4. Kapitel (Überarbeitet)

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Ich betrachtete eingehend meine Mutter. Meine leibliche Mutter. Eine Elbenkönigin. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Sie war wunderschön, dachte ich mir. Meine Mutter Eleonore hatte braun, blonde Haare und blaue Augen mit einem silbernen Stich. Ich fand, dass ich ihr ähnlichsah. Meine silberblauen Augen hatte ich eindeutig von ihr. Da gab es keinen Zweifel. Sie trug einen silber-goldenen Kopfschmuck. Vermutlich ihre Krone. Eleonore strahlte schon auf dem Bild große Macht aus, aber sah auch sehr freundlich aus. Ich strich über ihr Bild. Wie gern würde ich meine Mutter jetzt sehen. Tränen kullerten, als ich mir eine Begegnung mit ihr vorstellte. Wie sie wohl sein würde? Würde sie mich akzeptieren? Was würde sie von mir halten?

"Deine Mutter ist sehr schön".

Damit riss mich Rufus aus meinen Gedanken. Ich schaute von meinem Platz auf und begegnete dem Blick des Raben.

"Ja das ist sie". Ich wischte mir verstohlen eine Träne weg und stand mit Schwung auf. Ich lief einige Minuten in meinem Zimmer auf und ab und platze dann heraus:

"Bitte erzähl mir mehr über sie. Sie ist zwar meine Mutter, aber ich weiß gar nichts über sie. Meine eigene Mutter ist mir völlig fremd."

Mit diesen Worten näherte ich mich meinem Bett und setzte mich auf die Kante. Wissensdurstig schaute ich Rufus an und wartete auf seine Antwort.

"Natürlich. Deine Mutter ist die netteste Elbin die ich kenne. Sie hat ein gutes Herz und immer ein offenes Ohr für ihre Untertanen. Eleonore tut alles, was in ihrer Macht steht, um ihr Volk zu beschützen und die Katastrophe abzuwenden. Das Volk liebt sie und sie liebt ihr Volk. Ich kenne keinen, abgesehen von den Vampiren, der sie nicht mag. Ich weiß das. Ich stehe ihr schließlich sehr nahe. Ich bin einer der Wenigen, der über dich Bescheid weiß und ich weiß, dass sie dich über alles liebt."

Diese Worte ließen mein Herz höherschlagen und meine Sehnsucht nach ihr wurde größer.

"Oh Rufus. Ich würde sie so gerne kennenlernen. " Sehnsüchtig schaute ich das Bild meiner Mutter an.

"Das wirst du Silva. Glaub mir." Rufus lächelte. "Alle werden dich lieben. Das weiß ich. Du bist ihr sehr ähnlich. Vor allem eure Augen. Ihr habt, dieselben silberblauen Augen."

Er blickte mir tief in die Augen und ich wich peinlich berührt seinem Blick aus.

"Meinst du? Ich habe solche Angst, dass ich versagen werde. Dass ich euch alle enttäusche. Ich fühle mich so als würde das ganze Gewicht der Welt auf mir lasten. Ich fühle mich alleine und hilflos."

Mir kamen jetzt die Tränen, denn die Angst zu versagen war so groß.

"Keine Angst Silva. Du bist nicht alleine und wir erwarten nicht, dass du uns jetzt sofort und im Alleingang rettest. Ich bin für dich da und werde dir so gut ich kann helfen. Ich werde dich trainieren. Und wenn du soweit bist, bist du keineswegs hilflos, sondern stark."

Wow. Jetzt ging es mir etwas besser. Seine Worte hatten mich beruhigt. Obwohl ich nicht wusste, wie mir ein Rabe kämpfen beibringen wollte und was auch immer ich als Elbin können musste. Naja er war ein Rabe und hatte nur zwei Flügel und keine Arme oder Beine. Aber das werde ich spätestens bei seiner ersten Lektion erfahren. Schließlich war er kein gewöhnlicher Rabe, sondern ein magischer Rabe.

"Danke, dass du für mich da bist Rufus. Ich hatte immer das Gefühl ein Außenseiter zu sein, obwohl ich viele Freunde habe. Aber jetzt fühle ich mich nicht mehr so. Jetzt weiß ich wer ich bin."
Ich lächelte.
Aber so war es wirklich. Ich hatte mich immer anders gefühlt und so war es ja auch. Und darauf war ich jetzt stolz. Ich war etwas Besonderes, so wie ich es mir immer gewünscht hatte.

"Ich würde alles für dich tun Silva. Mir kannst du vertrauen."
Rufus sah mich wieder an und unsere Blicke kreuzten sich.

"Silva, wo bleibst du denn?! Du bist spät dran. Schatz alles in Ordnung da oben?"

Wir beide zuckten zusammen, als meine Mom von unten rief. Ich sprang schnell auf und sag aus dem Fenster. Mist draußen wurde es schon langsam hell. Die Zeit war wie im Flug vergangen.

"Oh das ist meine Mom Charlotte. Heute ist ja Schule. Ich hab die Zeit total vergessen." Hektisch packte ich meine Schultasche und zog im Bad schnell eine Jeans und ein blaues T-Shirt an. Ich schaute schnell in den Spiegel. Dort blickte mich ein Mädchen mit silberblauen Augen und langen, lockigen, braunen Haaren an. Dieselben Augen hatte meine Mutter. Ich grinste.

"Silva. Kommst du?"

Ich lief schnell aus dem Badezimmer und schnappte meine Schultasche.

"Ja, Mom. Ich komme," rief ich nach unten. Zu Rufus sagte ich: "Rufus ich muss los. Du kannst hier gerne auf mich warten. Ich komme heute Nachmittag wieder."

Ich öffnete schon mal die Tür und wartete auf seine Antwort.

"Nein ich komme mit. Ich muss schließlich auf dich aufpassen. Ich werde dich im Auge behalten. Du wirst mich vermutlich nicht bemerken. Aber ich bin da."

Diese Antwort hatte ich nicht erwartet. Aber irgendwie war es ja logisch. Schließlich sollte er mich aufpassen. Wahrscheinlich würde er sich in den Bäumen verstecken und mir hinterherfliegen.

"Ok. Danke. Das beruhigt mich. Ach Rufus bevor ich gehe. Hab ich noch eine Frage. Was soll ich meinen Eltern sagen?"

"Vorerst nichts. Das ist erst mal das Beste. Sei einfach so wie immer. Dann wird alles gut."

"Ok. Ich lass mir nichts anmerken. Also ich muss dann mal".

"Klar. Und vergiss nicht. Ich bin bei dir".

Ich winkte Rufus zum Abschied noch zu und ging dann runter zu meinen Eltern. Naja zu den Menschen, die mich aufgezogen hatten. Aber ich bin ihnen nicht böse. Sie sind tolle Eltern und werden auch immer meine Eltern sein.

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Auf dem Bild siehst du Silvas' Mutter Eleonore.

SILVA ◀1▶ - Das FindelkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt