Kapitel 21

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Den Rest des Tages hatte Mamoru für eine intensive Lern-Session verplant, da die ersten großen Prüfungen zu Beginn der kommenden Woche stattfinden würden. So begann er direkt nachdem er in seinem Zuhause eingetroffen war, tief in seine vertraute Lernwelt zu versinken.

Einige Stunden später, es war fast Mitternacht, klappte er sein dickes Anatomie-Buch zu und ließ seine Gedanken wieder zu einem bestimmten, vierzehnjährigen Mittelschulmädchen abschweifen.

Es war eine wahrhaftig fantastische, ereignisreiche Zeit für Mamoru gewesen, seitdem er Usagi zum ersten Mal getroffen hatte. Mehr als ein halbes Jahr war seit ihrem doch recht unfreiwilligen Kennenlernen vor dem OsaP-Laden vergangen. Manchmal hatte er sich gefragt, wie langweilig und bedeutungslos sein Leben eigentlich bislang verlaufen war, bevor dieser zuckersüße Hurrikan alles hinter seinen zuvor so festen, hohen und uneinnehmbaren Mauern völlig durcheinander gebracht hatte.

Ganz besonders in seinen Träumen hatte sie sein Leben radikal verändert.

Mittlerweile aber war er bei Traum-Usagi an einem Punkt angelangt, an dem er keine Ahnung mehr hatte, wo das Ganze nun wirklich enden sollte. Die Kluft zwischen diesen beiden Beziehungswelten war zu groß, zu kompliziert geworden. Er fühlte sich so hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl tief in seinem Herzen, dass es einerseits absolut Sinn ergab und richtig war, mit ihr zusammen zu sein, aber andererseits war da sein rationaler Verstand, der ihm sagte, dass dies ein Mädchen war, mit dem er gerade begonnen hatte, in der Realität eine gewisse Art von - wenn man es überhaupt so nennen mag - Freundschaft zu entwickeln.

Der gegenwärtige Zustand im wahren Leben war wohl eher mit einem unausgesprochenen Waffenstillstand zwischen den beiden Protagonisten vergleichbar.

Manchmal schien es ihm fast, als kämen sie von zwei unterschiedlichen Planeten, so grundverschieden waren sie. Würden sie zusammen ein Land regieren, wäre Usagi wahrscheinlich in Personalunion Präsidentin und Außenministerin mit ihrer strahlenden Leuchtkraft, während er mehr für das Innere zuständig wäre...eigentlich gar keine schlechte Kombination.

Während Mamoru über seine Beziehung zu der realen Usagi sinnierte, kam ihm noch ein ganz anderer Gedanke; Heute war es praktisch zum ersten Mal gewesen, dass Mamoru zu ihr etwas gesagt hatte, ohne sie dabei aufzuziehen, sie ärgern zu wollen oder sich über sie lustig zu machen. Heute war Usagi so ganz anders als sonst gewesen. Heute...war auch der Tag nach der gestrigen Nacht und auch wenn alles nur ein Traum gewesen war und er nicht hundertprozentig sicher war, dass er tatsächlich Usagi bei dem Botschaftsempfang in einer magischen Verwandlung geküsst hatte...Mamoru war verändert.

Apropos Traum...Er wusste nicht, ob die Prinzessin seiner Träume immer noch mit Traum-Usagi verschmolzen war oder ob sie sich wieder in die 14-jährige Schulmädchenversion verwandelt hatte, die sie ja auch in Wirklichkeit war. Diese ganze Situation, sie erschien ihm mehr als kompliziert und kaum lösbar für ihn und seine vollkommen durcheinander geratenen Gefühle.

So hatte er nach dem ganzen Gelerne für die Uni noch weit bis nach Mitternacht wach in seinem Bett gelegen und keinen Weg gefunden, einschlafen zu können. Zählen bis zweihundert? Absolut wirkungslos. Ein Hörbuch vielleicht? Er würde sich zu sehr darauf konzentrieren. Nichtmal eine Stunde absolut langweilige Entspannungsmusik würde ihm helfen, in den Schlaf zu finden. Wann immer er versuchte, seine Augen zu schließen, hatten ihn winzige Geräusche oder seine Gedanken davor bewahrt, in das Land der Träume zu driften, in das er sich doch so verzweifelt treiben lassen wollte.

Als ob es mit einem Mal eine Barriere gäbe, die ihn von seinen Träumen fernhalten wollte.

Es muss ungefähr zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als die Morgensonne seine Fensterscheibe zaghaft berührte. Da war es das letzte Mal, dass er auf seinen Wecker geschaut hatte...fast sechs Uhr morgens zeigten die digitalen Zahlen ihm an. Beim nächsten Mal rieb er sich die Augen und blickte sofort auf den Tisch neben seinem Bett. Es war schon drei Uhr nachmittags! Mamoru schreckte hoch und saß kerzengerade in seinem Bett. Er war tatsächlich eingeschlafen...aber...es war überhaupt nichts passiert. Kein Traum. Weder von der Prinzessin noch von Traum-Usagi.

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