Das Krächzen des Raben riss mich aus meiner Ohnmacht. Ich schlug langsam die Augen auf und starrte einige Sekunden lang an die Decke. Mein Kopf dröhnte und mir kam es so vor, als würde er bald platzen. Ich wollte mich einfach nur ausruhen und den unheimlichen Brief, dessen Inhalt ich nicht verstand, vergessen.
Doch der Rabe lies mir keine Ruhe und krächzte weiter. Dann hielt ich den Atem an und sog scharf die Luft ein. Denn das war gar kein krächzen, der Rabe sprach. Das konnte doch nicht wahr sein!! Hatte ich mir vor Schock den Kopf gestoßen?! Ich setzte mich langsam auf und drehte mich zum Bett um. Da saß der Rabe und blickte auf mich hinunter. Jetzt war er ruhig. Dann hatte ich mir das doch eingebildet. Mit pochendem Kopf lehnte ich mich wieder an mein Bett und starrte den Brief auf dem Boden an. Vielleicht sollte ich doch nochmal schlafen. Langsam schloss ich wieder die Augen."Prinzessin aufwachen. So wachen Sie doch auf. Ich weiß, dass das ein Schock für euch war. Ich habe nur nicht bedacht, dass Ihr noch nie einen sprechenden Raben gesehen habt".
Entsetzt schaute ich wieder zu dem Raben auf und sprang auf meine Füße. Ich drückte mich gegen die Wand und hielt mir die Ohren zu. Nein, das konnte doch nicht wahr sein, dachte ich. Das bildete ich mir alles nur ein. Hatte er mich wirklich Prinzessin genannt. Ich schüttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Ich hatte mir den Kopf gestoßen. Das bildete ich mir nur ein. Und dieser Brief war bestimmt nur ein übler Streich.
Aber als ich die Hände sinken ließ und zum Raben blickte, sprach er tatsächlich. Es war real. Der Rabe saß auf meinem Bett und redete mit mir. Jetzt bekam ich es mit der Angst zu tun. Wurde ich jetzt vollkommen verrückt???"Prinzessin ist alles in Ordnung mit ihnen?? Sie sehen so blass aus. Ach, verzeiht wo sind denn meine guten Manieren geblieben. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Rufus oberster Bote und Beschützer der Königin Eleonore und bester Lehrer des ganzen Reichs. Ich soll euch zur Seite stehen, bis eure Zeit gekommen ist," erklärte Rufus der Rabe. Dazu verbeugte er sich, so gut es mit einem gebrochenen Flügel eben ging. Verblüfft starrte ich ihn an.
Ich hatte mich wieder im Griff und meinte: "Was redet ihr da. Ich bin keine Prinzessin. Ich bin Silva Green und bin 17 Jahre alt. Ich bin eine ganz normale Schülerin mit ganz normalen Eltern und ganz normalen Freunden. Und du bist nur ein kleiner Rabe. Ich weiß nicht warum ich einen Raben verstehen kann. Das ist bestimmt irgendein doofer Scherz oder deine Königin hat sich im Haus geirrt! Also macht das du fortkommst und lass mich in Ruhe, du blöder Rabe!!!"
Jetzt hatte ich mich in Rage geredet, aber wer mich genauer kannte, wusste dass ich verzweifelt war. Ich meine, welcher Mensch ist in einer solchen Situation nicht verzweifelt.
Ich drückte mich weiter an die Wand und bewegte mich langsam Richtung Tür. Das war mein einziger Fluchtweg.Der Rabe bemerkte das und unternahm einen letzten verzweifelten Versuch um vernünftig zu reden: "Aber Prinzessin lasst es mich doch erklären. Ich soll euch eure Bestimmung offenbaren und euch als Beschützer und Lehrer dienen. Setz euch doch zu mir. Ich will es euch erklären."
Ok, dachte ich mir und blieb stehen. Das ist alles nur ein blöder Traum. Eigentlich liege ich in meinem Bett und schlafe. Sobald ich die Augen öffne, ist dieser Blödsinn vorbei. Oder ich habe mir tatsächlich den Kopf gestoßen und habe eine Gehirnerschütterung. Oder vielleicht liege ich sogar im Koma. Das war alles wahrscheinlicher, als das was hier gerade geschah. Wenn das eh nicht real und ein Traum war, wieso sollte ich nicht einfach mitspielen? Vielleicht wachte ich dadurch bald auf. Langsam ließ ich mich zu Boden sinken und setzte mich im Schneidersitz auf den Boden. Trotzig verschränke ich die Arme und funkelte den Raben böse an. Ich würde zuhören ja, aber glauben würde ich es nicht. Als ich saß, seufzte der Rabe und fing an zu erzählen:
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SILVA ◀1▶ - Das Findelkind
FantasyDas Ehepaar Green findet eines Nachts ein kleines, schreiendes Baby auf ihrer Türschwelle und das kurz nachdem unerwarteten Tod ihres eigenen Kindes. Sie nehmen das kleine Mädchen mit den silberblauen Augen kurzerhand auf und geben sie als ihre Toc...