Kapitel 6

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Ok... Déjà Vu's kannte ich ja, aber das...
Das war neu!

Noch immer überwältigt und geschockt saß ich auf dem Boden des Hotelzimmers.
Kurz überlegte ich, Anni zu wecken, entschied mich aber dagegen.
Ich stand auf, schnappte mir ein Glas vom Tisch und ging ins Bad. Ich trank, aber es half nicht. Mein Kopf arbeitete und wollte keine Ruhe geben.
Schließlich stellte ich mich unter die Dusche. Erst kalt, dann heiß.
Es half. Mein Kopf beruhigte sich. Die Müdigkeit übernahm wieder die Oberhand.
Plötzlich fühlte ich mich, als hätte ich einen Marathon hinter mir.
Ich stellte die Dusche ab, trocknete mich ab, rzog mich an und legte mich wieder ins Bett.
Es dauerte. Doch irgendwann, gewann die Erschöpfung und ich sank in einen tiefen Schlaf.

• • • • • • •

Am Morgen fühlte ich mich dann, als hätte ich die Nacht durchgefeiert.
Vollkommen gerädert versuchte ich mit Make-Up meine dunklen Schatten unter den Augen zu verstecken. Vergeblich.
Irgendwann gab ich auf, zog mich an und ging zu Anni.
Als ich gerade klopfen wollte, sprang die Tür auf und Anni stand voller Enthusiasmus vor mir. Da hatte jemand 100-mal besser geschlafen als ich.
„Guten... woah! Wie siehst du denn aus?", besorgte ließ sie ihren Blick über mich wandern.
„Jaja. Meine Nacht war kurz. Komm schon. Ich brauch einen Kaffee. Beim Frühstück erzähl ich dir alles.", ich schlurfte den Gang entlang zum Fahrstuhl. Anni folgte mir leichtfüßig.

• • • • • • •

Als ich ihr alles erzählt hatte, fiel ihr fast das Brötchen wieder aus dem Mund. Kurz musste ich lachen. Es gelang mir selten, Anni sprachlos zu machen.
„Das... ist krass.", sagte sie schlussendlich.
„Konntest du die Gesichter von den beiden sehen?", setzte sie hinterher.
„Nein, leider nicht.", ich schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck von meinem, mittlerweile 3. Kaffee. Das Koffein wirkte, wurde auch Zeit.
„Denkst du...", begann Anni.
„Dass es meine Eltern waren?", vollendete ich ihren Satz, woraufhin sie nur vorsichtig nickte.
„Naja... das wäre die einzige logische Erklärung. Aber warum habe ich mich früher nie an den Unfall erinnert?"
„Gute Frage...", Anni zuckte mit den Schultern.
Als wir fertig waren, brachten wir unser Geschirr zur Theke und holten unsere Jacken aus unseren Zimmern.
„Na dann mal los.", sagte Anni und dann kämpften wir uns durch das regnerische Edinburgh.

Klitschnass kamen wir auf dem Polizeirevier an.
Einige Polizisten musterten uns argwöhnisch. Andere mit einem Grinsen. Dem Alter entsprechend.
„Kann ich euch helfen?", fragte ein Polizist, ungefähr Mitte 20. Anni und ich warfen uns einen kurzen Blick zu. Seit wann sahen Polizisten so gut aus?
„Ehm ja. Mein Name ist Clara Johnson. Ich hatte vor ein paar Tagen angerufen. Ihr Revier hat damals den Autounfall meiner Eltern untersucht.", erklärte ich und reichte ihm zur Begrüßung die Hand. Er ergriff sie und schenkte mir ein kurzes Lächeln.
„Jason Kingston. Hallo. Ja mein Kollege hat mir schon davon erzählt. Er ist heute leider nicht da.", na wunderbar.
„Aaaaaber... ich weiß wo er die Unterlagen gesammelt hat.", er deutete uns mit einer Handbewegung an, ihm zu folgen. „Kommt mit."
Anni und ich sahen uns kurz an und sie formte mit ihren Lippen ein lautloses Wow.
Dann folgten wir Jason durch die Gänge zu einem Schreibtisch in der Ecke, auf welchem ein brauner Karton stand.
„Also, viel ist es nicht. Aber wenn es dir hilft, schau dir alles an. Da der Fall abgeschlossen ist, geh ich davon aus, dass du auch mitnehmen kannst, was du möchtest."
„Äh, ok. Ja danke.", stotterte ich.
„Sagt Bescheid, wenn ihr was braucht.", Dann verschwand er und ließ und allein.
„Wie heiß war der denn bitte? Ohne seine Nummer gehst du hier nicht raus!", legte Anni fest. Ich lachte und gab ihr einen leichten Schlag auf den Oberarm.
„Du bist wirklich furchtbar. Deswegen sind wir nicht hier.", sagte ich tadelnd.
„Nein, sind wir nicht.", stimmte sie mir zu. „Aber es ist ein nettes Extra.", mit einem Augenzwinkern stieß sie mich mit der Schulter an.
Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf und begann, mich durch die Kiste zu wühlen.

Darin befanden sich hauptsächlich Aufzeichnungen von Aussagen einiger Zeugen. Alle behaupteten das selbe.
Es hat geschneit, war glatt, das Auto kam von der Straße ab, meine Eltern waren sofort tot, ich hatte Glück.
Außerdem befanden sich Bilder des Wagens dabei, auch von dem Unfallort.
Ich erinnerte mich an die Bilder von letzter Nacht. Das passt alles nicht zusammen.
Ebenfalls, befand sich ein altes Notizheft von meinem Vater in dem Karton. Ich blätterte durch, doch die Seiten waren leer. Wieso waren die Seiten leer? An dem Notizbuch hing eine kleine Kette, welche wohl als Lesezeichen dienen sollte.
Als ich es berührt, raubte es mir den Atem.
Etwas zog an mir und Bilder tanzten vor meinem Auge.

Ich stand an einem Strand. Die Wellen flossen über meine Füße.
Plötzlich wurde ich nass gespritzt. Dann fing mich ein Mann mit einem Arm weg.
„Hab ich dich.", er lachte und wirbelte mich herum. Dann warf er mich über deine Schulter. Auch ich lachte. Doch mein Lachen klang viel höher und ich war viel kleiner.
Ich konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, doch ich fühlte mich sicher.
Gerade als er mich wieder auf den Boden stellte....

Im Schatten meiner Erinnerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt