Prolog-Wie alles begann (Überarbeitet)

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In ihrem alten, gemütlichen Haus in einer etwas abgelegenen Gegend in Irland wohnte das Ehepaar Green. Charlotte und Ryan Green waren beide sehr jung und liebten ihr Irland, da es offene weite Täler, alte Schlösser und Burgen, viele Höhlen und andere aufregende und erholsame Plätze gab. Besonders im Frühling war es schön und erfrischend, weil es überall wohin das Auge reicht grün und die Meerluft wohltuend war.

Auch wegen den vielen Legenden über Irlands mystische Wesen, die sie aufs Wort glaubten, verehrten sie ihr Zuhause gerade zu. Sie fühlten sich rund um Wohl und genossen gemeinsam viele Abende zu zweit vor dem Kamin, vor dem sie sich aneinanderschmiegten und sich alte Legenden erzählten. Wie gerne wären sie ein Teil der Legende, dachten sie nach den Erzählungen. Dabei lauschten sie besonders gerne dem Regen, wenn er gegen das Fenster prasselte und träumten gerne vor sich hin. Auch ein großer Traum der beiden sollte bald in Erfüllung gehen, denn Charlotte bekam bald ein Baby. Sie konnten es kaum erwarten bis sie das Patschen von kleinen Füßen und das Lachen ihres Kindes im Haus hören würden. Ihrem Kind würden sie ebenfalls die vielen Legenden erzählen, sobald es alt genug war. Mit diesen schönen Gedanken schliefen die beiden jeden Tag ein.

Wochen später war die Stimmung der beiden auf dem Höhepunkt angelangt, denn Charlotte hatte ihre gemeinsame Tochter Lena zur Welt gebracht, die sie über alles liebten. Sie kümmerten sich liebevoll um ihre Tochter und hatten das Schlafzimmer der Kleinen ganz in rosa gehalten und die Wände mit Feen verziert. Sie waren unendlich glücklich.

Doch das Schicksal wollte es anders und die Kleine starb unerwartet in ihrem Kinderbett. Charlotte hatte ihrer kleinen Tochter gerade das abendliche Fläschchen geben wollen und betrat fröhlich summend das Zimmer der Kleinen. Sie beugte sich über das Bettchen und bemerkte, dass sie sich nicht mehr regte. Vor lauter Schreck ließ sie das Fläschchen fallen und nahm schluchzend ihre reglose und nicht mehr atmende Tochter auf den Arm. Charlotte fiel vor dem Bettchen auf die Knie, weinte und schrie ihr Leid in den Abend hinaus. Eins war ihr in diesem Moment schmerzlich klar geworden. Ihre Tochter war Tod. Lena war Tod! Die Kleine war keinen Monat alt geworden!

Charlotte und Ryan kamen fast um vor lauter Schmerz und waren einfach so außer sich, dass sie keiner Menschenseele etwas von Lena's Tod erzählten. Sie konnten es ja selbst nicht glauben! Zudem hatte kaum einer etwas von der Geburt erfahren, da sie das Kind ganz alleine in ihrem Haus zur Welt gebracht hatten. Das mochte vielleicht für Außenstehende komisch sein, doch Charlotte vertraute den Ärzten nicht und hatte regelrecht Angst vor ihnen. Nur ihrem Mann vertraute sie, der zwar auch ein Arzt war, aber keinerlei Panikattacken bei Charlotte auslöste. Jetzt da ihr Kind Tod war, gab sie sich selbst die Schuld für dieses Unglück. Wenn sie nur ins Krankenhaus oder wenigstens zur Nachuntersuchung gegangen wäre! Vielleicht wäre ihre kleine Lena noch am Leben!
In dieser Nacht war ihr Herz in tausend kleine Stücke zerbrochen und ihr Kummer wollte nicht enden. Zusammen versuchte das Ehepaar Green den Tod ihrer Tochter zu verkraften, doch das war nicht leicht.

Die beiden verbrachten die Nächte im Zimmer ihrer toten Tochter, der sie hinter dem Haus im Wald ein wunderschönes Grab mit vielen rosa Blumen geschaffen hatten. Ihr braucht euch nicht zu wundern, dass keiner von Lenas Tod erfuhr, denn es zu verheimlichen war auch nicht schwer. Die Greens wohnten außerhalb von Dublin, der Hauptstadt von Irland, auf dem Land. Und weit und breit waren keine anderen Häuser. Niemand hörte die Eltern nachts weinen oder sah sie tagsüber am rosa Grab.
Mit Lenas Tod waren ihre Träume von einer eigenen Familie zerstört, denn nach der schweren Geburt konnte Charlotte keine Kinder mehr bekommen. Somit änderte sich einiges, denn sie würden ja immer allein bleiben. Nie würden sie ihr Kind aufwachsen sehen. Nie würden sie die Chance haben Eltern und später Großeltern zu werden. Das dachten sie jeden Falls.
Doch manchmal geschahen doch Wunder und Gebete wurden erhört.

In einer stürmischen Herbstnacht keine drei Monate nach Lenas Tod, zog ein gewaltiger Sturm auf, bei dem es die Beiden mit der Angst zu tun bekamen. Der Sturm riss im naheliegenden Wald ganze Bäume aus. Geröll und Steine flogen durch die Luft. Hohe Wellen überfluteten ganze Teile der Insel und zogen alles mit sich ins Meer. Die Erde bebte und brachte die Lampen und Schränke im Haus der Greens zum Wackeln. Geschirr flog aus den Schränken und verwandelte den Fußboden in ein Meer aus Scherben. So einen Sturm hatte es in Irland noch nie gegeben. Er kam einem Orkan gleich, der alles zerstören wollte. Deshalb verriegelten die Greens das Haus so gut es ging und trugen alle Kerzen ins Wohnzimmer, da der Strom ausgefallen war. Plötzlich gab es einen grellen Blitz der keine paar Meter vom Haus entfernt in einem Baum einschlug. Mit einem heftigen Knall flog die Haustür aus den Angeln. Charlotte schrie entsetzt auf und beide verkrochen sich hinter die Couch. Noch nie in ihrem Leben hatten die beiden eine solche Angst gehabt und hofften nur dass sie diesen Sturm überleben würden. Plötzlich erklang ein beinahe vergessenes Geräusch durch die Nacht. Es war Babygeschrei. Die Greens sprangen sofort auf und liefen zur zerstörten Haustür, denn von da kam das Geschrei. Der Sturm war in diesem Moment vergessen. Sie mussten einfach nachsehen, ob sie ihre Sinne auch nicht trügen. Und tatsächlich. Da lag ein Baby auf ihrer Türschwelle. Fassungslos fielen beide auf die Knie. Charlotte hob das Kind in ihre Arme und betrachtete es. Es war ein Mädchen, das in goldenen Decken gehüllt und in ein Körbchen gelegt worden war. Nach wenigen Minuten waren die Greens und das Baby schon ganz durchnässt vom strömenden Regen. Ryan erwachte aus seiner Erstarrung und brachte das Baby und seine Frau ins Haus. Im Korb suchten sie nach einem Hinweis, auf den Verbleib der Mutter. Doch auf dem Brief im Körbchen stand nur wenig geschrieben.

Bitte sorgen Sie gut für meine Tochter Silva. Ich tat mich schwer damit sie herzugeben, doch bei mir war sie nicht mehr sicher. Seien Sie für sie da und kümmern Sie sich an meiner statt um Silva, bis ihre Zeit gekommen ist! Sie ist besonders und einzigartig und verdient Ihre Liebe.

Verwirrt und ratlos liessie den Brief sinken und betrachtete das nun schlafende Kind in ihrem Arm. Charlotteverstand diese Worte nicht.
Währenddessen schnapptesich Ryan eine Regenjacke und suchte draußen im Sturm nach der Mutter desKindes. Schließlich musste sie noch irgendwo dort draußen sein. DochRyan fand keine Spur von ihr. Die Mutter war spurlos verschwunden, als hätte sie sich in Luftaufgelöst.
Zurück blieb lediglich ein kleines Mädchen mitsilberblauen Augen und einer großen und bedeutenden Zukunft.
Doch trotz Brief,wussten die Greens nichts von dem Schicksal des Kindes. Sie nahmen das Mädchen namens Silva auf und zogen es alsihre Tochter auf. Das Auftauchen des Mädchens kam ihnen einem Geschenk des Himmels gleich. Deshalb erzählten sieniemandem die Wahrheit, verschwiegenjene ereignisreiche Nacht und den Tod vonLena. Schließlich wollten sie Silva behalten, denn noch eine Tochter zuverlieren könnten sie nicht mehr aushalten. Somit hinterfragten sie dieEreignisse jener Nacht auch nicht und stellten keine Fragen. Ja, sieverdrängten sie nahezu.     




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Auf dem Bild siehst du den Lieblingsplatz von Charlotte und Ryan Green.

SILVA ◀1▶ - Das FindelkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt