und entdeckte den Sack, den sie mit sich führte. Doch immer noch wollte ich unbedingt wissen, was sie über mich herausgefunden hatten. Wussten sie, dass ich die Naira war, die mit Legolas befreundet war?

"Danke, das ist echt lieb", sagte ich und hüpfte unbeholfen zu dem Tisch hinüber. "Also, was ist genau passiert?", fragte Aldon, als wir uns setzten und Calen das Essen ausbreitete. "Anscheinend hat mich eine Spinne am Fuß erwischt. Aber nur so leicht, dass ich mir nicht wirklich Sorgen gemacht habe", erklärte ich, als ich mir mein Frühstück zusammensuchte.

"Ähm... wie habt jetzt eigentlich mein Zimmer gefunden?", fügte ich etwas kleinlaut hinzu und sah sie nicht an. Kurz herrschte Stille und die beiden sahen sich unschlüssig an. "Wir haben herumgefragt", murmelte Aldon schließlich. Hieß das sie wussten es jetzt, oder nicht?

"Du hättest übrigens ruhig die Wahrheit sagen können, also ich kann verstehen, warum du es nicht getan hast, aber das war wirklich nicht nötig", machte Calen meine Frage klar und tat, als wäre es keine große Sache. "Es tut mir wirklich leid. Ich habe nur schon oft erlebt, dass dann jemand nur deswegen mit mir befreundet ist", murmelte ich und warf ihnen kurz einen Blick zu.

Es herrschte abermals kurz Stille, bis Aldon dann einfach anfing über banale Themen zu reden und ich etwas erlöst darauf einging. Sie schienen mir wirklich nicht allzu böse zu sein.

Ansonsten verlief das Frühstück eigentlich ziemlich gut, bis die beiden gehen mussten und meine Mutter kurz darauf auftauchte. Ich war gerade zum Glück auf meinem Bett und las ein Buch, als ich "Herein" auf das Klopfen rief.

"Hey, wie geht's dir?", fragte sie gut gelaunt, als sie eintrat und die Tür hinter sich schloss. "Gut, was tust du hier?", fragte ich überrascht und schob unauffällig meinen Fuß ein wenig weiter unter die Decke. "Ich wollte nur mal vorbeischauen. Ich habe gehört Fëanor ist gestern verletzt worden", erklärte sie sanft und setzte sich neben mich. Ein tiefes Donnergrollen ertönte von draußen. Ich hatte die Gewitterwolken gestern gar nicht bemerkt.

"Ja, ich wollte ihn heute noch besuchen, aber Aranel hat gesagt, dass es nichts Ernstes wäre." "Er ist inzwischen wieder auf seinem Zimmer, aber ich wollte mit dir noch über etwas anderes reden. Ich weiß, dass wir schon einmal darüber gesprochen haben und du würdest gerne noch hierbleiben, aber auch Thranduil ist meiner Meinung. Der Kampf gestern hat es nur noch eindeutiger gemacht." Ich starrte sie kurz wortlos an. "Mutter, ich bin inzwischen alt genug, um auch alleine hierzubleiben - und auch alleine zurückzureisen. Wenn es dir hier zu gefährlich ist, dann kannst du abreisen und wir sehen uns in Bruchtal wieder, aber ich bin nicht bereit nur zwei Tage hier zu verbringen oder drei. Ich habe hier mehr Freunde als nur Legolas oder Thranduil. Ich bin hier aufgewachsen und habe immer noch eine Verbindung zu diesem Ort. Ich habe diese ganzen schlechten Erinnerungen, die du mit dem Waldlandreich verbindest, nicht. Du hast das früher auch schon verstanden." Während ich redete sah ich den Glanz in den Augen meiner Mutter ein wenig verschwinden. Sie sah ein wenig getroffen zu Boden.

Natürlich tat es mir leid so mit ihr zu sprechen, doch ich konnte in den nächsten Tagen auf keinen Fall weg. Mein Fuß würde niemals so eine Reise mitmachen und ich konnte meiner Mutter nicht sagen, dass ich mitgekämpft hatte.

"Es ist dir also so wichtig?", fragte sie leise. "Das ist es", antwortete ich genauso leise und sah ihr in die Augen. Sie schien kurz zu überlegen. "Bist du dir sicher, dass dir die Besuche reichen?" Ich sah sie verwirrt und überrascht an. Wie kam sie denn darauf?

"Jedes Mal, wenn wir hier sind, sehe ich wie glücklich du bist und wie gut du dich mit allen hier verstehst. In Bruchtal bist du nie so offen und in dieser Weise glücklich gewesen", erklärte sie und nahm meine Hand in die ihre. Ich zögerte ihr eine Antwort zu geben. Eigentlich wusste ich es selbst nicht wirklich. Ich würde es lieben hier noch länger zu leben, eingegliedert zu sein, doch genauso wollte ich bei meiner Mutter sein und sie nicht verletzen und alleine lassen.

"Ich denke, dass ich hier glücklich sein würde, aber ich würde dich nicht alleine lassen", sprach ich schließlich meine Gedanken aus. "Du hast vorhin bereits gesagt, dass du alt genug bist alleine hier zu sein und das stimmt. Die Elben hier gehören genauso zu deiner Familie wie ich. Es wäre nicht fair von mir dich von ihnen fernzuhalten." Überfordert sah ich sie an. Wollte sie mich gerade wirklich einfach hierlassen, als Waldlandelbin?

"Überleg es dir einfach. Ich werde vermutlich in zwei Tagen abreisen. Thranduil wäre sicher erfreut", lächelte sie, drückte meine Hand nochmal und stand dann auf. Ich sah ihr immer noch verwirrt hinterher. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, war mir bereits klar, dass ich hierbleiben wollen würde, doch ich wusste nicht, ob jetzt schon. Ich konnte auch noch mal zurückgehen und in 50 oder 100 Jahren dann zurückkommen und hierbleiben?

Ein Leben als Waldlandelbin? // Legolas FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt