Dec, 3rd: Void

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Hoseok
03.12; 17:09Uhr

Ein Nephilim zu sein war nicht einfach, vor allem nicht in der Ecke der Nephilim, in der ich groß geworden war. Man erwartete Perfektion von uns. Die Hawks waren eine spezielle Gruppe der Nephilim, abgegrenzt von dem laschen Rest, der sich zur Aufgabe machte die Ränder zwischen gut und böse weichzuspülen, anstatt hart durchzugreifen. 

Wir griffen hart durch. Wir eliminierten die, die zur Gefahr für andere worden und das ohne Gnade. Ich war so erzogen worden das zu glauben. Ich war dazu erzogen worden, an diese Ideale zu glauben, ohne sie infrage zu stellen, doch irgendwie gelangte ich allmählich an einen Punkt, wo ich nicht mehr vorwärtskam. Zumindest nicht so, wie bisher. 

Ich fühlte mich leer. Mir war als würde ich tat für Tag weniger fühlen, es war er eine vage Empfindung und doch konnte ich sie nicht abschütteln. Was, wenn ich taub wurde? Was, wenn ich abrutschte? Ich wäre nicht der erste Nephilim bei den Hawks, dem das passierte. Es kam vor. Es war zwar traurig, aber es ließ sich nicht ändern. Gefühlskalte Nephilim waren gefährlich, deswegen wurden sich aus dem System entfernt. Ich wollte nicht so enden. Aber hatte ich eine Wahl? 

Task and Kill.
Jeden Tag. 

Es fand sich immer jemand, der durchdrehte und wahllos seine Mitmenschen aus dem Leben riss. Töteten wir sie, dann retteten wir alle, die sie noch auf dem Gewissen gehabt hätten. Die Logik war simpel. Sie sollte meine Bedenken zerstreuen und meine Taten rechtfertigen und doch fühle ich mich, als würde in mir etwas zerbrechen. Etwas, dass das ich brauchte, um noch ganz andere Seiten von mir sorgsam zu verstecken. Eine Art Bestie, die nur darauf wartete, dass ihr mittlerweile brüchiges Gefängnis zusammenbrach wie ein Kartenhaus. 

Jetzt hatte ich diesen Auftrag mit Jeongguk an der Backe und ich fand mich in der neuen Situation wieder, dass ich es irgendwie nicht mehr schaffte mit der gewohnten Neutralität an die Sache ranzugehen und damit meinte ich nicht, dass ich übermäßig Bedenken verspürte den Mörder aus dem Weg zu räumen, sondern ganz im Gegenteil: 

Ich wollte Jeongguk tot sehen. Unbedingt. Das war erschreckend viel Motivation. 

Ich wurde davon aus den Gedanken gerissen, dass sich jemand neben mir, auf dem Sofa niederließ. Ein kurzer Blick zur Seite bestätigte mir, dass es sich dabei um Namjoon handelte. Er und Yoongi, der nicht allzu weit von uns sich in einen Sessel warf, waren wohl so was wie meine Mentoren. In ihren Augen war ich noch ein Teen, denn ich hatte noch nicht mal die 50 voll, irgendwie behandelten sie mich auch manchmal so. Aber wer wurde nicht gerne ab und zu von zwei erwachsenen Nephilim bemuttert? 

Namjoon reichte mir einen Cup Ramen und musterte mich kurz. "Was ist los, Hobi?", wollte er wissen. "Du wirkst abwesend", meinte er vorsichtig. Ich nahm ihm die Ramen ab und seufzte. Sie machten sich also Sorgen. Es sollte mich nicht überraschen. Die beiden würden alles mitbekommen, was sich an mir änderte. Das war mehr oder weniger ihr Job, als ältere Hawks über mir, doch ich war mir auch sicher, dass ich für die beiden mehr als nur ein Job war. Also war es nicht nur so, dass ich gar nicht erst versuchten brauchte zu lügen, ich konnte es mir auch noch erlauben frei zu sprechen und das war unter Hawks eine Menge wert. Man konnte hier nur den wenigsten trauen. 

"Ich...", unsicher rang ich nach Worten. Ich seufzte wieder und fuhr mir mit einer Hand durch die Haare. In der anderen hatte ich die Packung mit den Nudeln und da ich sie nur mit einer Hand hielt, hatte ich nicht gerade die Möglichkeit die Ramen vorsichtig festzuhalten. Sollten sie sich nicht viel heißer anfühlen? Ich wartete auf den Schmerz, aber er schien nicht zu kommen. Ich ließ meine Hand sinken und wechselte schnell die Art wie ich den Cup hielt, doch mir entging nicht, dass Yoongi das Ganze ganz und gar nicht entgangen war, doch er sagte nichts. Er musste im Grunde auch nichts sagen. "Habt ihr je an dem gezweifelt, was wir hier tun?", wollte ich schließlich wissen. 

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