Kapitel 29

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Raphael öffnete die Augen und setzte sich stöhnend auf. „Guten Morgen Schlafmütze." Der Engel sah sich verwirrt um. Er saß in einem breiten Bett in einem schlicht eingerichteten Schlafzimmer. Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch, auf dem sich ein Glas Wasser befand. Am anderen Ende des Raumes stand ein Kleiderschrank und ein kleiner Schreibtisch. Über den Schreibtischstuhl lag seine graue Anzugsjacke. Raphael schaute an sich herab. Tatsächlich trug er nur noch sein Hemd sowie seine Anzugshose. Er schaute auf und schaute direkt in Ylvas stechend blaue Augen. „Wie lange war ich weg?", fragte er verwirrt.
„Einen ganzen Tag."
Raphael schaute sie entsetzt an. „Einen ganzen Tag!?"
Ylva winkte ab. „Ist vollkommen in Ordnung. Die Erde dreht sich auch weiter, wenn Sie gerade mal nicht ansprechbar sind. Wir kommen auch gut ohne Sie klar. Außerdem brauchten Sie den Schlaf."

Raphael schwang die Beine über die Bettkante. „Es tut mir leid Ylva.", sagte er leise. „Wegen mir zerfällt noch ein weiteres eurer Reiche. Ich hatte die Möglichkeit Asmodeus zu erstechen und habe es trotzdem nicht geschafft. Die Erschaffung der alternativen Energiequellen hat sehr an meinen Kräften gezerrt."
Ylva beugte sich vor. „Es ist noch recht glimpflich ausgegangen. Wir konnten die Bewohner evakuieren. Glücklicherweise konnten sich die meisten bei dem Angriff in Sicherheit bringen und haben somit überlebt.", sagte sie leise. Dann griff sie an ihren Gürtel und zog den kleinen Dolch hervor. „Oh, ich denke, den hier würden Sie gerne wiederhaben."
Raphael schüttelte den Kopf. „Ich glaube, bei dir ist er besser aufgehoben."
Ylva sah ihn entgeistert an. „Ist das Ihr Ernst? Sie wollen aufgeben?"
„Das habe ich nicht gesagt..."
„Aber das haben Sie gedacht. Hören Sie Raphael, niemand macht ihnen einen Vorwurf. Sie hatten nicht genug Kraft..."
„Das ist es ja!", unterbrach sie Raphael barsch, „Ich hätte genug Kraft haben müssen! Ich hätte ihn erstechen müssen, dann müsstet ihr jetzt nicht noch mehr schmerzhafte Dinge durchmachen."
„Sie hatten nicht genug Kraft, weil Sie die anderen Reiche gerettet haben. Haunani hält noch etwas durch. Die anderen Reiche waren dem Untergang nah. Raven hat mir erzählt, dass die Pflanzen in Tizan wieder an Kraft gewinnen und man wieder auf den Grund des Flusses blicken kann. Die Glaskuppel von Yara wäre beinahe eingestürzt, doch dank Ihnen läuft die Stadt nicht mehr Gefahr überflutet zu werden. Das Gras in Isalie war braun und ausgetrocknet, doch Jade hat erzählt, dass nun wieder grün und voller Leben ist. Raphael, dank Ihnen können die Bewohner dieser Reiche wieder zurück in ihr Zuhause. Die Häuser sind schnell wiederaufgebaut. Niemand verurteilt sie dafür, dass sie nach alledem keine Kraft mehr hatten diesen Mistkerl wieder in die Hölle zu schicken. Es ist ein kleiner Sieg. Ein kleiner Schritt zur Normalität und das dank Ihnen. Also reißen Sie sich zusammen und hören Sie auf nur ihr Versagen zu sehen! Wir haben einen Krieg zu führen!" Raphael starrte sie sprachlos an.
„Na los, sitzen Sie da nicht einfach so rum. Sie müssen etwas für uns tun."
Raphael verdrehte die Augen. „Wer hätte das gedacht.", spottete er. Ylva musste Lachen. „Das ist der Raphael, den wir so lieben.", grinste sie und warf dem Engel sein Jackett sowie seine Schuhe zu.
„Es geht sicher um die alternative Energiequelle für Haunani. Ich werde mich gleich darum kümmern.", meinte Raphael und knöpfte seine Anzugsjacke zu. Ylva legte den Kopf schief. „Das auch, aber Sie müssen noch etwas für uns tun."
„Und das wäre?"
„Feya und Sualc haben ein verbranntes Skelett in dem Versteck von Iris und Asmodeus gefunden und wir würden gerne wissen um wen es sich handelt."
Raphael blickte von seinen Schnürsenkeln auf. „Also das ist ein leichtes. Wo liegt es?"
„Auf der Krankenstation."
Raphael musste sich das Lachen verkneifen. Ylva sah ihn verwirrt an. „Warum lachen Sie?"
„Naja, viel helfen kann man der Person ja nicht mehr."
Ylva grinste. „Sie haben ja doch einen Sinn für Humor." Raphael erhob sich vom Bett. „Gehen wir?"
Ylva nickte. Zusammen verließen sie das Zimmer und gingen über einen der langen Gänge des Versammlungshauses. Raphaels Gesicht wurde wieder ernst. Als sie um eine Ecke bogen, griff er nach Ylvas Arm und hielt sie sanft fest. „Kann ich dich mal was fragen?", fragte er ernst und ließ ihren Arm wieder los. Ylva zuckte mit den Schultern. „Klar."

Queens- When darkness fallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt