6. Kapitel (Überarbeitet)

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"RUFUS????!!!!!!" verblüfft starrte ich den Jungen an. Das konnte doch nicht sein. Rufus war doch ein Rabe! Oder etwa nicht? Ich war verwirrt. "Rufus bist du das?", fragte ich nochmal.

Er lachte und klopfte sich den Staub von der Hose. Zusammen standen wir auf und standen uns nun im Flur gegenüber.

"Oh. Ist das so offensichtlich?", Rufus lächelte und lehnte sich lässig an ein Schließfach.

Ich verlagerte meine Tasche auf die andere Schulter und schaute zu ihm auf. Er war viel größer als ich.

"Mhhh ja. Ich hatte so ein komisches Gefühl bei dir. Deine Augen kamen mir bekannt vor. Das „Prinzessin" hat dich letztendlich verraten. Was machst du eigentlich hier? Und warum bist du plötzlich ein Junge? Du warst doch vorher noch ein Rabe!!". Jetzt verstand ich echt nichts mehr. Ich schüttelte den Kopf. War er jetzt ein Rabe oder ein Junge. Ich war echt verwirrt. Mein Kopf rauchte, fand aber keine plausible Erklärung dafür.

"Naja. Ich habe doch gesagt, dass ich in deiner Nähe bin", er grinste und steckte seine Hände tiefer in seine Hosentasche.
"Ich gehe jetzt hier auch zur Schule. In deine Klasse."

Gut zu wissen. Aber das wollte ich ja eigentlich nicht wissen. Er wich mir also aus. Die alles entscheidende Frage war ja immer noch: Warum war er plötzlich ein Junge. Ein ziemlich gutaussehender Junge, so nebenbei gesagt. Rufus hatte blonde schulterlange Haare, ein kantiges Gesicht und eher hellere Haut. Als er gerade mit einer Hand durch seine Haare fuhr, sah ich für einen Moment seine spitzzulaufenden Ohren. Ich grinste.

"Warum grinst du so?"

Oh nein. Er hatte es bemerkt. Im Moment war ich von seinem Aussehen und der Tatsache, dass er wirklich und wahrhaftig ein Elb war, was ich ja an seinen Ohren erkannt hatte, ziemlich eingeschüchtert. Er hatte mich kalt erwischt.

"Ach nichts. Aber sag mal Rufus was bist du? Naja ich nehme mal an du bist ein elb. Aber wie ist das möglich?", stotterte ich unsicher. Ich traute mich dann schließlich ihn mit flehenden Augen anzuschauen. Mit diesem Blick hatte ich bisher alles erreicht. Keiner konnte meinen flehenden Hundeaugen widerstehen. Und es funktionierte, wie immer.

"Meinst du nicht, dass wir erst mal hier vom Flur weggehen sollten. Uns beobachten nämlich einige." Er zwinkerte mir zu.

Ich schaute mich um. Tatsächlich jeder starrte uns an. Die anderen Schüler hatten einen Kreis um uns gebildet und gafften was das Zeug hielt, als wären wir das 8. Weltwunder oder so. Naja das ist Irland. Hier ist so wenig los, da ist ein Neuer schon etwas Besonderes. Vor allem, wenn er so gut aussah wie Rufus. Schließlich hatte er einen gut gebauten Körper und sah aus wie ein Filmstar.
Wie auch immer. Ich stand nicht gerne in der Aufmerksamkeit der Leute und langsam wurde mir das Starren der anderen unangenehm. Außerdem ich wurde zu meinem Erschrecken rot im Gesicht. Oh nein wie peinlich. Ich war bestimmt so Rot wie eine Tomate. Gab es hier irgendwo ein Loch in dem ich mich verstecken konnte?! Nein, schade. Ich bräuchte nämlich dringend eins. Aber was sollte ich sonst machen. Augen zu und durch. Ich holte noch einmal tief Luft und versuchte uns jetzt vor der Menge zu retten.

"Mmmhh, ja. Wäre nicht schlecht." Ich traute mich nicht in seine Augen zu schauen. "Wir können ja in den Pausenraum gehen. Da ist morgens nicht so viel los. Und eine gemütliche Sitzecke gibt es auch und Kaffee."

Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen.

"Ja, klingt gut". Seite an Seite gingen wir zum Pausenraum. Auf dem Weg dorthin schaute uns jeder neugierig hinterher. Aber wirklich JEDER. Oh nein. Was sollte ich das nur Susan erzählen? Die wird mich ausquetschen. Sie würde gleich merken, wenn ich Lüge. Das konnte ich nämlich nicht besonders gut. Ich brauchte eine glaubhafte Story. Aber das musste jetzt warten. Jetzt musste ich mich erst Mal auf das Gespräch mit Rufus, dem Jungen vorbereiten.

Inzwischen hatten wir den Pausenraum erreicht. Und wie versprochen war er leer. Ich knallte meine Tasche in eine Ecke und machte es mir in einem blauen Sitzsack bequem. Rufus setzt sich mir gegenüber auf eine Couch. Ein milder Kaffeeduft hing in der Luft.

"Also?". Ich schaute erwartungsvoll zu ihm auf und setzte mich bequem hin.

Die Situation kam mir komisch vor. Es war wie ein Gespräch zwischen Schüler und Lehrer. Aber in gewisser Weise war er genau das. Mein gut aussehender Lehrer. Jetzt reichts aber Silva?! Was ist nur heute mit mir los? Schluss jetzt, dachte ich wütend auf mich selbst.

"Ok. Du wunderst dich bestimmt, warum ich kein Rabe mehr bin. Tja das ist ganz einfach. Ich bin wie du ein Elb." Schon wieder dieses durchaus freche Grinsen. Als Rabe hat er mich nicht so abgelenkt. Naja ein Rabe kann auch nicht so gut und auch nicht so schön lächeln.

"Das hab ich ja vorhin schon festgestellt. Dass du ein Elb bist war mir klar. Aber das erklärt immer noch nicht, warum du jetzt ein Junge bist und vorher ein Rabe warst"

Ich war nach wie vor verwirrt und wartete gespannt auf seine Antwort.

"Ich bin ein Metamorph. Ich kann meine Gestalt beliebig verändern und mich auch in Tiere verwandeln. Das ist meine magische Fähigkeit. Jeder Elb hat aber eine andere Fähigkeit.".

Okee. Ich hatte alles erwartet, aber das war irgendwie. ... unglaublich. Aber auch unglaublich praktisch und mega cool.

"Du meinst du bist ein Gestaltwandler????!!! Wie cool ist das denn!!!! Du kannst dich in alles verwandeln???". Ich strahlte ihn an. Das würde ich zu gerne sehen. „Kannst du dich kurz verwandeln? Ich würde es gerne sehen."

„Ja okay. Aber nur kurz." Er schloss die Augen und konzentrierte sich offenbar. Dann zuckte sein Körper. Plötzlich leuchte er kurz und grell auf, sodass ich kurz nichts sah und geblendet war. Einen Moment später saß..oh mein Gott.. meine Mutter vor mir. In Rufus Kleidern! Ich stand auf und ging auf sie zu. Doch dann leuchtete das Licht wieder auf und einige Sekunden später saß Rufus wieder vor mir.

„Das war ja krass. Das sah so echt aus!" Ich war echt verblüfft.

"Ja, ich weiß. Aber eigentlich verwandle ich mich nur ungern in andere Menschen. Doch manchmal ist es ganz nützlich, um jemanden zu täuschen. Das hier ist meine wahre Gestalt." Er schaute auf seine goldene Uhr. "Sag mal Silva, wann geht der Unterricht eigentlich los?"

"Um..". Ich wurde vom Gong unterbrochen. "Scheiße jetzt. Oh nein wir schreiben doch gleich die Arbeit über die Geschichte Irlands. Ich habe nicht gelernt, weil du heute Nacht aufgetaucht bist." Mit diesen Worten sprangen wir beide auf und stürmten aus dem Raum. Wir rannten die leeren Gänge Richtung Geschichtsraum entlang.

"Keine Sorge. Ich kann dir helfen. Ich bin schließlich gewissermaßen auch ein Teil der Geschichte, da wir Elben auch einen Einfluss auf die Geschehnisse hatten und uns erst später in unsere Welt zurückgezogen haben.", rief er unterwegs.

Wie sollte er mir helfen? Spinnt er jetzt total. Ach egal. Ich hatte jetzt keine Zeit diese Aussage näher zu ergründen. Wir musste jetzt einfach schnell zum Geschichtsraum rennen. Und das taten wir ja auch.

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Auf dem Bild siehst du Rufus als Junge. Die Haare müsst ihr euch nur heller vorstellen. Sie sollten eigentlich blond sein.

SILVA ◀1▶ - Das FindelkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt