Das Gift einer Spinne // 10

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Als ich mich wieder in Bewegung setzte merkte ich, dass mein rechter Fuß, der die ganze Zeit schon ein wenig gestochen hatte, vielleicht doch schwerer verletzt war, als ich mir einreden wollte. Ich dachte, dass ich ihn irgendwann mal verdreht hätte oder wo draufgestiegen wäre, doch inzwischen zog sich der Schmerz in meinen Unterschenkel hinauf.

Also ging ich, so gut es noch möglich war, zu meinem Zimmer, um dort meinen Schuh auszuziehen. Ich verdrehte meine Augen, als ich bemerkte, dass ein kleines Loch an dessen Sohle war. Ich musste auf etwas sehr Spitzes getreten sein im Wald.

Ich besah mir meine Fußsohle und starrte für ein paar Sekunden einfach regungslos darauf. Ich blinzelte ein paar Mal und sah noch mal darauf, doch der Anblick der pulsierenden rot-blauen Adern, die von der winzigen Eintrittsstelle wegführten, veränderte sich nicht. Es sah aus wie eine ziemlich schlimme Blutvergiftung, doch die würde niemals so schnell entstehen.

Ich atmete lange aus, um wieder ein wenig runterzukommen. Ich wusste genau was diese Wunde verursacht hatte: Das Gift einer Spinne.

Ich lehnte mich in dem Stuhl zurück und blieb kurz so, bis ich mir den Stiefel und den Socken wieder angezogen hatte. Ich musste unbedingt sofort zu einem Heiler. Egal wie wenig, das Gift war tödlich.

Also stand ich wieder auf und versuchte aufzutreten. Es ging noch, auch wenn es ziemlich wehtat. Ich würde es zumindest noch in den Heilertrakt schaffen. Während ich humpelnd mein Zimmer wieder verließ, fielen mir Calen und Aldon wieder ein. Wie sollte ich ihnen Bescheid geben? Ich konnte schlecht eine Wache zu ihnen schicken.

Vielleicht traf ich auf dem Weg irgendeinen meiner Freunde, die ich dann fragen konnte. Doch natürlich, wie das so war, war das nicht der Fall. Die Hallen waren inzwischen wieder ruhiger geworden. Alle Kämpfer ruhten sich aus oder waren bei Heilern.

Als ich bei der Tür ankam, stützte ich mich mit der einen Hand an der Wand ab und klopfte mit der anderen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie geöffnet wurde. Ein Heiler sah mich fragend an. "Spinnenbiss", sagte ich bloß und deutete auf meinen leicht angewinkelten Fuß. Er nickte und zeigte nach hinten.

Ich bedankte mich leise bei ihm und hüpfte dann in die gezeigte Richtung. Es lagen noch vier weitere in dem kleinen Abteil. Zwei hatten ihre Heilung anscheinend bereits hinter sich und hatten an Arm und Hüfte Verbände. Bei den anderen beiden waren gerade Heiler.

Ich setzte mich auf das nächste freie Bett und legte mein Bein neben mir ab. Vorsichtig zog ich Stiefel und Socken wieder aus und warf abermals einen Blick auf die Wunde. Sie hatte sich nicht viel verändert in den paar Minuten.

Still wartete ich bis einer der zwei Heiler den Verband beendete hatte, dem Elben befahl zu schlafen und dann zu mir kam. Er schien sofort zu erkennen wo mein Problem lag und holte neues Kraut von der Mitte des Raumes. Ich wusste, dass es ziemlich wehtun würde das Gift zu herausgezogen zu bekommen und setzte mich ein wenig angenehmer hin.

"Ich denke Ihr werdet Euch hinlegen müssen", befahl der Heiler, welcher seine Hände gerade voll hatte. Ich atmete nochmal durch und tat dann wie geheißen. Er legte die Kräuter neben meinen Fuß und setzte sich dann auf den Stuhl neben dem Bett. "Bereit?" Ich schluckte schwer und nickte dann. Meine Finger krallten sich jetzt schon in den Stoff unter mir, als er die Kräuter an die Wunde drückte. Ich schloss die Augen, als er anfing leise die elbischen Worte zu murmeln.

Im Raum war es nicht gerade laut, da es schließlich auch Schlafende gab. Er war auch relativ dunkel, doch gerade noch so hell, dass man sehen konnte, wo man hintrat und welche Kräuter man nahm. Deswegen bemühte ich mich nicht loszuschreien, als der Zauber anfing zu wirken. Es fühlte sich an, als hätte sich das Gift mit vielen kleinen Widerhäckchen in meinem Bein breit gemacht. Ich spürte, wie mir der Schweiß bereits ein wenig auf meinem Gesicht stand.

Es schien Stunden zu dauern, als die Worte endlich verstummten und der ziehende Schmerz verschwand. Doch es tat immer noch stark weh. Ich hatte lange keine Verletzung mehr gehabt. Es fühlte sich fast schon ungewohnt an.

Als ich mein Bein ein wenig bewegen wollte bemerkte ich, dass ich nur noch wenig Gefühl in ihm hatte, doch das war vermutlich normal nach so einer Heilung. Ich atmete die angehaltene Luft aus und öffnete meine Augen wieder. Der Heiler hatte sich bereits wieder aufgerichtet.

Ich wollte mich gerade bedanken, doch war zu schwach, um irgendwas zu sagen. "Falls ihr Euch bereit fühlt solltet Ihr wieder auf Euer Zimmer gehen. Wir brauchen die Betten", sagte der Elb leise und sah mich genau an. Er schien zu beurteilen, ob ich in der Lage dazu wäre.

Ich nickte langsam und setzte mich mühevoll auf. Der Weg von hier zu meinem Zimmer war nicht sonderlich lang und ich würde sowieso viel lieber in meinem Bett liegen als hier zwischen den ganzen Verletzten.

Also schob ich meine Beine von dem Bett runter und versuchte vorsichtig meinen Fuß aufzusetzen. Es tat weh, doch auf eine andere Weise als vorher. Noch vor ein paar Minuten fühlte es sich an, als wäre ein langer Dorn in ihm gewesen, jetzt war es, als hätte man ihn zu lange überdehnt oder gezerrt.

Der Heiler wartete noch bis ich schwankend aufstand und den ersten Schritt machte. Ich würde mich weigern eine Gehhilfe zu nehmen, solange es nicht unbedingt notwendig war. Also versuchte ich einen guten Eindruck zu machen. Schließlich wandte sich der Elb doch ab und ging zum nächsten Verletzten. Ich versuchte nur mit der Zehnspitze kurz aufzutreten und mich so weiter zu schleppen, doch die Müdigkeit saß tief in mir.

Sobald ich wieder eine Wand neben mir hatte, stützte ich mich schon ab und atmete nochmal durch. Ich würde es schon bis zu meinem Zimmer schaffen. Mehr Sorgen machten mir Calen und Aldon und das Treffen. Genauso meine Mutter, die mir schließlich verboten hatte mitzukämpfen und Legolas und was er von mir denken würde, wenn ich jetzt so verletzt war. Die Verletzung musste passiert sein, als ich eine Spinne ins Gesicht getreten hatte.

Irgendwie schien ich gerade nur Probleme zu haben. Ich zog mich langsam näher zur Tür. "Kann ich helfen?", fragte plötzlich leise eine Stimme hinter mir. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und erkannte Aranel neben mir, welcher mich auch erst jetzt zu erkennen schien.

"Naira?", fragte er überrascht. Ich deutete auf die Tür und schweigend half er mir nach draußen. "Ich wollte mich mit zwei Elben treffen, aber... sie wissen das mit Legolas und mir nicht und ich kann sonst niemanden zu ihnen schicken?", fing ich leise an. Er musste leicht lächeln. "Natürlich, kann ich machen, aber soll ich dir noch schnell zu deinem Zimmer helfen?" "Nein, ich denke sie werden schon warten. Was hast du eigentlich da drinnen getan?", fragte ich schließlich. "Fëanor hat sich verletzt. Es ist nichts Ernstes, aber ich wollte mal bei ihm vorbeischauen", erklärte er, während wir schon langsam losgingen.

"Du kannst morgen zu ihm. Die Heiler haben mich gerade auch schon weggeschickt und außerdem solltest du dich ausruhen", sagte er schnell, als er schon bemerkte, dass ich umdrehen wollte. Ich nickte bloß und humpelte mit einer Hand an der Wand weiter. "Also gut, dann werde ich deinen Freunden Bescheid sagen. Gute Besserung", wünschte er mir noch und klopfte mir leicht auf die Schulter, bevor er seine Schritte bereits verschnellerte.

"Danke", murmelte ich noch leise und machte mich dann daran eine angenehmere Weise zum Gehen zu finden. Ich hätte schon fast wetten können, dass mir jetzt Legolas oder meine Mutter entgegenkommen würde, doch zu meiner eigenen Überraschung kam ich ohne Zwischenfälle an meinem Zimmer an. Erschöpft ließ ich mich in mein Bett fallen. Fast überlegte ich mir nochmal, ob ich meine Sachen einfach nicht umziehen sollte, doch mir war dann doch unwohl dabei im getrockneten Blut der Spinnen zu schlafen. Also stand ich auf und legte erst einmal die Waffen zurück in den Schrank. Putzen würde ich sie morgen. Dann nahm ich mir neue Sachen heraus und zog mich mühevoll um.

Ein Leben als Waldlandelbin? // Legolas FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt