𝐏𝐑𝐎𝐋𝐎𝐆

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MEIN Herz raste in meiner Brust so stechend, wie sämtliche Schmerzen auf einmal. Kaum merklich war ich vor ein paar Sekunden noch dabei gewesen, alles zu beenden. Ich hing fest in einer Zwischenwelt. Ein Aushaaren von aufwachen und weiter träumen, bei der es mir Unmengen an Luft raubte und ich fühlte, wie alles, was ich in die Hand nahm, bedingungslos zerfloss. 

Es war immer der gleiche Traum, der mich heimsuchte, nachdem ich so schamlos meine Augen schließe, weil ich denke, im Schlaf Zuflucht vor der Realität zu erhalten. Aber es sind immer dieselben Gesichter, die auf mich hinabblicken und deren Fassaden beginnen zu lachen. Ein so zerberstendes Lachen, dass es mir durch Mark und Bein geht, während mir Hitze in die Wangen steigt, sich mein Puls beschleunigt und ich denke, wie es möglich ist, dass solch eine Grausamkeit in noch einer grausameren Welt von Existenz ist. 

So viele Zweifel gemischt mit Hass und Erbarmen davor, dass es Momente gibt, die nicht von Dauer sind, aber sie sich unter deine Adern schleichen hinauf in deinen Kopf und in dein Herz, weil sie dabei sind, sich einzunisten. Sie versuchen zu bleiben, und wenn sie dich einmal fest in ihren Fingern halten, verlieren Dinge ihre Farbe und der Mensch im Spiegel verliert das einst so feste Lächeln sekundenschnell in Forme eines Flügelschlags.  

Da sind immerzu diese Schmerzen, die über mich einbrechen, sobald ich aufgewacht bin. Ich bin nie vorbereitet, es gibt nie eine Möglichkeit, meine Hände über den Kopf zu halten, um vielleicht einen Hieb abprallen zu lassen. Denn wenn ich ehrlich war, zu mir selbst und meiner Umwelt, waren meine Augenblicke in solch eine Hoffnungslosigkeit getaucht, dass ich nicht mehr leben wollte.

Und noch weniger wollte ich, dass das meine einzige Erinnerung blieb. All diese schlechten Dinge. Denn wie jeder andere Lichter hier um mich herum, war mein Name auch alles, was mir blieb. Nur gab es einen gewaltigen Unterschied. Mit meinem Namen kamen diese Albträume, die selbst in wachem Zustand nie zu enden scheinen, dass ich in einer Angst feststecke. Eine Angst, aus der so viel mehr wurde. 

Immerzu nach jemandem die Hand auszustrecken, weil man zugehörig sein möchte, weil man gern Lachen will, weil man reden mag. Weil ich verdammt nochmal lieber lebe, als mit Angst zu sterben. Wenn man nur antworten kann, aber sobald Fragen in einem auftauchen, quetschen sich Angstgedanken durch. Eine Zwickmühle, die undurchdringbar scheint und eine Hölle so klein, dass sie nur in deinen eigenen Kopf passte.

Nein, sag das nicht. 

Was ist, wenn sie denken, dass du völlig bescheuert bist? 

Sie werden dich nur auslachen, Melanie. 

Das ist peinlich, was du vorhast, das kannst du nicht tun. 

Versteck dich, pass dich an und wehe du fällst auf!

Du bist so erbärmlich, sieh dich an.

Gottseidank gibt es hier vereinzelte Lichter, mit denen ich auskomme. Denen es nichts ausmacht, zu schweigen und einfach nur ein stummes Lächeln als Kommunitkationsmittel auszutauschen. Zart zum Beispiel. Manchmal erwische ich mich selbst dabei, wie ich Luft hole, sich meine Lippen so schwerelos teilen, bis sich Hitze überall verbreitet und ein Schwall heißes Wasser durch meinen Körper rauscht, wodurch sich Gedanken, die Sätze gebildet haben, überschlagen und ich- ich ersticke an allem. 

Wenn du dich öffnest, werden sie dich auch so akzeptieren, wie du bist, Mel?

Ich vermisse das Gefühl von Freiheit. Ich weiß, was es bedeutet und in welchen Zusammenhänge diese Wahrnehmung eintraf, aber ich erinnere mich nicht daran, es jemals zwischen meinen Organen gefühlt zu haben. Jemals einen hellen Schleier in Lichtform im Herzen aufleuchten gespürt zu haben - das Grenzen nicht verfügbar sind. Frei von meinen lästigen Gedanken, die an guten Tagen immer wie Fremdkörper in mir wirken.

Frei von den Albträumen. 

Frei von dem hier sein. 

Wieso war ich überhaupt hier?

Gefangen - das simple Gegenteil von frei zu sein - auf dieser höllenartigen Lichtung, die zwar wunderschön war, wenn sich die Sonnenstrahlen an warmen Tagen über die Mauern des Labyrinths schleichen, aber alles zerstörte, wenn nachts zwischen dem Knistern des Lagerfeuers auch die ohrenbetäubenden Schreie der Griever zu hören waren.

Zwischen all den vergänglichen Sekunden meiner Anwesenheit auf der Lichtung, kreisten in mir rabenschwarze Gedanken, so fremd, dass sie Wünsche äußern, die aus einer fraglichen Hoffnungslosigkeit stammten.

Wenn kein Weg weiter führte, alles sich im Kreis drehte, und dann plötzlich etwas auftauchte, das möglich erschien. Wer würde es nicht ergreifen? Wer würde sich nicht fragen, ob es besser war, einfach zu verschwinden? Für alle Zeit.

Oft, wenn ich wieder darüber nachdachte, tauchte aus irgendeiner Ecke Newt auf. Wie ein engelsgleiches Zeichen, dass da so viel weißes Licht war. Etwas reines, an dem ich Hand anlegen konnte, weil Erlebnisse und Glück für mich vorgesehen waren, das ich vergeuden wollte. Manchmal vermochte ich zu glauben, so unwirklich, er könne vielleicht verspüren, was in meiner einfältigen selbst zersetzenden Aura vorging. 

Ich wollte ihn alles wissen lassen. 

Ich wollte, dass Newt alles weiß. Dass er jeden klitzekleinen und noch so dunklen Gedankenstrang hören kann.

Aber ich wollte nicht reden. Ich wollte nicht sprechen, weil ich Angst hatte. 

Da war so viel Angst in mir, 

dass ich glaubte,

es stieg in mir hoch,

wie der Meeresspiegel

durch Erderwärmung steigt

und ein Ende naht, 

das so unausweichlich ist,

aber man dennoch versucht

zu

e n t k o m m e n. 

𝗜 𝗔𝗠 𝗥𝗜𝗚𝗛𝗧 𝗛𝗘𝗥𝗘 ↬ 𝗡𝗘𝗪𝗧 𝗙𝗙 [DE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt