Kapitel 20

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Ylva hob eine Hand und klopfte zögerlich an Ravens Zimmertür, hinter der leises Lachen hervordrang. Wenig später öffnete sich die Tür und Raven stand vor ihr. Sie trug ein weites dunkelgraues Kleid und hatte ihre kurzen Haare zu einem kleinen Zopf zurückgesteckt. Ylva starrte sie nur sprachlos an. Raven zog eine Augenbraue hoch. „Ist etwas?" Ylva schüttelte den Kopf. „Tut mir leid. Es ist nur...ich habe dich noch nie in einem Kleid gesehen. Du siehst schön aus.", stammelte sie und schaute zu Boden. Raven errötete leicht. „Danke. Also was ist los? Ich kann es ja kaum glauben, dass du vor mir stehst und mich anscheinend nicht anschreien willst.", lachte sie und lehnte sich gegen den Türrahmen. Dadurch erhaschte Ylva einen Blick in das Zimmer und konnte Peeter erkennen, der mit Jades Schwester Dalia etwas malte. „Dalia ist ja bei dir.", stellte sie fest, um das unangenehme Schweigen zu brechen. Raven warf einen kurzen Blick über die Schulter und lächelte. „Ja, Peeter ist ein bisschen durch das Versammlungshaus gestreift und dann ist er mit ihr zurückgekommen. Und wie es aussieht verstehen sie sich sehr gut."

Jetzt zog sie die Tür etwas zu. „Also was gibt es?" Ylva schluckte. „Ich möchte mit dir reden. Können wir ein Stückchen gehen?" Raven nickte und öffnete die Tür wieder einen Spalt breit. „Ich bin kurz weg. Stellt nichts blödes an ihr zwei, ok?"

„In Ordnung.", riefen Dalia und Peeter wie aus einem Mund und widmeten sich wieder ihren Bildern. Raven schloss die Tür hinter sich und folgte Ylva durch die Gänge. Nach langem Schweigen rückte Ylva schließlich mit der Sprache raus. „Ich wollte mich entschuldigen."
„Wieso das denn?", fragte Raven ehrlich überrascht. Ylva richtete ihren Blick starr auf den Gang vor ihnen. „Wegen allem.", sagte sie leise. Raven zog die Stirn kraus. „Ich verstehe immer noch nicht was du meinst. Ich weiß, die ganze Situation ist nicht gerade schön, aber wir haben jetzt eine reelle Chance zu gewinnen. Nur leider müssen wir auf diesen komischen Hilfsengel warten." Ylva schüttelte den Kopf. „Das meine ich nicht und das weißt du auch." Raven blieb stehen und schaute Ylva eindringlich an.
„Ylva, ich habe absolut keine Ahnung was du meinst."
Ylva schaute zu Boden. „Ich habe mich absolut scheiße benommen.", sagte sie schließlich, „Ich habe mir nicht einmal die Mühe gemacht dich näher kennenzulernen. Ich habe sofort entschieden, dass ich dich nicht mag, nur, weil du aus Tizan kommst. Das war ziemlich blöd von mir. Ich meine unsere Völker hassen sich wegen einer Sache, die vor hunderten von Jahren passiert ist und ich bin ganz ehrlich, ich habe absolut keine Ahnung worum es da ging."
Raven lachte. „Wer weiß das schon noch?"
„Ernsthaft, es tut mir leid. Ich fühle mich so schlecht wegen allem was ich zu dir gesagt habe. Als Tizan angegriffen wurde und du bereits schon am Boden zerstörst warst, wollte ich dich noch mehr runtermachen." , fuhr Ylva mit leicht bebender Stimme fort. Raven lächelte sie an und legte ihre Hand auf Ylvas Arm. „Dir muss es nicht leidtun. Schließlich habe ich mich auch nicht gerade vorbildlich verhalten. Ich war...überfordert mit alledem. Ich wollte keine Königin sein, weißt du? Und ich habe das euch allen ausgelassen. Und dabei sind wir immer wieder aneinandergeraten."

„Wir sind halt beide Hitzköpfe.", fügte Ylva erleichtert grinsend hinzu. Raven nickte. „Das ist wahr."
„Ich möchte einfach, dass du weißt, dass ich dich nicht hasse Raven.", sagte Ylva leise.
„Ich weiß.", entgegnete Raven und ließ die Hand sinken. Ylva unschlüssig zu Boden. „Darf ich dich fragen warum du keine Königin sein wolltest?", fragte sie schließlich leise. „Wenn du mir das nicht sagen möchtest ist das vollkommen in Ordnung.", fügte sie noch schnell hinzu. Raven schaute durch eines der Fenster auf den Innenhof. „Es war wegen meiner Mutter.", antwortete sie leise, „Sie hat noch gelebt, als ich gekrönt wurde. Hätte ich akzeptiert, dass ich jetzt die Königin bin, hätte ich mir auch eingestehen können, dass es keine Hoffnung mehr gibt, dass meine Mama wieder gesund wird." Sie holte tief Luft und drehte sich wieder zu Ylva. Ihre Augen schimmerten glasig. „Sie ist gestorben, bevor Tizan angegriffen wurde. Das hat mich dann vollständig aus der Bahn geworfen.", fügte sie traurig hinzu. Ylva schaute sie etwas überrumpelt an. „Das tut mir leid.", sagte sie und schaute auf ihre gefalteten Hände, „Jetzt fühle ich mich noch schlechter."

Queens- When darkness fallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt